Volksbegehren für mehr Videoüberwachung: Berliner Senat lässt Zulässigkeit prüfen

1000 Kameras an bis zu 50 Orten in Berlin will das „Aktionsbündnis für mehr Videoaufklärung und Datenschutz“ über ein Volksbegehren durchsetzen. Der Berliner Senat stuft das Vorhaben als unzulässig ein und gibt den Fall an den Verfassungsgerichtshof weiter.

(Symbolbild Berlin) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Luca Bracco

Rechtlich unzulässig, politisch verfehlt, unverhältnismäßig, irreführend – mit diesen Worten nahm der Berliner Senat gestern zum Gesetzesentwurf des „Aktionsbündnis für mehr Videoaufklärung und Datenschutz“ Stellung. Das Bündnis strebt ein Volksbegehren zu seinem Gesetzesentwurf für mehr Videoüberwachung an. Dazu hat es bereits mehr als 20.000 gültige Unterschriften gesammelt. Doch das Vorhaben liegt nun erst einmal auf Eis: Nach einem Beschluss des rot-rot-grünen Senats soll der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin endgültig über die Zulässigkeit des beantragten Volksbegehrens entscheiden.

Anders als der Name verspricht, sieht das von der Iniative erarbeitete „Artikel-Gesetz für mehr Sicherheit und Datenschutz in Berlin“ [pdf] erhebliche Einbußen im Bereich Datenschutz vor, wobei nicht klar ist, ob die Maßnahmen wirklich zu mehr Sicherheit führen würden. Höchstumstritten sind Passagen, die neben den Videoauzeichnungen auch die Aufnahme von Tonmaterial vorsehen. Alles soll einen Monat lang gespeichert werden.

Generell sind die Formulierungen im Gesetzesentwurf sehr vage: Letztendlich bleibt undeutlich, an welchen Orten das Gesetz den Einsatz von Video- und Tonüberwachung erlauben würde und welche Auswertungsmethoden die Polizei für das gesammelte Material nutzen dürfte. Dass dies dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit widerspricht und Eingriffe in Grundrechte bedeutet, hat auch der Senat erkannt. Die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk hatte bereits im Frühjahr eine ausführliche Stellungnahme und eine Liste mit zehn Gründen gegen das Volksbegehren veröffentlicht.

Gegenbündnis für Freiheitsrechte

Das Thema Videoüberwachung ist in Berlin nicht neu und der Gesetzesentwurf schon länger höchst umstritten. Zuletzt hat sich sogar die „Berliner Allianz für Freiheitsrechte“ (BAfF) gegründet, um gegen die Videoüberwachung an öffentlichen Orten vorzugehen. Sie begrüßte die Entscheidung des Senats: „Die BAfF ist, wie der Senat, überzeugt, dass der Entwurf gegen Grundrechte und den Datenschutz verstößt“, schreibt die Allianz in einer Pressemitteilung.

„Die objektive Sicherheit in Berlin ist gut. Nach der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik sank letztes Jahr sogar die Zahl der Straftaten“, sagt Alexander Spies vom Landesvorstand der Humanistischen Union Berlin-Brandenburg, die an der BAfF beteiligt ist. Beim subjektiven Sicherheitsgefühl sei es dagegen anders. Hier könne mit baulichen Maßnahmen, Beleuchtung, gut ausgebildetem und höflichem Sicherheitspersonal, mit Sozialarbeitern, funktionierenden Nachbarschaften und einem Dialog mit allen Betroffenen viel getan werden. „Es wird hier nicht die eine Antwort geben“, sagt Spies, in jedem Kiez werde es anders aussehen. „Aber in keinem Kiez wird durch das Aufstellen von Kameras die Sicherheit gesteigert.“

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3 Ergänzungen

  1. Hurra, lieber Staat überwache mich, bitte! Ich habe doch nichts zu verbergen, denn ich habe auch nichts zu sagen und zu meinen- schon gar nicht in der Öffentlichkeit.

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