All watched over by Smart Cities of loving grace

Die Stadt der Zukunft dient ihrer Verwaltung, nicht ihren Bürgern. IT-Dienstleister verkaufen unter dem Schlagwort „Smart City“ eine Vision von urbanem Leben, die wir in zehn Jahren als „digitaler Plattenbau“ bereuen werden.

I like to think
(it has to be!)
of a cybernetic ecology
where we are free of our labors
and joined back to nature,
returned to our mammal
brothers and sisters,
and all watched over
by machines of loving grace.*

Seit ein paar Jahren schon gibt es immer wieder viel Buzz & Hype um „Smart Cities“.

Ohne Zweifel, unsere heutigen Städte stehen vor enormen Herausforderungen (laut WTO werden 2050, 7 von 10 Menschen in Großstädten leben, die meisten davon in sich heute entwickelnden Ländern). Zu den Herausforderungen heutiger Städte gehören neben rasantem Wachstum durch Zuzug aus ländlichen Gebieten, sowie demographischen Veränderungen im Bezug auf Alter, Einkommen und Bildung der Einwohner, ebenso Belastungen durch Klimawandel, Luft- und Wasserverschmutzung. Viele Stadtverwaltungen sind überfordert, grundlegende Infrastrukturen wie Transport, Sicherheit, Wasser und Energie bereitzustellen. Gerade in den schnell wachsenden Megastädten werden die Folgen dieser Probleme deutlich sichtbar. Oftmals mit fatalen Ergebnissen für die Einwohner.

Niemand wird bestreiten, dass wir Lösungen für diese drängenden Probleme urbaner Ballungsräume brauchen. Glaubt man den Werbebrochüren einiger Technologieunternehmen sind „Smart Cities“ die Lösung. Die Idee: unzählige über Netzwerke verbundene Sensoren erfassen Daten über den “aktuellen Zustand der Stadt“. Daten zu Gebäudetemperatur, Wetter, Luftverschmutzung, Verkehrsdichte und das Verhalten der Einwohner werden in Echtzeit gesammelt. Diese Daten werden in riesigen Kontrollzentren zusammengeführt und ausgewertet. Ein feuchter Traum für alle, die an Big Data glauben! Ausgehend von diesen Messdaten werden Steuerungssysteme automatisch in Bewegung gesetzt um Gebäudetemeratur und Verkersflüsse effizient zu regeln, wiederum in Echtzeit, versteht sich. Ein auf “Feedback“ basiertes, quasi intelligentes System, wie es sich frühe Kybernetiker nicht schöner hätten vorstellen können.

Doch es scheint, dass bei all dem Hype ein paar ganz wesentliche Dinge übersehen werden. Der vorherrschende Diskurs über Smart Cities wird fast ausschliesslich von den techno-zentrischen Perspektiven der Hersteller entsprechender Technologien und Systeme geprägt. Zugespitzt gesagt: Smart City ist, wenn IBM Deine Stadt regiert. Der „Militärisch-Industrielle-Komplex“ macht sich auf, den zentralen menschlichen Lebensraum zu durchdringen und zu verwalten: die Stadt. Aber wie verändert das die Politik? Ersetzt der Sensor die Wahl? Welche Rolle hat der Staat, oder die lokale Verwaltung, wenn Auswertung, Entscheidung und Steuerung den Sensoren und Algorithmen überlassen wird?

Dass im „Smart Cities“-Paradigma die Perspektive der Bürger fast vollständig fehlt mag unverbesserliche Gutmenschen verwundern, die Abwesenheit von städteplanerischen Perspektiven (speziell die Erkenntnisse aus den Disziplinen des Urbanismus) ist aber doch irritierend. Auf beunruhigend Weise erinnern „Smart City“-Entwürfe an diverse historische Versuche, Städte am Reißbrett zu entwerfen. Diese Art von Planstadt (oder Stadt nach Plan) hat sowohl in sozialistischen als auch kapitalistischen Experimenten der Nachkriegsjahre nicht funktioniert, und zu tristen, grauen und statischen Wohnsilos geführt, denen alles fehlt, was Städte liebenswert macht.

