Die Geschichte von Bassel Khartabil: Er lebt für das freie Internet – und riskiert dafür zu sterben

Bassel Khartabil | CC BY 2.0 by Christopher Adams

Bassel, der weltweit als Verfechter des freien Internets und der Open-Source-Kultur bekannt ist, wurde vor dreieinhalb Jahren von der Regierung Bashar al-Assads festgenommen und am 3. Oktober 2015 aus dem Adra-Gefängnis an einen unbekannten Ort verlegt. Am 10. Oktober erfuhr seine Frau, dass Bassels Name aus dem Häftlingsregister gelöscht wurde, ohne weitere Informationen darüber, wo er sein könnte. Keiner der beteiligten Akteure gibt an, ob er sich bei ihnen befindet oder nicht.

Dieser Text wurde im Original von Stéphanie Vidal unter CC BY 4.0 auf Französisch veröffentlicht. Philippe Aigrain, Mélanie Dulong de Rosnay, und Jean-Christophe Peyssard übersetzten ihn ins Englische.

Bassel Khartabil, 34, leidenschaftlicher Verfechter eines freien Internets und Förderer der Open-Source-Kultur, wird seit dem 15. März 2012 in den Gefängnissen der Regierung von Bashar al-Assad gefangen gehalten. Laut Einschätzung der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftungen während ihrer 72. Versammlung in Genf im April 2015 wurde Bassel willkürlich inhaftiert für „das friedliche Ausüben seines Rechts auf freie Meinungsäußerung“ und seinen „Einsatz für eine uneingeschränkte Nutzung des Internets“. Khartabil wurde am 3. Oktober 2015 aus dem Adra-Gefängnis, das sich in den nord-östlichen Randgebieten von Damaskus befindet, verlegt. Er wurde dort seit Dezember 2012 gefangen gehalten und nun, womöglich für eine Gerichtsverhandlung, an einen unbekannten Ort gebracht. Angeklagt, ohne dass jemals Beweise gegen ihn vorgebracht wurden, ist Bassel derzeit mehr denn je in Gefahr.

Bassel ist als Entwickler, der an Open-Source-Projekten wie Mozilla Firefox, Wikipedia und Creative Commons mitwirkt, weltweit anerkannt. Doch er engagierte sich auch lokal, im AikiLab in Damaskus – einem Ort, der sich der digitalen Kunst und der Lehre kollaborativer Technologien verschrieben hat. Für all seine Arbeiten vergab ihm Foreign Policy den 19. Platz in ihrem angesehenen Global Thinkers Rating von 2012, 2013 gewann er den Digital Freedom Award des Index on Censorship, einer internationalen Organisation, die sich seit 1972 für Meinungsfreiheit einsetzt.

Seine Gefangennahme und die kürzlich erfolgte Verlegung trifft und beunruhigt die Open-Source-Community und Aktivist_innen für Menschenrechte und das fundamentale Recht auf Äußerung von Gedanken und Meinungen. Jillian C. York, Direktorin der Electronic Frontier Foundation (EFF), einer Organisation, die Bürgerrechte in der digitalen Welt verteidigt, twitterte folgendes, als die Nachricht bekannt wurde:

In weniger als 140 Zeichen schaffte es Jillian C. York, zwei Wirklichkeiten aufzuzeigen: das beängstigende Schweigen der syrischen Regierung in Hinblick auf Aktionen, die sich für Bassel Khartabils Freilassung aussprechen, und die Schutzkraft, die die Wachsamkeit von Internetnutzer_innen für das Schicksal eines Gefangenen bedeuten kann. Den ersten Punkt betreffend bestätigt Ines Osman, Koordinatorin der Rechtsdienstleistung der NGO Alkarama Foundation, die Betroffene von Menschenrechtsverletzungen in der arabischen Welt mit den Mechanismen der UN in Verbindung bringt, die Inaktivität der syrischen Machthaber:

Wir sind in der UN zwei Mal aktiv geworden, 2012 und 2014, und die syrischen Behörden haben nie auf die Anfragen der UN reagiert. Im vergangenen April hat die Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftungen Bassels Freilassung gefordert, und auch dieser Appell wurde ignoriert. Es ist unerlässlich, dass die internationale Gemeinschaft die Implementierung dieser Entscheidungen fordert, die deutlich feststellt, dass Bassels grundlegendste Rechte nicht respektiert wurden: Er wurde verhaftet, in Isolationshaft gehalten, gefoltert, und mit falschen Anschuldigungen vor einen Militärrichter gebracht.

