Noch im Frühjahr 2019 soll Berlin ein neues Polizeigesetz bekommen, so will es der Senat. Der Entwurf wird derzeit verhandelt, am Donnerstag trafen sich Innenpolitiker von SPD, Grünen und Linken bereits mit Innensenator Andreas Geisel (SPD) und seinem Staatssekretär Torsten Akmann (SPD), um die Inhalte innerhalb der Koalition abzustimmen. Die taz hatte zuvor bereits berichtet. Bei dem Arbeitstreffen wurden Grundsatzfragen wie das Abhören von Telefonen zur Gefahrenabwehr, der gezielte tödliche Einsatz von Schusswaffen durch die Polizei und der Ausbau von Videoüberwachung verhandelt. Was in der Hauptstadt beschlossen wird, könnte maßgeblich die Richtung beeinflussen, in die sich das Langzeitprojekt eines bundesweiten Musterpolizeigesetzes entwickelt.
Das Projekt „Musterpolizeigesetz“ wurde in der Vergangenheit wiederholt von der Bundesregierung angegangen. Ziel ist es, die Befugnisse der Polizeien in den Bundesländern abzustimmen und zu harmonisieren. Im Sommer 2017 beschloss die Innenministerkonferenz die Einrichtung einer entsprechenden Arbeitsgruppe. Seither steht die Frage im Raum: Woran soll sich ein solches Musterpolizeigesetz orientieren?
Derzeit driften die Befugnisse der Polizeien in den verschiedenen Ecken der Bundesrepublik zunehmend auseinander. In den vergangenen Monaten verschärften gleich mehrere Bundesländer ihre Polizeigesetze. Und spätestens, seitdem die bayerische Regierung unter Führung von Markus Söder (CSU) in einem „gesetzgeberischen Exzess“ im Mai ein Polizeigesetz durch den Landtag jagte, das von Sachverständigen als das härteste Polizeigesetz Deutschlands bezeichnet wird, ist man so weit von einem bundesweiten Standard entfernt wie nie.
Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) hat in der Vergangenheit durchblicken lassen, dass er gern das bayerische Polizeigesetz als bundesweites Vorbild sähe. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hingegen zeigt sich in seinem Gutachten „zum möglichen Inhalt eines bundesweiten Musterpolizeigesetzes“ kritisch zur Frage, ob „verschiedene Regelungen des bayerischen Gesetzgebers auch in ein bundesweites Musterpolizeigesetz Eingang finden könnten“.
Ein Musterpolizeigesetz nach Berliner Vorbild?
Nun ist Berlin an der Reihe und könnte als erstes Bundesland ein modernes Polizeigesetz schaffen, das nicht erst vor ein Verfassungsgericht muss, sondern wahrlich Vorbildfunktion hat. Derzeit fehlt ein solcher liberaler Gegenentwurf. Denn die Protestbündnisse, die sich überall dort formten, wo Polizeigesetze verschärft wurden, einen sich vor allem durch ihre Ablehnung der vorgesehenen Verschärfungen. Das neue Berliner Polizeigesetz könnte für viele als positiver Bezugspunkt zu der von Sicherheits-Hardlinern dominierten Debatte um Polizeigesetzgebung fungieren.
Bereits im Koalitionsvertrag von 2016 hatte man sich in der rot-rot-grünen Landesregierung auf gemeinsame Grundsätze geeinigt: Datensparsamkeit und Transparenz sowie ein entschlossenes Vorgehen gegen institutionellen Rassismus sollten Kernpunkte des Polizeirechts werden. Konkret wurde im Koalitionsvertrag die Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeauftragten, die Streichung eines Paragrafen zur Personenkontrolle bei vermeintlichen Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht und Benachrichtigung bei Funkzellenabfragen festgehalten.
