Wir beginnen mit dem Transparenzbericht von November. Mit Einnahmen von 47.096€ war das im Vergleich zum Vorjahr ein guter November, wenngleich wir trotzdem etwas mehr ausgegeben haben als eingenommen. Unser Spendenziel für das ganze Jahr 2019 lag bei 550.000 Euro. Aufgrund einer juristischen Bedrohung samt Maulkorb durch ein Unternehmen der Überwachungsindustrie mussten wir es auf 600.000 Euro anheben.
Nach Stand von gestern fehlen uns noch 26.560 Euro um dieses Ziel zu erreichen. Hier gibt es alle Möglichkeiten zum Spenden. Mit 600.000 wären wir dieses Jahr ausfinanziert. Alles darüber hinaus können wir dann nutzen, um im nächsten Jahr noch besser arbeiten zu können.
Gummiparagrafen und Geheimdienstexpansion
Der Staat möchte gerne an die Passwörter seiner Bürger:innen – auch in der gehashten Version. Ein Gesetzentwurf des Justizministeriums sieht vor, dass Telemedienanbieter künftig bei bestimmten Straftatbeständen „sämtliche unternehmensinternen Datenquellen“ der Nutzer:innen herausgeben müssen. Begründet wird der Entwurf mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus und Hass im Netz, Kritker:innen bemängeln jedoch die ungenauen Formulierungen und befürchten, dass damit Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Als Telemediendienst gilt alles vom sozialen Netzwerk bis zur Plattform für Kochrezepte.
Eine Novellierung des Passgesetzes soll verhindern, dass Passbilder bearbeitet werden. Dazu möchte das Bundesinnenministerium Terminals in Behörden aufstellen und Bürger:innen dazu verpflichten, diese für ein Ausweisfoto zu benutzen. Auslöser für diesen Schritt könnte auch eine Aktion des Peng!-Kollektives sein, das gezeigt hatte, wie man mit realistischen Bildzusammenführungen die Behörden täuschen kann.
Die Bereichsausnahme für Cum-Ex-Beratungen vom Informationsfreiheitsgesetz bleibt, dies wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD bestätigt. Die Ausnahme gestattet dem Bundesfinanzministerium weniger Auskunft über interne Vorgänge zu geben. Die Opposition kritisierte das Vorgehen.
Das BKA und der Verfassungsschutz bekommen jeweils 300 neue Stellen um stärker gegen Rechtsextremismus vorzugehen. Neben der Meldepflicht von Straftaten in sozialen Netzwerken, setzen Verfassungsschutz und BKA auf Methoden, die bislang gegen Islamisten angewandt wurden. Unter anderem soll eine automatisierte Gefährder-Erkennung genutzt werden. Immerhin hat das Innenministerium erkannt, dass sich die Einzelfälle von rechtsextremen Umtrieben in Behörden selbst so häufen, dass es Handlungsbedarf gibt.
Algorithmen und die Forschung
Die TU München hat seit diesem Jahr ein neues Ethik-Institut, dass mit 7,5 Millionen Dollar von Facebook gefördert wird. Wir haben das Originaldokument veröffentlicht, in dem Facebook die Bedingungen der Förderung erläutert. Darin zeigt sich, dass der Geldsegen sehr wohl an Erwartungen und Auflagen gekoppelt ist, auch wenn die TU dies stets bestritten hat.
Das AI Now Institute der New York University warnt in seinem jährlichen Bericht dieses Jahr vor den sozialen Folgen von künstlicher Intelligenz für die Gesellschaft. Es appelliert an Firmen und Regierungen mehr zu regulieren, denn momentan beobachten die Forscher:innen, dass die Technologie den Gesetzgebenden davonrast.
New York geht auch mit gutem Beispiel voran und schafft einen Algorithmen-Beauftragten, der laut dem Bürgermeister Bill de Blasio die Einwohner seiner Stadt vor Diskriminierung schützen soll. Ein guter erster Schritt, der jedoch nur der Anfang einer Entwicklung sein kann, schreibt Maximilian Heimstädt in einem Gastkommentar.