Am Samstag Morgen wurden wir darüber informiert, dass Bassel aus dem Adra-Gefängnis an einen unbekannten Ort verlegt worden ist. Niemand kennt seinen derzeitigen Aufenthaltsort. Wir informierten sofort die Arbeitsgruppe für erzwungenes oder unfreiwilliges Verschwinden. Wir hoffen, dass die syrischen Behörden dieses Mal reagieren werden.

Wenn Menschenrechte nicht mehr respektiert werden, können öffentliche Aufrufe nur noch Hoffnungen benennen. Das bringt uns zu dem zweiten Punkt: Je mehr die Zustimmung zu unserer Hoffnung im Internet und in sozialen Medien geteilt wird und präsent ist, desto eher könnte sie Realität werden. Bassels Engagement für ein freies Internet mag zu seiner Verhaftung geführt haben, aber die Aufmerksamkeit, die wir Bürger_innen des Internets diesem Fall bescheren, könnte ihm – zu einem gewissen Grad – aus der Dunkelheit verhelfen. Interesse an seinem Leben zu zeigen, kann ein Weg sein, Menschen bewusst zu machen, dass man in Syrien sterben kann, weil man ein Smartphone nutzt oder weiß, wie das Internet funktioniert.

Überleben in Adra, auch unter Bombardierungen

Bassels Geschichte der letzten fünf Jahre zu erzählen, ist auch ein Versuch, ein verwüstetes Syrien darzustellen. Vom Beginn der syrischen Revolution am 15. bis 18. März 2011 (die ersten Rufe nach Aufständen, bezugnehmend auf die ägyptische Revolution; die ersten „Freitagsdemonstrationen“ und ihre brutale Niederschlagung) bis zu der langsamen Transformation der Revolution zu einem unentwirrbaren bewaffneten Konflikt, in dem 240.000 Menschen gestorben sind und Millionen vertrieben wurden.

Bassel im Juni 2010 | CC BY 2.0 by Joi Ito
Bassel im Juni 2010 | CC BY 2.0 by Joi Ito

Bassel Khartabil, der per Auflage gezwungen wurde, in Syrien zu bleiben, ist einer der Gefangenen, deren Anzahl schwer zu bestätigen ist: Einige sprechen von 8.000 Häftlingen, von denen 600 Frauen sind – allein im Adra-Gefägnis, das wären drei Mal mehr als es Kapazitäten hat. Häftlinge werden in Adra für eine Vielzahl von Anschuldigungen eingesperrt, wie Drogenhandel oder -nutzung, Mord oder Raub, aber dort werden auch Gefangene festgehalten, deren Namen im Ausland bekannt sind für ihr Engagement zugunsten freier Meinungsäußerung. Mazen Darwish, zum Beispiel, ist einer von ihnen. Er ist der Präsident des Syrian Center for Media and Freedom of Expression und wurde im Februar 2012 verhaftet, nahezu auf den Tag einen Monat vor Bassel Khartabil. Er wurde am 10. August 2015 vorläufig freigelassen, am 31. August wurde er für unschuldig befunden, „Informationen über Terrorakte veröffentlicht“ zu haben.

Bassel Khartabil, der aufgrund anderer Anklagepunkte inhaftiert ist, wurde vor Militärgerichten angeklagt und damit ausgenommen von der Generalamnestie im Juni 2014. Diese befreite, wenn auch in undurchlässiger Art, viele friedliche Aktivist_innen von den gegen sie gerichteten Anklagepunkten. Khartabil hingegen war auch dann noch in Adra, als das Gefängnis von der bewaffneten Rebellengruppe Jaysh al-Islam gestürmt wurde. Sie übernahmen die Kontrolle über zwei der Gefängnisgebäude am 12. September, einem Datum, das wohl symbolisch gewählt wurde, da es der Tag nach Bashar al-Assads 50. Geburtstag war. Die Häftlinge befanden sich zwischen den Bombardierungen des Militärs und dem Beschuss durch die Rebellen, die versuchten, das Gefängnis zu befreien. Bassel Khartabil überlebte diesen starken Beschuss, aber wie es scheint, wurden etwa 20 andere Häftlinge getötet und einige Dutzend, möglicherweise bis zu 100, verletzt.