Bei dem Treffen der Innenpolitiker am Donnerstag herrschte in diesen Punkten Einigkeit, viel will man ohnehin nicht verändern am Berliner Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG). Aus Teilnehmerkreisen heißt es, dass der sogenannte Unterbindungsgewahrsam („Präventivhaft“) von derzeit vier Tagen auf zwei Tage herabgesenkt werden und der Einsatz von V-Leuten zukünftig unter Richter*innenvorbehalt stehen soll. Zudem soll es einen zweijährigen Testlauf für den Einsatz von Bodycams bei Polizei und Feuerwehr geben.
Nur die Sozialdemokraten zögern
Doch bei dem Arbeitstreffen hat die SPD-Fraktion auch neue Wünsche vorgebracht, die von Grünen und Linken abgelehnt werden: etwa die Durchsetzung von Aufenthaltsanweisungen mittels elektronischer Fußfessel und der gezielt tödliche Einsatz von Schusswaffen, auch „finaler Rettungsschuss“ genannt.
Ebenfalls noch ungeklärt ist das Abhören von Telefonen bei Personen, die lediglich im Verdacht stehen, eine Straftat zu begehen. Die Überwachung wäre dann auf der Grundlage einer Prognose von Polizist*innen möglich, dass eine „dringende Gefahr“ besteht. Bisher darf die Kommunikation erst abgehört werden, wenn bereits ein Strafverfahren gegen die Person eröffnet wurde. Auch die im Koalitionsvertrag genannte grundlegende Überarbeitung der personenbezogenen Polizeidatenbanken ist noch nicht abschließend geklärt. Hier soll es demnächst Gespräche mit der Innenverwaltung des Landes zur Umsetzbarkeit im föderalen System geben.
Eine „rechtsstaatliche Alternative“ zu Bayern
In der Stoßrichtung ist man sich jedoch einig: Das Berliner Polizeigesetz soll eine „rot-rot-grüne Handschrift tragen“ und einen „Gegenentwurf zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz bieten“, sagt Martin Pallgen, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Inneres, gegenüber netzpolitik.org. Auch Benedikt Lux, der rechtspolitische Sprecher der Grünen in Berlin, erklärt gegenüber netzpolitik.org: Berlin wolle als „rechtsstaatliche Alternative“ zu Bayern und Nordrhein-Westfalen auftreten und zeigen, dass eine rot-rot-grüne Regierung „anders kann“.
Der Gesetzentwurf soll noch vor dem Jahresende öffentlich bekanntgemacht werden und zur Debatte in das Plenum gehen. Martin Pallgen von der Senatsverwaltung kündigte an, das Gesetz im Idealfall noch vor der Sommerpause 2019 zu verabschieden. Der Berliner Senat hat nun also die Chance, ein überarbeitetes Polizeigesetz vorzulegen, das auch in der bundespolitischen Debatte um ein „Musterpolizeigesetz“ einen liberalen Gegenentwurf zu dem grassierenden Trend der Versicherheitlichung mittels Überwachung und technischer Maßnahmen bietet.
Das härteste Polizeigesetz Deutschlands – ein Abschiedsgeschenk der CSU.
Nur an wen?
Verschwörungstheorien welcome in 3..2..1..
Dieselben Politiker , die uns die ausufernde Kriminalität gebracht haben, sollen jetzt ein neues Polizeigesetz machen? Es ist nur noch zum heulen, bei soviel Mist den uns Politiker bieten. Der Michel ist so dumm und wählt noch immer wieder diejenigen die ihm das Leben hier unerträglich machen. Er muss durch Schmerz lernen.
hallo,
liebe marie,
ich beneide alle, die so euphorisch optimistisch denken.
Und wie war es damals mit den absichten bei ha(r)tz4,
und was hat man daraus gemacht- ein pilotprojekt, wie der andere teil der bevölkerung später entmündigt werden kann.
Bitte bedenkt auch die strukturelle diskrimminierung der GKV-kassen-patienten mit der elektronischen verfolgungs-und ident-karte(perfiderweise gesundheitskarte genannt)gegenüber privatversicherten und heilfürsorge.
Fragt doch nach bei Dr.Si.Lüder.
Was war wirklich?:Veruntreuung der beitragsmittel der patienten zugunsten von überwachungsindustrie-projekten
und krankenkassen-beamtentum.