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Bald sind alle digital versorgt
Eines der Top-Themen in der vergangenen Woche war das Digitale-Versorgung-Gesetz. Darin wird unter anderem ein Forschungszentrum für Gesundheitsdaten geschaffen und Ärzten die Möglichkeit gegeben, Patient:innen Apps zu verschreiben. In einem Überblick haben wir die wichtigsten Maßnahmen des Gesetzes zusammengefasst.
Die Kritik am Gesetz ist vielfältig. Für netzpolitik.org hat sich Markus Reuter das Gesetz angesehen und 7 Gründe herausgearbeitet, warum das Gesetz gefährlich für Patient:innen ist. Er kritisiert unter anderem eine soziale Schieflage in künftiger Forschung, da Forschungsdaten nur von gesetzlich Versicherten gesammelt werden.
Das Digitale-Versorgung-Gesetz wurde am gestrigen Donnerstag vom Bundestag verabschiedet. In der Debatte verteidigte CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn das Gesetz gegen Kritik der Opposition. Linke und Grüne stimmten gegen das Gesetz, FDP und AfD haben sich enthalten. Das Gesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats, deshalb gibt es wohl nur noch den Klageweg, um dagegen vorzugehen.
Die Reaktionen auf das Gesetz sind gemischt. Industrieverbände sehen das Gesetz eher positiv während Datenschützer:innen mindestens eine Widerspruchsmöglichkeit der Versicherten gegen die Überführung ihrer Daten in die geplante Forschungsdatenbank fordern.
Deutsche Wohnen wird enteignet bestraft
Die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen SE hat es wirklich nicht leicht. Erst ist sie Namensgeberin der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, dann kommen immer neue Berichte über ihren Umgang mit Mieter:innen an’s Licht und jetzt kassiert sie auch noch die bisher höchste Strafe wegen Datenschutzverstößen in Deutschland: 14,5 Millionen Euro wegen umfangreicher Speicherung von persönlichen Daten der Mieter:innen. Die Gesellschaft will gegen die Strafe der Berliner Datenschutzbeauftragten nun gerichtlich vorgehen.
Vermutlich keine Strafe wird die Berliner Verkehrsverwaltung kassieren. Die hat diese Woche Kennzeichenscanner benutzt, um herauszufinden, was für Autos durch Berlin fahren. Dies dient unter anderem zur Vorbereitung auf die lokalen Dieselfahrverbote. Es gehe nicht darum, Strafen zu verhängen oder Daten mit Bezug zu den Fahrern zu sammeln. Daher würden die Kennzeichen auch sofort gelöscht, so die Verwaltung.
Die Abmahnindustrie ist europaweit unterwegs. Eine zypriotische Briefkastenfirma überzieht europäische Internetprovider mit Klagen. Diese sollen Daten von Nutzer:innen herausgeben, die Pornos über das BitTorrent-Protokoll heruntergeladen haben. Ein belgischer Provider wehrt sich gegen dieses Vorgehen und der Fall liegt jetzt beim Europäischen Gerichtshof. Die Klage könnte sich auch auf Deutschland auswirken.
Mit der neuen e-Evidence-Verordnung der EU sollen Ermittlungsbehörden leichter länderübergreifend auf elektronische Beweismittel zugreifen können. Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat einen Bericht zur geplanten Verordnung veröffentlicht, in dem er eine Instanz zur Prüfung von Anordnungen fordert und eine bessere Wahrung der Grundrechte anmahnt.
Nazis, Verfassungsschützer und die Demokratie
8chan ist zurück. Seit Samstag ist das Imageboard unter dem neuen Namen 8kun wieder erreichbar. Das meistgenutzte Unterforum „Politically Incorrect“, in dem dieses Jahr drei rechtsextremistische Terroranschläge angekündigt wurden, ist zwar gelöscht, aber Rassismus gibt es auch bei 8kun. Daniel Laufer berichtet über die Schwierigkeiten beim Hosting des Boards und Pläne zur Dezentralisierung.
Keine Treffer zu 4chan, 8chan oder 8kun gibt es auf verfassungsschutzberichte.de. Dort hat der Programmierer Johannes Filter alle der bisher 320 veröffentlichten Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern zusammengetragen und durchsuchbar gemacht. Anhand der quantitativen Auswertung lässt sich unter anderem sehr gut veranschaulichen, wie der Geheimdienst lieber und detaillierter nach links als nach rechts schaut.
Bundeswirtschafsminister Peter Altmaier hat sich für eine Reform des politischen Systems ausgesprochen. Unter anderem will er den Bundestag verkleinern und die Wahlperiode auf fünf Jahre verlängern. Die Vorschläge seien kraftlos, unglaubwürdig und alles andere als ein Zugewinn für die Demokratie, kommentiert Markus Reuter.
(Un)Freiheit bei der Internetnutzung
Der Dachverband der europäischen Telekom-Regulierer (BEREC) beschäftigt sich mit den EU-Regeln zur Netzneutralität. Bis Ende November nimmt der Dachverband Vorschläge zur ÜBerarbeitung der Leitlinien an. BEREC selbst hat bereits einen Entwurf vorgelegt, in dem die Regulierer die Netzneutralität beim 5G-Mobilfunkstandard schützen wollen und Anpassungen beim Zero Rating vornehmen.
Freedom House hat seinen Freedom on the Net Report für dieses Jahr vorgestellt. Insgesamt sei die Internetfreiheit im neunten Jahr in Folge gesunken. Unregulierte Soziale Medien und zunehmende Massenüberwachung – nicht nur in autoritären Staaten, sondern auch in Demokratien – werden dabei besonders hervorgehoben. Auch Deutschland ist unter den 65 beurteilten Ländern des Berichts und steht vergleichsweise gut da.
Überwacht werden in den USA mittlerweile auch Schüler:innen. Die Firma Gaggle bietet eine Überwachung von Texteingaben in Office und Social Media-Postings an. Dank dieser Daten will die Firma im vergangenen Schuljahr mehr als 700 Schüler:innen vom Suizid abgehalten haben. Die Jugendlichen können sich der Überwachung allerdings nur schwer entziehen, auch nach Ende der Schulzeit.
Und sonst so?
Den 50. Beitrag der Serie „Neues aus dem Fernsehrat“ nutzt Leonhard Dobusch um die bisherigen Beiträge Revue passieren zu lassen. Die meisten Beiträge hat er mit jeweils elf zu den Themen freie Lizenzen und Transparenz und Demokratisierung geschrieben. Außerdem zieht er ein Zwischenfazit und findet, „dass sich in jedem Bereich durchaus einiges in die richtige Richtung bewegt“.
In unserem Off The Record-Podcast am Samstag haben wir noch einmal das Abschlussgutachten der Dathenethikkommission besprochen. Außerdem ging es um den Anschlag in Halle und die im Folgenden laut gewordenen Forderungen nach mehr Überwachung und dem Knacken von Messengern.
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