Wie gesagt, wenn es um Syrien geht, ist es schwer, an Informationsquellen zu gelangen. Zahlen werden geschätzt, das Sprechen ist angsterfüllt und Kommunikation ist aufgrund staatlicher Überwachung verlangsamt. Wie der Anwalt Benoît Huet in einem Kommentar in der französischen Zeitung Libération betont, ist der Krieg in Syrien, in einer vernetzen Welt, auch ein Informationskrieg geworden – und er wirft die Frage nach dessen Verbreitung und Manipulation auf. International verhindert dieser Informationskrieg, dass wir die Fakten in dem medial durchdrungenen, aber schrecklich fernen Konflikt deutlich erkennen, aufgrund seiner hohen Komplexität. Das sollte uns jedoch nicht den anderen Informationskrieg übersehen lassen, der auf lokaler Ebene wütet: Im Herzen Syriens werden persönliche Informationen und auf sozialen Medien veröffentlichte Inhalte als Waffen genutzt.

Die syrischen Smartphones, die Angst in der Tasche

Das Internet und vor allem soziale Medien wie Facebook wurden von der syrischen Bevölkerung als bevorzugte Kommunikationswege genutzt, um über die Revolution 2011 und die blutige Repression durch die Regierung zu berichten. Die Dokumentation „Syria: Inside the Secret Revolution“, die ursprünglich von der BBC am 26. September 2011 gezeigt wurde, versammelt einige Videos, die nach ihrer Online-Veröffentlichung der internationalen Gemeinschaft ermöglichten, die Revolten auf den syrischen Straßen zu begreifen.

Nichtsdestotrotz sollte nicht vergessen werden, dass das Internet nicht immer zugelassen wurde in Syrien oder Facebook der Bevölkerung zugänglich war. Als er nach dem Tod seines Vaters Hefez im Juni 2000 ins Amt kam, erschien Bashar al-Assad wie ein Reformer, demonstrierte eine offene Stimmung in verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Bereichen. Er ermöglichte sogar Internetzugang, verstand aber die Macht des Netzwerks und sorgte dafür, dass die meisten sozialen Netzwerke bis 2007 zensiert wurden, gefolgt von der arabischen Wikipedia 2008.

Von Beginn an wurde das Netz überwacht: Diejenigen, die in Cybercafés gingen, mussten ihre Identität bestätigen und ihre Chronik wurde gespeichert. Das berichtet Wahid Saqr, ehemaliger Sicherheitsbeamter der syrischen Regierung, gegenüber Mishal Husain in der zweiten Folge von „How Facebook Changed the World: The Arab Spring“ sowie in einer anderen Dokumentation, die die BBC am 15. September 2011 ausstrahlte.

Nur im Februar 2011 genehmigte Bashar al-Assad den Zugang zu Facebook, YouTube und Twitter. Diese Geste, die großzügig wirken sollte, wurde schnell als bedrohlich wahrgenommen: Soziale Netzwerke erschienen als ein nützliches Werkzeug für die Regierung, die Bevölkerung zu überwachen und durch Worte und Bilder Informationen über diejenigen zu erlangen, die Opponenten sein könnten. Betrieben als Waffen der digitalen Überwachung, wurden diese sozialen Netzwerke genutzt, um diejenigen zu verfolgen, die sich, virtuell oder wirklich, gegen die Regierung in Damaskus stellten – aber auch diejenigen, die über Computerkompetenzen verfügten.

Dana Trometer, Wissenschaftlerin und Produzentin der oben genannten Dokumentationen, erlebte diese schreckliche Realität:

Die Menschen, die ich traf, für alle Filme über die arabische Welt, an denen ich gearbeitet habe, und vor allem über Syrien, wurden sehr oft gezwungen zu fliehen oder verschwanden kurz nach unseren Interviews.

Selbst heute, auf dem Weg ins Exil, erklären Flüchtlinge, dass es besonders gefährlich ist, ein Handy dabei zu haben. Schon der Besitz kann zu einer Verhaftung führen oder – noch viel schlimmer – dazu, dass Repräsentant_innen der syrischen Regierung oder Mitglieder von ISIS jemanden an ihren jeweiligen Kontrollpunkten auffordern, ihren Facebook-Nutzernamen und das Passwort zu nennen, um ihre politische Zugehörigkeit zu prüfen.