Probleme und Grundverordnungen beim Datenschutz
Der Berliner Polizei ist Datenschutz offenbar nicht ganz so wichtig. Die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk hat in dieser Woche gleich mehrere schwere Mängel im Zusammenhang mit der zentralen Datenbank der Polizei beanstandet. Die Vorwürfe: Seit 2013 seien keine Daten mehr aus der Datenbank gelöscht worden und es werde nur unzureichend protokolliert, wenn Beamte auf Daten von Bürger:innen zugreifen. Die Berliner Polizei hat nun bis Ende Januar Zeit, auf die Beanstandung zu reagieren.
Die Heinrich-Böll-Stiftung hat den Datenschutz bei Amazon, Netflix und Spotify untersucht. Die Studie zeigt, dass die Unternehmen längst nicht alle Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zufriedenstellend umsetzen. Schon die Datenschutzbestimmungen seien unverständlich und unspezifisch. Außerdem böten die Dienste keine ausreichenden Informationen über die Datenverarbeitung und würden zu viele Optionen standardmäßig aktivieren. Die Studie empfiehlt bessere Aufsicht und Regulierung.
Auch die deutschen Datenschutzbehörden haben sich mit der DSGVO befasst. In einem Erfahrungsbericht haben sie Empfehlungen für eine Überarbeitung der Richtlinie vorgelegt. So sollten vor allem die Regeln zur Profilbildung und zu Privacy by Design nachgebessert werden. Auch Entlastungen für kleine und mittelständische Unternehmen regen die Datenschutzbehörden an, richten sich aber gegen die geforderte Ausnahme für Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitenden.
Die Klage des österreichischen Juristen Max Schrems gegen das Privacy Shield schreitet voran. Der EU-Generalanwalt hat seinen Schlussantrag präsentiert und meldet Zweifel an der Basis des Datentransfers zwischen Europa und den USA an. Zudem forderte er die irische Datenschutzbehörde zum Handeln auf. Ein Urteil in dem Fall ist im nächsten halben Jahr zu erwarten. Die klare Positionierung des Generalanwalts ist schon mal ein positives Zeichen.
Transparenz, Open Design und Overblocking
Hamburg gilt als Vorzeigebundesland wenn es um Transparenzgesetze geht. Das dortige Transparenzgesetz, dass 2011 von einer Initiative eingebracht wurde, wurde nun allerdings eingeschränkt. Unter anderem werden anonym gestellte Anfragen verboten und die Daten der Antragssteller:innen können weitergegeben werden. Das kann ist insbesondere Journalist:innen gefährlich. Die rot-grüne Landesregierung hat das Gesetz am Mittwoch angenommen.
Am vergangenen Wochenende waren mehrere Accounts von kleineren Polizeibehörden auf Twitter gesperrt. Mindestens elf der 46 Twitter-Accounts der Polizei in Nordrhein-Westfalen waren betroffen. Der Fall reiht sich ein in eine Vielzahl an fälschlicherweise gesperrten Accounts bei dem Kurznachrichtendienst. Spannende Entdeckung in der Sache: Die 46 Polizei-Accounts werden von einer zentralen Redaktion in Düsseldorf bedient.
In unserer Montagsserie ging es diese Woche um offene Lizenzen beim Thema Design. Unter „Open Design“ werden Bestrebungen zusammengefasst, die Designentwürfe und Gestaltungsprozesse transparent, zugänglich und offen für die Weiterverwendung gestalten. Damit soll Demokratisierung vorangetrieben und Partizipation am kulturellen Leben ermöglicht werden. Zu beachten beim Open Design sind unter anderem Creative Commons-Lizenzen und eine gute Dokumentation.
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern schöne und erholsame Festtage ohne neue Dystopien – und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Ich stehe nicht mehr hinter diesem Staat.
Seit 30 Jahren wähle ich Links, und wider meiner Hoffnung hat sich in diesen letzten 30 Jahren niemals eine andere Regierung als CDSU-SPD-GRÜNE-FDP gefunden.
All meine Hoffnungen, dass es irgendwie doch noch besser werden muss, dass irgendwann ein Einsehen sein wird, dass man nicht krampfhaft gegen den Bürger arbeiten kann sind erstickt.
Ich wandere aus.