Offener BriefGoogle soll sein Netzwerk offenlegen

Google lobbyiert in Brüssel und Berlin mit Hilfe eines Dickichts an Thinktanks und Verbänden. Der Konzern soll eine Liste aller Organisationen veröffentlichen, die er finanziert, fordert LobbyControl.

Google-Chef Sundar Pichai trifft EU-Politiker auch virtuell, hier etwa Parlamentspräsident David Sassoli – Alle Rechte vorbehalten European Union 2020 – Source : EP

Der Google-Mutterkonzern Alphabet ist eines der wertvollsten börsennotierten Unternehmen auf der Welt. Der Konzern muss sich allerdings immer öfter mit Rufen nach politischem Einschreiten gegen seine Marktmacht herumschlagen. Um eine Störung seiner Geschäfte zu verhindern, beschäftigt Google nicht nur eine Heerschar an eigenen Lobbyisten, er ist auch in zahlreichen Branchenverbänden aktiv und finanziert Denkfabriken und akademische Forschung. Wo der Konzern überall mit drinsteckt, ist längst schwer nachvollziehbar geworden.

Google hat in den USA einen Schritt in Richtung Transparenz gesetzt: Dort veröffentlicht der Konzern alle zwei Jahre eine Liste der Organisationen, die er finanziell unterstützt. Auf der Liste finden sich Wirtschaftsverbände wie die US-Handelskammer und Werbeindustrieverbände, aber auch NGOs und politische Organisationen. In letzterer Gruppe finden sich Vorkämpfer für digitale Rechte wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) und Access Now ebenso wie Thinktanks und Gruppen verschiedener politischer Richtungen, von der Clinton Foundation bis zur rechten Steuergegner-Lobbygruppe Americans for Tax Reform.

Offener Brief an den Konzernchef

Eine ähnliche Liste soll der Konzern für Deutschland und für ganz Europa vorlegen, fordert nun der Verein LobbyControl. Die Transparenzaktivisten übergeben dem Unternehmen heute einen offenen Brief an Konzernchef Sundar Pichai. Darin heißt es, in Deutschland und Europa stünden zentrale Entscheidungen über die Regulierung der Digitalwirtschaft bevor.

„Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht zu erfahren, wer in welcher Weise auf diese politischen Entscheidungen Einfluss zu nehmen versucht“, schreibt LobbyControl. Eine gleichlautende Online-Petition hat bereits rund 20.000 Unterzeichner:innen.

Tatsächlich lässt sich das Engagement des Konzerns in Europa bislang bloß erahnen. Im Transparenzregister der Europäische Union gibt Google Jahresausgaben von rund acht Millionen Euro für Lobbying an und listet seine Mitgliedschaft in 17 Organisationen auf, dies betrifft aber lediglich Lobbying bei den EU-Institutionen.

Diese Lobbymillionen Googles in Brüssel dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein, denn Google finanziert eine Vielzahl von Organisationen in europäischen Ländern – von einem Journalismusinstitut an der Universität Oxford bis hin zum Branchenverband Bitkom in Deutschland. Der Betrag wuchs in der Coronapandemie, der Konzern verspricht insgesamt eine Milliarde Dollar an Non-Profit-Organisationen für den Kampf gegen den Virus. Das Engagement ist wenig überschaubar.

Google selbst betont, der Konzern habe „klare Richtlinien zum Schutz der Unabhängigkeit der von uns gesponserten Personen und Organisationen, einschließlich einer Verpflichtung zur Offenlegung der Finanzierung“, wie ein Sprecher an netzpolitik.org schrieb.

Update 22. Juni 2020: Nach Veröffentlichung dieses Artikels publizierte LobbyControl ein Schreiben von Google, indem der Konzern eine Reihe von in Deutschland unterstützten Organisationen offenlegt. Der Verein bezeichnet die Information allerdings in einer Stellungnahme als „unzureichend“, da sich auf der Liste nur Vereine und Verbände befänden, in denen der Konzern Mitglied sei, nicht aber Zahlungen an Denkfabriken und andere Organisationen offengelegt würden, wie Google das in den USA tue.

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