Bassel Khartabil sagte, dass es in Syrien viel gefährlicher sei, ein Handy zu halten als mit einer Atombombe herumzulaufen. Aufgrund seines Jobs als Entwickler und seines Engagements für die Förderung eines freien Internets war es für ihn unmöglich, sich seines Computers und seiner Handys zu entledigen, ganz zu Schweigen von seinem Wissen über Informationstechnologien. Am 31. Januar 2012, zwei Wochen vor seiner Festnahme, postete er folgenden Tweet:

Der Wille zu bauen: das AikiLab und das Palmyra-Projekt

Seine führende Rolle bei Creative Commons in Syrien und seine Partizipation, auf internationaler Ebene, in der Bewegung für freie Kultur, führten zu häufigen Reisen ins Ausland. Doch Bassel kam immer wieder nach Hause. Es war in Polen, auf dem Creative Commons Summit im September 2011, als sein Freund Jon Phillips ihn das letzte Mal sah. Jon führt seitdem die Kampagne #FreeBassel an:

Ich flehte ihn an, nicht zurückzugehen, dass er getötet oder verhaftet werden würde. Er versuchte mich zu beruhigen und sagte, dass er das vielleicht nicht riskieren würde, und dass sowieso seine Freunde, seine Familie, seine Liebe dort war und er nicht fernbleiben könnte. Wir weinten, und es war wirklich schlimm, denn wir verbrachten den Rest der Nacht damit, zu lachen und eine neue Welt zu entwerfen. Als die Sonne aufging, nahm er sein Taxi, winkte ein letztes Mal durch das offene Fenster, und ich erinnere mich daran gedacht zu haben, dass dies das letzte Mal war, dass ich ihn sehen würde; dass er verhaftet werden würde, sobald er aus dem Flugzeug steigt.

Es geschah nicht genauso: Bassel Khartabil erhielt ein paar Monate Aufschub, während derer er sein lokales Engagement fortführte. Syrien war unter einem Embargo, und nur spezielle proprietäre Software durfte in Universitäten gelehrt werden. 2010 gründete Bassel Khartabil darum das AikiLab, das, je nach Person, beschrieben wird als ein Hackerspace oder Kulturzentrum und das den Umgang mit sozialen Medien und Open-Source-Technologien lehren sollte.

Entwickler_innen, Künstler_innen, Professor_innen, Journalist_innen und lokale Unternehmer_innen besuchten das AikiLab häufig, das der Künstler Dino Ahmad Ali beschreibt als ein großes Apartement mit zwei Zimmern. Dorthin konnte jeder kommen, zum Arbeiten oder sogar zum Schlafen, wenn die Arbeit lange dauerte, um einen Kaffee oder ein Bier in der Küche zu trinken und sich Mut zu machen oder um zu entspannen. Das große Wohnzimmer war geeignet für Konferenzen, und Internet-Berühmtheiten kamen vorbei, um ihr Wissen zu teilen, beispielsweise die Mozilla-Gründerin Mitchell Baker oder der Direktor des MIT Media Lab, Joi Ito.

Dino Ahmad Ali und Bassel Khartabil waren auch Kollegen. Sie arbeiteten beide für ein Verlagshaus namens Al-Aous, auf Discover-Syria.com, einer Webseite, die kulturelle Informationen über Syrien anbietet – Dino war künstlerischer Leiter und Bassel technischer Leiter. Bassel Khartabil widmete Jahre seines Lebens einem Projekt, das ihm besonders am Herz lag, dem Palmyra-Projekt. Dieses Projekt war eine ambitionierte virtuelle Tour durch die antike Stadt auf CD-Rom, vollständig rekonstruiert in 3D-Fotos von Dokumenten aus wissenschaftlicher und archäologischer Forschung. „Ursprünglich befasste sich Bassel nur mit Programmierung, aber als eine Person mit multiplen Talenten lernte er die Maya-Software und begann damit, 3D-Modelle zu erstellen“, erinnert sich Georges Dahdouh, der dem Team nach einigen Monaten als Leiter der 3D-Modellierung beitrat. „Er lernte auch die Funktionsweise einer Spiel-Engine, um einen Weg durch die virtuelle Tour in 3D zu entwickeln, und am Ende arbeitete er, mit anderen Mitgliedern des Teams, an jedem anderen Aspekt außer Urheberrecht und Forschung; hieran arbeitete eine Gruppe, die sich der Untersuchung historischer Quellen widmete und Interviews mit Archäologen führte.“

An ein allgemeines Publikum gerichtet, sollte das Projekt Palmyra eine Art digitale Enzyklopädie über die Stadt darstellen (die auch Tadmor genannt wird) und ihre Rückkehr durch die Erfassung von Bildern und Texten und den Einsatz neuer Technologien unter Einbeziehung von Spezialist_innen und Archäolog_innen ermöglichen. Khaled Al-Assad war der verantwortliche Wissenschaftler für die Antiquitäten von Palmyra von 1963 bis 2003 und ein Freund von Bassel Khartabil. Der Wissenschaftler wurde am 18. August 2015 von ISIS enthauptet, sein Körper wurde von seinen Henkern auf den Straßen ausgestellt und Bilder über soziale Medien verbreitet.

