Die Europäische Kommission will die Speicherung von Fingerabdrücken und nicht näher definierten „weiteren biometrischen Daten“ in allen Personalausweisen verpflichtend machen. Das berichtet die Tageszeitung Die Welt. Mit der Maßnahme solle es Kriminellen und Terroristen erschwert werden, Ausweisdokumente zu fälschen, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der Zeitung. Er wolle gegen Terroristen die „Schrauben anziehen“, gibt Avramopoulos zu Protokoll. Worin die Logik einer Abschreckung von Verbrechern bestehen soll, wenn Millionen Europäer zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke gezwungen werden, bleibt offen.
Biometrie-Charade gegen Ausweisfälscher?
Avramopoulos stellt die oft gebrachte, aber unbewiesene Behauptung in den Raum, dass Biometriedaten in Ausweisen nicht nur bei der Verbrechensbekämpfung, sondern auch gegen Ausweisfälschungen helfen würden. Beides ist ausgesprochen fragwürdig, da zum einen in den meisten europäischen Ländern die Herstellungsqualität der Ausweisdokumente ausgesprochen hoch ist und entsprechend hochwertige Fälschungssicherungen die Anzahl der Fälschungen auf ein niedriges Niveau gebracht haben. Dass die Aufnahme von Fingerabdrücken hier ein bestehendes Problem löst, ist eine unbelegte Behauptung. In der Regel sind die wenigen wirklich gut gemachten Fälschungen europäischer Ausweispapiere durch Bestechung von Behördenmitarbeitern entstanden.
Was die Fälschungen angeht, hatte die Bundesregierung schon vor zehn Jahren die ausgesprochen geringen Zahlen bei Betrugsversuchen (pdf) eingeräumt – also vor der Einführung der Biometrie. Seitdem sollten sie gesunken sein, wenn man der Logik von Avramopoulos glaubt. Damals gab die Bundesregierung bei rund sechzig Millionen Ausweisdokumenten im Umlauf eine Anzahl von nur 216 Fälschungsfällen in sieben Jahren zu Protokoll, 88 davon waren Totalfälschungen.
Da die biometrischen Daten auf einem Chip im Ausweis gespeichert werden, ist es darüberhinaus ein Leichtes, durch Unbrauchbarmachung des Chips die gespeicherten Daten unzugänglich zu machen. Die ganze teure Biometrie-Charade ist nämlich damit dahin.
Zum anderen bleibt die Frage, worin der Vorteil bei der Verbrechensbekämpfung liegen soll, denn bereits heute sind ja biometrische Daten in den Ausweisen gespeichert: das Gesichtsbild ohne Lächeln. Dass diese Biometriedaten hilfreich bei der Verbrechensbekämpfung sind, ist nach all den Jahren, die sie in Ausweisdokumente und Pässe aufgenommen sind, nicht belegt. Und wir reden hier über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt, denn in Deutschland begann die Einführung der verpflichtenden Biometrie in Pässen ab 2005, in der auf Fingerabdrücke erweiterten Form ab 2007.
Welche weiteren biometrischen Merkmale gespeichert werden sollen, ist bisher nicht bekannt. Klar ist nur, dass jeder Mensch eine große Anzahl solcher biometrischen Merkmale an seinem Körper kleben hat. Dazu gehören beispielsweise auch die genetischen Daten, typischerweise verwendet werden aber heute neben Gesicht und Fingerabdruck zumeist Iriden, Handabdrücke oder Sprache. Hunderte weitere Merkmale wären aber theoretisch denkbar.
Bisher Fingerabdruckabgabe freiwillig
Bisher ist die Speicherung von Fingerabdrücken im Personalausweis in Deutschland freiwillig, nur im biometrischen Pass ist sie verpflichtend. Stimmt der Ausweisträger zu, werden aber auch in seiner Ausweiskarte zwei Fingerabdrücke gespeichert. Reisepässe werden bereits seit 2007 nur noch mit gespeicherten Fingerabdrücken ausgegeben.
Die EU-Kommission wird laut Welt ihre Vorschläge für die Neuregelung zur erkennungsdienstlichen Behandlung aller 500 Millionen EU-Bürger am Dienstag der Öffentlichkeit vorstellen. Anschließend müssen die 28 EU-Mitgliedsstaaten dem Vorhaben aber noch zustimmen.
In Deutschland hatte der Deutsche Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen, die biometrischen Daten aller Pass- und Ausweisbesitzer in einem automatisierten Zugriffsverfahren allen Polizeien und Geheimdiensten zugreifbar zu machen – sogar ohne Protokollierung dieser Zugriffe bei den Meldebehörden. Zusammen mit der zusätzlich bereits angedrohten flächendeckenden biometrischen Videoüberwachung ergibt sich ein enormer weiterer Ausbau der technisierten Überwachung.
