Verbot in den USATikTok will gegen Trump-Erlass klagen

TikTok will sich vor Gericht gegen Trumps Präsidentenerlass wehren, berichtet ein US-Radiosender. Gleichzeitig laufen Verhandlungen mit Microsoft und Twitter zu einer Übernahme, die das US-Geschäft der App retten soll.

Hand hält Telefon mit TikTok offen
Kann Trump die App einfach per Erlass aus dem Land drängen?

TikTok plant Donald Trumps Präsidentenerlass gegen die Video-Sharing-App vor Gericht anzufechten. Das berichtet NPR (National Public Radio) unter Berufung auf eine Person, die unmittelbar in die Klage involviert sein soll. Die Klage soll demnach im US-Bundesbezirksgericht für das Südliche Kalifornien eingereicht werden, wo TikTok seinen Hauptsitz in den USA hat.

Trump und Mitglieder seiner Regierung drohen bereits seit Wochen mit einem Verbot der immens beliebten App in den USA. Sie begründen dies mit Gefahren für die nationale Sicherheit, da TikToks Mutterkonzern ByteDance als chinesisches Unternehmen der dortigen Gesetzgebung unterworfen ist. Es war lange unklar, wie das Verbot rechtlich ausgestaltet werden soll. In der Nacht auf Freitag veröffentlichte Trump dann überraschend einen Präsidentenerlass, der es Personen und Organisationen in den USA verbieten würde, Geschäfte mit ByteDance zu machen.

Kein Verbot, aber Verunmöglichung

Genau genommen ist das kein Verbot. Nutzer:innen könnten die App weiter aufrufen, wenn sie bereits installiert ist. Faktisch würde es jedoch bedeuten, dass TikTok in den USA nicht mehr operieren könnte. Sollten Gerichte den Erlass nicht noch aufheben, tritt er 45 Tage nach Kundgebung in Kraft. Damit müssten zum 15. September alle Personen und Unternehmen in den USA ihre Verträge mit ByteDance oder seinen Sub-Unternehmen kündigen, vom Vermieter bis zum Stromversorger. Die mehr als 1.000 US-Mitarbeiter:innen könnten ihre Gehälter nicht mehr bekommen, selbst Anwält:innen dürften das Unternehmen nicht mehr vertreten – laut TikTok ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren.

Auch Apple und Google müssten die Apps vermutlich aus ihren Stores nehmen. Nutzer:innen in den USA, die die App bereits auf ihren Geräten installiert haben, könnten dann keine Updates mehr erhalten. Früher oder später wäre die App damit unbenutzbar. Bei Verstößen gegen die Auflagen drohen bis zu 300.000 Dollar Strafe.

TikTok will laut NPR vor Gericht argumentieren, dass dieser massive Eingriff verfassungswidrig sei, weil TikTok im Vorfeld keine Gelegenheit bekam, auf die Vorwürfe zu reagieren. Normalerweise würden in solchen Fällen die Unternehmen vorab informiert und um Stellungnahme gebeten. Das sei in diesem Fall nicht passiert, sagten Personen aus der Rechtsabteilung von TikTok gegenüber NPR.

Auch soll die Begründung, TikTok sei eine Gefahr für die „nationale Sicherheit“, unfundiert sein. „Das basiert auf reiner Spekulation und Mutmaßung“, sagte die Quelle laut NPR. Das Weiße Haus wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

In seiner Reaktion auf den Erlass schrieb TikTok: „Der Text des Erlasses macht klar, dass man sich auf ungenannte ‚Berichte‘ beruft, die nicht zitiert werden, Befürchtungen dass die App für Desinformationskampagnen missbraucht werden ‚könnte‘ (…) und auf die Sammlung von Daten, die Industriestandard für Tausende von mobilen Apps weltweit ist.“

Bürgerrechtler halten Verbot für anfechtbar

Auch die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation ordnet ein Verbot der App als verfassungswidrig ein. In einem bereits vergangene Woche veröffentlichten Überblick über mögliche Hebel verweisen die Autor:innen darauf, dass ein Verbot nach dem International Emergency Economic Powers Act (IEEPA), auf das Trump sich nun beruft, sehr wahrscheinlich vor Gericht angreifbar wäre.

Denn im Gesetz steht auch, der Präsident habe keine Autorität, „persönliche Kommunikation direkt oder indirekt zu regulieren oder zu verbieten“, sofern dabei keine wertvollen Informationen fließen. Die Expert:innen argumentieren, der Schlüssel liege im Wort „indirekt“, denn darunter fallen auch Eingriffe, die nicht direkt die Nachrichten der Nutzer:innen betreffen, sondern die Plattform selbst. Soll heißen: Der Präsident dürfte den Zugang von US-Bürger:innen zu Sozialen Medien aus anderen Ländern nicht verbieten – auch nicht indirekt, wie Trump es nun versucht.

Verhandlungen mit Microsoft und Twitter

Trumps Erlass erhöht weiter den Druck auf ByteDance, eine Einigung mit Microsoft zu finden. Die Unternehmen führen bereits seit Wochen Gespräche über eine Übernahme des US-Geschäftes. Laut Microsoft sollen dabei nicht nur die USA, sondern auch Kanada, Australien und Neuseeland an das US-Unternehmen gehen. Laut Wall Street Journal hat auch Twitter Interesse an TikToks US-Geschäft geäußert, Verhandlungen sollen laufen. Die Chancen werden allerdings im Vergleich zum Riesenkonzern Microsoft als vergleichsweise gering eingeschätzt, Twitter müsste sich für eine Übernahme erst zusätzliches Kapital leihen. Es ist unklar, wie viel das US-Geschäft von TikTok genau Wert ist, Schätzungen gehen aber von einer zweistelligen Milliardensumme aus.

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