Da die CD-ROM nicht veröffentlicht wurde, entschieden die Mitglieder der #FreeBassel-Kampagne, das Palmyra-Projekt wiederzubeleben. Sie starteten am 15. Oktober 2015 #NewPalmyra, eine Online-Community und -Plattform für Datenspeicherung, um Bassels Arbeit zu würdigen. Das Projekt wird von Barry Threw geführt, einem Digitalkünstler und Leiter der Software für Obscura, der auch zu #racingextinction beitrug, einer Videoprojektion auf das Empire State Building. Hinter beiden Hashtags verbirgt sich ein ähnlicher Wunsch danach, Architektur zu nutzen, um Aufmerksamkeit zu generieren: Aufmerksamkeit für den Klimawandel durch das Zeigen gefährdeter Spezies auf einem der berühmtesten Hochhäuser in New York, Aufmerksamkeit für ein gefährdetes Syrien durch die Nutzung digitaler Technologie. „Die antike Stadt Palmyra war ein wesentliches Tor für Handel und Kultur“, sagte Threw. „Mit #NewPalmyra treten wir der törichten Zerstörung archäologischer Schätze durch ISIS entgegen, mit dem Aufbauwillen eines Mannes wie Bassel Khartabil. Wir hoffen, dass dieses Projekt Aufmerksamkeit generiert für seine Arbeit und zu seiner Freilassung beiträgt.“

Ein Zivilist, verfolgt vor einem Militärgericht

Am 15. März 2012, als er seinen Arbeitsplatz im Stadtteil al-Mazzeh in Damaskus verließ, wurde Bassel von Männern der Branch 215 verhaftet, einem der Militärgeheimdienste in Damaskus. Nachdem er fünf Tage lang befragt und gefoltert wurde, wurde Bassel zu sich nach Hause begleitet, um seinen Computer und seine Dokumente zu beschlagnahmen. Dann wurde er für neun Monate im Geheimen inhaftiert. Wir wissen heute, dass er erst zu Branch 248 des Geheimdienstes gebracht wurde und dann acht Monate in Isolationshaft im Adra-Gefängnis verbrachte. Am 9. Dezember 2012 wurde er vor ein Militärgericht gebracht.

„Dieses Militärgericht, spezialisiert auf Verfahren gegen Kriminelle im Militär in Kriegszeiten, berichtet dem Verteidigungsminister und nicht dem Justizminister. Es besteht aus drei Soldaten, inklusive einem Präsidenten. Seine Verfahren werden geheim gehalten, und Beschuldigte haben kein Recht auf einen Anwalt“, erklärt Noura Ghazi, Anwältin und Menschenrechtsaktivistin, die sich kurz vor Bassels Festnahme mit ihm verlobte. „Die Verurteilungen sind besonders heftig und resultieren im Todesfall. Strafen werden sofort ausgeführt, um eine Nachprüfung zu verhindern. Seit den Ereignissen von 2011 wurde das Militärgericht eingeschaltet, um friedliche Aktivisten wie Bassel, Anas und Salah Shughri und viele andere zu verfolgen. Das ist eine deutliche Verletzung des Gesetzes, der Verfassung und sogar des Gründungsdekrets dieses Gerichts.“

Als Zivilist ohne Anwalt vor einem Militärgericht dauerte Bassel Khartabils Verfahren nicht länger als ein paar Minuten, ohne dass Beweise gegen ihn präsentiert wurden, wie die Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftungen hervorgehoben hat. Nach diesem unfairen Eilverfahren wurde er sofort in das Gefängnis von Sidnaya gebracht, das als eines der berüchtigsten des Regimes gilt.