“ ein Leichtes, durch Unbrauchbarmachung des Chips die gespeicherten Daten unzugänglich zu machen.“
Eine exakt reproduzierbare Anleitung dazu wäre hilfreich.
Hilfreich wie jeder Hinweis, wie sich die Überwachungsbomben der EU-Kommissions-Terroristen unschädlich machen lassen.
Also ich koche auf einem Induktionskochfeld. Schmeckt in diesem Fall irgendwie gleich noch besser. :-)
Die Speicherung der biometrischen Informationen auf dem Ausweis ist doch nur ein Vorwand diese Informationen („Öl des 21. Jahrhunderts“) verpflichtend erheben zu können. Dieser Schatz wird dann regelmäßig zwischen den befreundeten Geheim- und Sicherheitsdiensten getauscht. Wenn Interesse aus der Wirtschaft signalisiert werden, wird pseudo-anonymisiert und der Schatz monetarisiert.
Ich habe gelesen, dass ein Prüfimpuls eines Induktionskochfeldes stark genug ist einen RFID Chip unbrauchbar zu machen.
Das haben wir auch schon gehört. :}
https://netzpolitik.org/2017/video-reisepaesse-ohne-biometrie-leicht-gemacht/
Liebe Constanze,
was soll das denn noch bringen? Die Daten sind erfasst und ich glaub nicht, dass es viel bringt, wenn ich mit dem Kochfeld ins Meldeamt gehe.
Seit wann dürfen denn die erhobenen biometrischen Daten dauerhaft gespeichert werden?
Nicht dass ich nicht erwarten würde, dass jemand über kurz oder lang jemand dieser Idee verfällt.
Wenn das Vorhaben gelingt, Fingerabdrücke aller Europäer als positives Identifikationsmerkmal zu verfestigen, dann erwarte ich interessante Missbrauchberichte.
Klar ist im vorherein aber schon, dass die Feststellung dieses Merkmals im Sinn der ein-eindeutigen Zuweisung einer Personenidentifikation sich als fehleranfällig und nicht ausreichend erweisen muss. Und eine zusätzliche Erhebung und Speicherung biometrischer Daten „zwingend“ wird. Das würde dann wann aufhören?
Wenn alle in der europäischen Zone Angst genug haben und endlich zu den hörigen Untertanen geworden sind, die man sich da anscheinend vorstellt?
Zur Terrorbekämpfung taugt das doch ohnehin in keinem Moment. Allein aus dem Grund, dass niemand einen gefälschten Ausweis benötigt um Anschläge zu begehen. Und die, die das beruflich machen, die bekommen die Ausweise ohnehin grau-offiziell ausgestellt.
Das ist nichts als die Fortschreibung der Entdemokratisierung.
„Allein aus dem Grund, dass niemand einen gefälschten Ausweis benötigt um Anschläge zu begehen.“
Nana, ordentliche Terroristen pflegen ihre Papiere am Tatort so zu deponieren, daß sie selbst Höllenfeuer überstehen und zwischen pulverisiertem Stahl auffindbar sind.
Es bringt was, wenn Dritte den Ausweis oder Pass auslesen wollen. Nicht nur wegen der biometrischen Daten auf dem Chip und der sonstigen Inhalte darauf, sondern auch, weil nicht jeder möchte, dass der Mensch, der neben einem in der U-Bahn sitzt, weiß, dass man einen deutschen Ausweis oder Pass in der Tasche hast. (Der Ausweis und Pass bleibt übrigens auch dann gültig, wenn der Chip funktionsunfähig ist.)
Stimmt, sonst hält man mich immer für eine Asiatin mit europäischem Aussehen und erstaunlich guten deutschen Sprachkenntnissen. ;-)
Schoki-Pass in Alufolie, yummie :-D
Und was ist mit Schlüsselkarten aus Plastik?
@also wirklich
Doch, doch, die „Terroristen“ neigen seit geraumer Zeit dazu ihre Ausweispapiere am Tatort zu „verlieren“. Das war sowohl bei den Zwillingstürmen so, als auch in Paris. Kann ihnen auch egal sein, weil sie zum Fundzeitpunkt bereits tot sind. Besonders schön waren die Zwillingstürme. Der Stahl schmolz, aber das Feuerchen konnte den Papieren eines Attentäters nichts anhaben. Ist ja nicht neu, dass wir von vielen Qualitätsmedien nach Strich und Faden veralbert vwerden.
Wenn so ein Chip kaputt geht, muss man aber darauf achten, dass das keine mutwillige Zerstörung war. Das wird vielleicht ein Fabrikationsfehler gewesen sein. Die Geschäftsidee Metallhüllen für diverse Funkchips in Karten zu verwenden gab es auch schon. Da funkt nix, solange die Dinger nicht rausgeholt werden.
ein hoffentlich nicht zu dumme frage, aber aus neugier: warum „charade“?
