Am 4. Juni 1989 ließ die Kommunistische Partei Chinas friedliche Demonstrant*innen vom Militär erschießen. Dreißig Jahre später ist das selbe Regime an der Macht und verhindert Gedenken an die Opfer des Tiananmen-Massakers im eigenen Land.
Auf Twitter ist das Reden über das Tiananmen-Massaker möglich. Doch ausgerechnet wenige Tage vor dem dreißigsten Jahrestag wurden Hunderte chinesische Accounts kurzzeitig gesperrt, die sich zur chinesischen Politik geäußert hatten.
Twitter-Algorithmus sperrte
Die Sperrung ließ Nutzer*innen fragen, ob die chinesische Regierung hier Einfluss auf ein US-Unternehmen ausgeübt hat. Twitter wies dies zurück. Es sollen Algorithmen angeschlagen haben, die eigentlich Spam oder „nicht authentisches Verhalten“ entfernen sollen. Dabei wurden irrtümlicherweise auch Accounts gesperrt, die sich über China unterhielten. Druck seitens der chinesischen Behörden sei nicht ausgeübt worden:
These accounts were not mass reported by the Chinese authorities — this was a routine action on our part.
Das deckt sich mit der Nachricht, die Betroffenen nach ihrer Entsperrung erhielten. Darin stand:
We have automated systems that find and remove spam accounts, and yours was flagged by our systems as spam by mistake. Reports regarding your account submitted by other users did not play a role in these actions.
Die Gründerin der regierungskritischen Nachrichtenseite ChinaChange.org, Yaxue Cao, hält die Erklärung für unzureichend. Laut Eigendarstellung entferne Twitter Bots der Kommunistischen Partei Chinas („CCP“ auf Englisch). Warum dabei eintausend Anti-CCP-Accounts gesperrt wurden, ergebe keinen Sinn:
ein Nutzer in Deutschland war betroffen. Gegenüber netzpolitik.org sagt er, dass er einen Tag vor der Sperrung zwei Nachrichten erhielt, die ihn zur Änderung seines Passwortes aufforderten. Dass hier jemand versucht hat, auf den Account zuzugreifen, liegt nahe, lässt sich damit aber nicht beweisen.
Chinesische Staatsmedien twittern Jubelmeldungen
Chinesische Staatsmedien nutzen Twitter derweil für ihre eigenen Zwecke. Mit Kanälen wie „Peoples Daily“, „Financial Daily“, „Xinhua“, „Peoples Daily“ und „China Daily“ soll der internationalen Berichterstattung eine eigene Erzählung entgegen gestellt werden. Diese Accounts waren nicht von der Sperrung betroffen. Die englischsprachige „Global Times“ etwa bezeichnete das Tiananmen-Massaker als Impfung und als „richtigen Weg“
Ein „non-date“ in China
Der 4. Juni 1989 markierte das tödliche Ende von wochenlangen, friedlichen Protesten auf dem Tiananmen in Peking. Ursprünglich begannen diese als Trauerfeier für den verstorbenen Hu Yaobang, einem liberalen Mitglied der Führungsriege der Kommunistischen Partei, wuchsen jedoch zu einer Bewegung für Demokratisierung an. Diese wurde letztlich blutig niedergeschlagen. Seitdem versucht die chinesische Regierung, die Erinnerung daran zu unterdrücken und behandelt den Tag als „non-date“.
Innerhalb Chinas wird die Zensur in diesen Tagen verschärft. In der populären Messenger-App WeChat sind Änderungen im Namen und Status nicht mehr möglich. Auch der Link zu dem oben genannten Artikel der „Global Times“ kann offenbar nicht auf WeChat geteilt werden. Wie die meisten ausländischen Dienste ist Twitter für chinesische Bürger*innen generell gesperrt und deshalb nur per VPN möglich.
Dennoch gibt es eine chinesischsprachige Twitter-Community. Daniela Stockmann, Professorin an der Hertie School of Governance schätzt circa 3,2 Millionen chinesische Twitter-Nutzer*innen, hinzu kommt die chinesischsprachige Diaspora. Auch in den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau sowie Taiwan gibt es Erinnerungsveranstaltungen und Proteste, hier ist der Einfluss der chinesischen Regierung bislang weniger durchgreifend.
Yahoo und Refinitiv bereits zensiert
Mit dem riesigen chinesischen Markt liebäugeln seit der schrittweisen Öffnung des Landes in den 1970ern viele europäische und US-Unternehmen. Dies sorgt regelmäßig für Schlagzeilen – etwa dann, wenn Google heimlich an einer zensierten, für den chinesischen Markt gedachten Variante seiner Suchmaschine arbeitet. Zwar wurde das Projekt „DragonFly“ nach heftigen Protesten mittlerweile eingestellt, allerdings dürfte es nicht der letzte Versuch bleiben, in China Fuß zu fassen.
Andere US-Firmen unterwerfen sich bereits seit Jahren der Zensur und bekommen dafür kaum noch negative Berichterstattung, beispielsweise Yahoo. In einem aktuellen Fall hat Refinitiv, ein Anbieter für Finanzmarktnachrichten und Tochterfirma von Reuters, Artikel über das Tiananmen-Massaker von seiner Plattform „Eikon“ genommen, nachdem er von einer chinesischen Zensurbehörde dazu aufgefordert wurde. Die Artikel waren jedoch nicht nur in China gesperrt. Reuters berichtet:
Refinitiv’s intention was to block the distribution of the stories only in China, two people familiar with the matter said. However, many users outside of China said they could not see the stories. It was not clear why.
Apple wiederum entfernt immer wieder die für den Zugriff auf das offene Internet notwendigen VPN-Apps aus seinem App Store und speichert zudem die privaten iCloud-Schlüssel innerhalb des Landes.
Die Kontrolle ausweiten
Anders als auf chinesischen Plattformen ist Gedenken an die Opfer vom Tiananmen auf Twitter möglich. Dass dennoch Hunderte Accounts im Vorfeld des dreißigsten Jahrestags gesperrt wurden, sollte Sorge bereiten. Denn die chinesische Regierung verbietet und verfolgt bereits heute die Nutzung von Twitter im Inland. Aus ihrem Wunsch auch die Berichterstattung im Ausland zu kontrollieren, macht sie dabei keinen Hehl.
Dann halt Twitter und Yahoo europaweit blockieren, wegen compliance violation.
Also auch deren gesamte Werbenetzwerke und Javascript und so, auch wenn eingebunden.
Anders lernen die nicht.
Deswegen ist es wichtig das wir mehr Darknet, TOR, I2P Server betreiben um Menschen die in Diktaturen leben müssen eine zensurfreie Kommunikation zu ermöglichen. Gerade das betreiben eines non-exit relays ist relativ risikofrei möglich, z.B. auch Basis eines Raspberry PI auch am heimischen DSL Anschluss.