Am 24. September ist Bundestagswahl. Was sind die netzpolitischen Forderungen der Parteien? Wir haben die Wahlprogramme analysiert und präsentieren in einer Artikelserie, wer was verspricht – und welche Themen unter den Tisch fallen. Im 8. Teil dieser Serie geht es um „Urheberrecht“.
CDU: Zwischen den Zeilen mehr Durchsetzung
Im Wahlprogramm der CDU/CSU taucht das Wort „Urheberrecht“ kein einziges Mal auf. Trotzdem gibt es im Teil „Kultur und Medien“ etwas zum Thema zu finden, allerdings ist das, wie fast alles, sehr schwammig formuliert. Man möchte die „Lebens- und Arbeitsbedingungen für künstlerisches Schaffen“ stärken, „denn Kreative müssen auch im digitalen Zeitalter von ihrer geistigen Leistung leben können“.
Das Filmschaffen solle in Deutschland noch weiter gestärkt werden, denn Filme seien wertvoll als Wirtschaftsprodukt und als Kulturgut. Das gelte auch für Computerspiele. Mit anderen Worten: Man hat sich sogar die üblichen Floskeln wie „Ausgleich zwischen Verwertern, Urhebern und Verbrauchern“ gespart und verspricht einfach mehr Schutz und meint damit auch mehr Durchsetzung von Urheberrechten. Damit bleibt die Union ihrer Linie treu.
SPD: „Vergütung, keine Verbote“
Die SPD hat ein eigenes Kapitel zu „Urheberrecht im Zeitalter der Digitalisierung“. Dort findet sich die überraschende Erkenntnis, dass „[f]ast alles, was wir im Internet tun“ mit urheberrechtlichen Handlungen verbunden sei. Die Sozialdemokraten fordern „Vergütung, keine Verbote“ und wollen damit „das Prinzip der pauschalen Vergütung“ auf diejenigen ausweiten, „die mit der Vermarktung von kreativen Leistungen im Internet Geld verdienen – beispielsweise Online-Plattformen“. Damit ist verklausuliert nicht nur das Leistungsschutzrecht für Presseverlage gemeint, das auch Spitzenkandidat Martin Schulz immer wieder verspricht – sicher auch in der Hoffnung auf eine bessere Berichterstattung.
Man will „die berechtigten Interessen der Nutzerinnen und Nutzer verstärkt berücksichtigen“, denn die werden durch selbst produzierte Inhalte ebenfalls zu Urhebern. Möglicherweise sind hier leichte Annäherungen an ein Recht auf Remix erkennbar. Aber vor allem verspricht die SPD: „Der Anspruch der Urheberinnen und Urheber und der Verlegerinnen und Verleger auf eine angemessene Vergütung muss stärker berücksichtigt werden.“ Sympathisch ist die Forderung, dass „Digitale Kulturgüter“, soweit es EU-Recht zulässt, „auf dieselbe Mehrwertsteuerstufe gestellt werden [sollen] wie analoge Kulturgüter“. Mit anderen Worten: Die Mehrwertsteuer auf e-Books, Onlinejournalismus und Co. soll von 19 % auf 7 % gesenkt werden. Die SPD bewegt sich beim Thema Urheberrecht in bekannten Gewässern, allen wird etwas versprochen.
Linke will Recht auf Remix
Die Linke sieht eine „Anpassung des Urheberrechts an die veränderten Bedingungen der Verbreitung von Musik, Texten, Bildern und Filmen sowie bei Bildung, Forschung und Wissenschaft im digitalen Zeitalter“ als „dringend erforderlich“. „Im Kampf um ein modernes Patent- und Urheberrecht“ gehe es darum, „Wissen produktiv weiterverwenden zu dürfen und das Recht auf Nutzung mit den Rechten der Schöpferinnen und Schöpfer geistiger Werke solidarisch in Einklang zu bringen.“
Sie fordert „ein Recht auf Remix“, dazu will sie „neue Lizenz- und Vergütungsmodelle etablieren, das Recht auf Privatkopie stärken und das unsinnige Leistungsschutzrecht für Presseverlage wieder abschaffen.“ Die Linke setzt auf die bewährte Linie und verspricht Reformen über den Zugang zu Wissen. In der Realität wollen da sicher die Gewerkschaften noch mitreden.
FDP: „berechtigte Interessen von Investoren“
Die FDP schafft es, sogar im Punkt „Modernes Urheberrecht“ das Wort „Investoren“ unterzubringen. Ein modernes Urheberrecht soll auch „die berechtigten Interessen von Nutzern und Investoren“ berücksichtigen. Das Urheberrecht vermittle „einen „eigentumsähnlichen Schutz“ und entwickle sich „zu einem Schlüsselrecht für die Schaffung kreativer Inhalte“. Daher müsse in der „digitalen Welt“ gewährleistet sein, „dass die Erträge aus der Verwertung kreativer Leistungen den Urhebern und den weiteren Berechtigten zufließen.“
Das wollen die Liberalen vor allem durch „einen einfachen Rechteerwerb und die unbürokratische und transparente Beteiligung der Urheber an der Verwertung ihrer Werke“ ermöglichen. Dies eröffne „auch Start-Ups die Möglichkeit, einfach und rechtssicher die erforderlichen Lizenzen zu erwerben, um mit ihren Investitionen und mit der Verbreitung geistiger Leistungen Geld verdienen zu können“. Mit technischen Lösungen soll „die Entscheidung der Urheber über das ‚Ob‘ und ‚Wie‘ einer erlaubten Nutzung“ und die Beteiligung der Urheber automatisch erfolgen.
Verbraucherinnen und Verbraucher gibt es bei der FDP nur dort zu finden, wo sie sich für ein Ende der Störerhaftung einsetzt. Man möchte sich „auf europäischer Ebene dafür ein[setzen], dass Betreiber von WLAN für die Unterlassung und Beseitigung von Rechtsverletzungen der Nutzer nicht mehr in Anspruch genommen werden“. Es gibt bei der FDP zwar viel Text zum Thema. Auf den Punkt gebracht steht da aber vor allem: „Mehr Start-Ups wagen“.
Grüne: Reformen müssen „bürgerrechtskonform“ und „fair“ sein
Die Grünen wollen „Journalist*innen und Verleger*innen“ an der „langfristigen Wertschöpfung ihrer Werke, besonders im digitalen Zeitalter“, angemessen beteiligen. Sie lehnen ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger ab und setzen auf eine „sinnvolle Förderung der Vielfalt von Medien“. Man will ein „Urheber*innenrecht, das der Nutzungs- und Verwertungsrealität im Digitalen Rechnung trägt. Es muss bürgerrechtskonform sein und die Interessen von Verbraucher*innen, Verwerter*innen und Urheber*innen fair ausgleichen.“ Sie wollen mit Reformen „die angemessene Vergütung von Kreativen stärken“. „Bei der Digitalisierung des kulturellen Erbes“ soll „die Gemeinfreiheit erhalten“ werden. Auch hier bleiben sich die Grünen treu und versuchen, es allen Seiten irgendwie Recht zu machen und sich nicht zu eindeutig auf Seiten von Verbrauchern zu positionieren.
Hinweis zur Auswahl der verglichenen Parteien: Wir haben solche Parteien untersucht, die in den Umfragen des vergangenen Halbjahres bundesweit mindestens einmal bei über fünf Prozent lagen. Parteien, deren Wertesystem auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit basiert, haben wir in diesen Vergleich nicht mit aufgenommen.
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