Dabei gibt es doch in den meisten Ländern weder eine funktionierendes Meldewesen, noch einen Personalausweis der mit dem in Deutschland vergleichbar ist. Zumal man sowieso keinen Ausweis braucht wenn man einen Reisepass besitzt – und letzterer ist tatsächlich zum Reisen notwendig.
Bleibt mal ruhig, das war doch noch lange nicht alles, was im Programm steht. Man will seine Untertanen halt genau im Blick haben, und das schon seit längerer Zeit. Diese Planungen, wer ein wenig eingelesen ist, u.a. bezgl. der biometrischen Datenerfassung – die ein wenig an die gute alte Eugenik-Bewegung erinnern lässt, sind auch schon alt – nur konnte man es bisher noch nicht „direkt“ umsetzen, mit ein wenig „Nachdruck“ wird das sicherlich aber fruchten – Angst und Schrecken, sind hier die Werkzeuge der Überzeugungskunst. Man sollte nicht die bösartigen, ja fast teuflischen Fähigkeiten von Sadisten und solchen, die ebenfalls auf ten enden unterschätzen – auch wenn sich diese gestörten Häupter offen gerne in den Deckmantel der „Humanität“ hüllen mögen!
Das Problem: Unsere Behörden haben die modernsten Mittel all unsere Daten zu bekommen (und auch modernste Pässe und Ausweise) und noch mehr mit Facebook – Identitäten, Passwörter.
Das sind dann auch all die Daten, die jetzt schon in Russland, China, Saudi-Arabien und mehr sind – verkauft, getauscht, gehackt. Länder mit Daten von Bürgern, an die „unsere“ Behörden im Gegenzug nicht herankommen.
Ich habe das Gefühl, das eigentlich nur die „Bürger“ aus dem Westen ihre reale Identität mit ihrer virtuellen in eine „allumfassende“ Identität gegossen haben wollen, mit Klarnamen, unverschlüsselter Kommunikation und ohne Bankengeheimnis.
Hab‘ auch schon mal überlegt, mir spaßhalber eine 2. Idendität zuzulegen, also einen 2. Perso. Aber die Dinger sind nun mal nicht leicht zu fälschen. Amtliche „Fälschungen“ sind natürlich immer noch die besten, weil es keine Fälschungen sind. Bestechung ist aber teuer. Manche lassen sich ja von einem Amtmann für Nada (oder so) Kopien beglaubigen. Da ist Einfallsreichtum gefragt. Aber eigentlich wüßte ich mit dem gefälschten Doku gar nichts anzufangen.
Gut, dass ich gerade erst einen neuen Ausweis und Pass habe. Dann kann ich dem Wahnsinn wohl doch noch etwas länger entkommen, wenn es denn tatsächlich so wird.
Wenn mal so ganz versehentlich der Chip im Ausweis kaputt geht.. Entstehen mir dadurch eigentlich irgendwelche Probleme oder Nachteile? Vor allem beim Grenzübertritt? Ich denke mal, dass das innerhalb von Deutschland zumindest nicht relevant sein sollte, oder?
Joshua
Also noch schnell den neuen Ausweis anfordern!
Solange die Abgabe der biometrischen Identitätsmerkelmale noch dem freien Willen des Besitzers unterliegen.
Ansonsten, „Bezahlen Sie doch mit Ihrem guten Namen!“ naja, Fingerabdruck und wie gut der gefälscht werden kann, hat der Chaos Computer Club ja schon belegt!
Viel wichtiger ist für unsere Politiker, das Jeder Bürger in „der“ Datenbank landet ( https://de.wikipedia.org/wiki/Automatisiertes_Fingerabdruckidentifizierungssystem ), warum?
Nun, als V-Mann des Verfassungsschutz, muss auch ich mich vor erkennungsdienstlichen Maßnahmen schützen und wie kann ich meinen Führungsoffizier (und mich) besser schützen, als mit verifizierten Fingerabdrücken einer Person einer „Fraktion“, der dieses Delikt angerechnet werden soll?
Zwei Fliegen mit einer Klappe, die Polizei verhaftet einen mutmaßlichen Täter und die Staatsanwaltschaft hat auch gleich Beweise in der Hand, um den quasi Täter zu überführen.
Bis der Pitbull „Staatsanwaltschaft“ sein Opfer wieder los lassen muss, bin ich schon weg, meine evtl. vorhandenen Hinterlassenschaften (genetisches Material, Nobody is perfect) von Reinigungskräften weggewischt, die Spur, die zu meinem Führungsoffizier und mir selbst führen könnte, Kalt!
Ihr Murat
https://www.wsws.org/de/articles/2017/10/03/amri-o03.html