Reporter ohne Grenzen kritisiert Verbot von linker Plattform

Die Kritik am Verbot von linksunten.indymedia.org reißt nicht ab. Reporter ohne Grenzen wirft der Bundesregierung vor, dass sie mit dem Verbot durch die Hintertüre des Vereinsrechts eine rechtliche Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit umgehe. Die Plattform sei trotz allem ein journalistisches Online-Portal.

Screenshot aus dem Jahr 2016.

Die international tätige Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen bezeichnet das Verbot von linksunten.indymedia.org als „rechtsstaatlich fragwürdige Entwicklung“. Christian Mihr, der Geschäftsführer des Verbandes, sagt: „Aufrufe zu Gewalt sind inakzeptabel – sie müssen gelöscht und ihre Urheber bestraft werden. Aber Pressefreiheit gilt auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen. Um gegen strafbare Inhalte auf linksunten.indymedia vorzugehen, hätte es weniger einschneidende Mittel gegeben.“

In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Dass die Bundesregierung ein trotz allem journalistisches Online-Portal durch die Hintertür des Vereinsrechts komplett verbietet und damit eine rechtliche Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit umgeht, ist rechtsstaatlich äußerst fragwürdig.“ Der Schritt sei ein international bedenkliches Signal und liefere repressiven Regimen in aller Welt einen Vorwand, es den deutschen Behörden gleichzutun.

Reporter ohne Grenzen sind nicht die einzigen, die sich gegen das Verbot stellen. In den vergangenen Tagen hatten Jugendorganisationen und Politiker von Linken und Grünen sowie zahlreiche linke Gruppen das Vorgehen des Innenministeriums kritisiert.

„Ein trotz allem journalistisches Online-Portal“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte am Freitag überraschend den Ableger des internationalen Indymedia-Netzwerkes verboten. Die Begründung: Linksextremisten nutzten die Plattform zur Verbreitung von Beiträgen mit strafbaren und verfassungsfeindlichen Inhalten. Auf der Plattform würde öffentlich zur Begehung von Gewaltstraftaten gegen Polizeibeamte und politische Gegner sowie zu Sabotageaktionen gegen staatliche und private Infrastruktureinrichtungen aufgerufen.

Indymedia ist eine Plattform, auf der jeder Beiträge veröffentlichen kann. Das Medien-Netzwerk wurde 1999 gegründet und war Vorreiter in Sachen alternativer Berichterstattung. Der erst 2009 entstandene Ableger linksunten.indymedia war nicht nur Plattform für Demonstrationsaufrufe und Bekennerschreiben und selten auch für menschenverachtende Postings, in denen Gewalt gegen Menschen verherrlicht wurde, sondern ein wichtiges Informationsportal für Teile der linken Szene.

Fundierte Recherchen gegen Rechts

Neben Demoberichten und Terminen fanden sich auf der Plattform auch zahlreiche fundierte Recherchen über die rechtsradikale Szene, beispielsweise über das Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds, aber auch über militante Rechtsextremisten, die im Nachgang der Berichterstattung auf Linksunten unter anderem wegen des Fundes von Rohrbomben verhaftet wurden. Medial hatten auch Veröffentlichungen wie die der Chat-Protokolle der AfD in Sachsen-Anhalt für Furore gesorgt.

Im Zuge der Kommunikation rund um das Verbot erweckten das Bundesinnenministerium und das Stuttgarter Landeskriminalamt den Eindruck, bei den mutmaßlichen Betreibern seien Waffen gefunden worden. Zahlreiche Medien übernahmen diese Version ungeprüft.

Später stellte sich heraus, dass die meisten oder alle Gegenstände in einem linken Kulturzentrum beschlagnahmt wurden, das im Rahmen des Verbots auch durchsucht wurde. Eine Klärung der widersprüchlichen Angaben gestaltet sich jedoch schwierig: Weder das Bundesinnenministerium noch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg geben Auskunft darüber, welche Gegenstände wo beschlagnahmt wurden. Unklar ist auch, ob die Gegenstände überhaupt illegal sind.

3 Ergänzungen

  1. Naja, ganz so radikal konnte diese Webseite ja wohl nicht gewesen sein. Immerhin wurde da ja nichtmal jemand wegen Landesverrates angeklagt.

  2. Letztlich ist das Internet offensichtlich auch für den Bundesterrormenister #neuland, denn einen Namen / einen Verein kann man verbieten, aber weder Motivation noch Ideen. Große Teile der linken Szene sind ziemlich sauer, was unterm Strich ins Auge des Verursachers gehen könnte.

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