Bassel wurde dann wieder in das Adra-Gefägnis verlegt, wo er am 26. Dezember 2012 zum ersten Mal von seiner Familie besucht werden konnte. Sie fanden ihn in einem erschreckenden physischen und psychischen Zustand vor. Ihm wurde erlaubt, Noura Ghazi am 7. Januar 2013 im Gefängnis zu heiraten. Bis zum 3. Oktober war Bassel in Adra inhaftiert. Laut einer Nachricht, die an diesem Tag auf der #FreeBassel-Facebook-Kampagnenseite veröffentlicht wurde, wurde er „verlegt vom Gefängnis in Adra an einen unbekannten Ort, nachdem eine Patrouille, deren Herkunft unbekannt ist, ihn aufforderte, seine Sachen zu packen. Es wird angenommen, dass er in die Zentrale des zivilen Gerichts der Militärpolizei im Ortsteil al-Qaboun gebracht wurde. Wieder einmal wissen wir nicht, wo Bassel ist, und sind sehr besorgt.“

Bassel Khartabil, Entwickler, Lehrer und Pazifist, der Folter überlebte, Isolationshaft, Hunger und Bombardierungen, lebt gewiss unter einer schrecklichen Strafe. Vergiss nicht, du hast sicher ein Handy in deiner Tasche.

Bisherige Artikel auf netzpolitik.org:

7 Ergänzungen

  1. ein interessanter Artikel, der uns Demokraten schonungslos den Spiegel vorhält und nochmal deutlich macht, dass solche tragischen Geschichten auch benutzt werden.

    Es gibt einige arabische Länder, wo bekanntermaßen bereits das Mitführen von Smartphones tödlich sein kann. Der Massenmörder Brandon Bryant hat es in diesen Tagen nochmals ausgiebig geschildert, wie perfekt schonungslos westliche Länder Araber töten können. Bassel Khartabil ist übrigens deutlich älter als 12 Jahre.

    Dass man bei Kontrollen in Syrien die Facebook-Benutzerdaten rausrücken musste, wirkt in der Tat rückständig. Da sind wir im Westen besser organisiert oder sammeln notfalls die Smartphones ein. netzpolitik.org berichtet dankenswerterweise auch häufig über Schandtaten bei uns.

    Der Blick auf Einzelschicksale ist wichtig. Aber dennoch sollte der Blick auf das große Ganze nicht fehlen. Warum versinken viele arabische Länder in Anarchie und Gewalt? Weil junge Menschen frei twittern wollen, aber nicht dürfen? Schöne Geschichte. Erinnert an Frauenrechte.

    Wieder musste und hat eine Satiresendung gute Aufklärung geleistet

    https://www.youtube.com/watch?v=YVbOnPIJWXQ

    1. „“Warum versinken viele arabische Länder in Anarchie und Gewalt?““

      Merkwürdige Fragestellung, gerade für einen Deutschen, in Anarchie und Gewalt….???
      Der arabische Raum versinkt in Islamfaschismus und Gewalt.
      Müßte doch gerade aus deutscher Sicht gut zu erkennen sein.

  2. Ich hoffe Andreas Binnen-I wird auf diesem Blog nicht zum Standard. Mir bluten jedes mal die Augen, wenn ich zufällig einen ihrer Artikel lese.

    1. Mit dem Binnen-I kann ich besser leben als den anderen Ergüssen der Gender-„Forschung“ wie diesem Sternchen Unsinn. Wer soll Frauen ernst nehmen die sich nicht der Gleichberechtigung sondern das sprachlichen Korinthenkackens verschreiben? Ich bin definitiv für Gleichberechtigung, ECHTER Gleichberechtigung in allen Fragen wo sich jedes Geschlecht, auch Geschlechtsidentitäten auf Augenhöhe begegnen, aber „FemNazis“ und SJW sind eine Seuche die dies ganz sicher und auch gezielt sabotieren.

  3. Ich weiß. Blöde Frage und soll auch keinesfalls die Regierung verteidigen oder so, aber was wird ihm denn vorgeworfen?

    1. Aus: https://netzpolitik.org/2015/freebassel-syrischer-aktivist-seit-drei-jahren-in-haft-wurde-an-unbekannten-ort-verlegt/

      „Er wurde im Dezember 2012 angeklagt, im Rahmen der Proteste in Syrien für ‚einen Feindstaat spioniert zu haben‘.“

      Und aus diesem Artikel:
      „Als Zivilist ohne Anwalt vor einem Militärgericht dauerte Bassel Khartabils Verfahren nicht länger als ein paar Minuten, ohne dass Beweise gegen ihn präsentiert wurden. „

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.