Kurz: bei „Smart Cities“ geht es stets um Effizienz, Steuerung, Kontrolle und nie um die wesentlich spannendere Frage, wie wir angesichts der bestehenden Herausforderungen bürgerzentrierte und lebenswerte urbane Lebensräume gestalten können.

Dabei hat das Thema so viel Potential! Moderne Sensor-, Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen neue Perspektiven, für dezentral verwaltete Infrastrukturen und Ressourcen. Im Prinzip kann jeder Stadtbewohner mit seinem Smartphone (oder seinem selbstgebauten Arduino Sensorenkit) Daten sammeln, verarbeiten, teilen. Gerade durch die dezentrale (selbst-) Verwaltung von Informationen, Netzen und Ressourcen könnten wichtige Probleme wie die lokale Versorgung mit Gütern, z.B. durch alternative Energiequellen, geregelt werden.

Allein, all diese spannenden Perspektiven kommen im vorherrschenden „Smart City“ Paradigma nicht vor. Die Antwort auf eine der wichtigsten Fragen, und zwar die nach dem „Datenbesitz“ (eng: data ownership), sucht man aber vergeblich. Welche Richtlinien gelten für die von Individuen produzierten, und über ihr Verhalten gesammelten Daten? Wer darf diese zu welchem Zweck nutzen?

Zwei Bücher die mein tiefes Misstrauen gegen den gegenwärtigen „Smart City“-Diskurs vortrefflich auf den Punkt bringen sind: “Big data, civic hackers, and the quest for a new utopia“, von Anthony Townsend (2013) und „Against the smart city“, von Adam Greenfield (2013). Greenfield schreibt:

One of the major technology vendors working in the field, Siemens makes the strongest and most explicit statement [1] of the philosophical underpinnings on which their (and indeed the entire) smart-city enterprise is founded: „Several decades from now cities will have countless autonomous, intelligently functioning IT systems that will have perfect knowledge of users“ habits and energy consumption, and provide optimum service… The goal of such a city is to optimally regulate and control resources by means of autonomous IT systems.“

Smarte Neue Welt …

Wie kann man ernsthaft über die Zukunft der Stadt nachdenken, ohne diejenigen ins Zentrum zu rücken, um die es geht: die Bewohner der Stadt? Wenn es nur darum geht, den urbanen Raum besser und effizienter zu überwachen, zu steuern und zu verwalten, und nicht darum, wie wir die Stadt zu einem lebenswürdigem Ort für Ihre Einwohner machen können, dann ist dieser Diskurs und seine Praxis in der Tat zutiefst dystopisch. Orwell lässt grüßen.

Erstaunlicherweise gibt es extrem wenige Referenzprojekte für die viel gelobte „Smart City“. In den Hochglanzbrochüren sind besonders die drei folgenden Referenzen auffallend: Songdo City, eine $20-40 Milliarden Investition für eine 500,000-Einwohnerstadt in Südkorea, erbaut auf gewonnenem Land über der gelben See; das winzige Masdar City Projekt, für gerade einmal 40,000 Einwohner und 50,000 Pendler in Abu Dhabi; und PlanIT Valley, eine 10 Milliarden Investition in Portugal, geplant für etwa 225,00 Einwohner – etwa der Größe von Down-Town Boston.

Diese Referenzprojekte machen selbst auf den zweiten Blick nicht den Eindruck, als böten sie geeignete Ansätze zur Lösung der Probleme unserer real existierenden Städte. Von einer Skalierung auf Megastädte wie Mumbai, Mexico City oder Jakarta ganz zu schweigen. Im Fall von Songdo City richtet sich das Design primär an einen kleinen Ausschnitt des gehobenen Mittelstands, arme und ältere Menschen scheinen keine Berücksichtigung zu finden. Für die noch zur Arbeit genötigten Massen ist leider keinen Platz in der „Smart City“! Siehe dazu auch zwei aktuelle Artikel beim Guardian Smart Cities in Indien und The truth about smart cities: „In the end, they will destroy democracy.

Nun könnte man die glänzenden Werbebrochüren kopfschüttelnd beiseite legen und sie für das halten was sie sind; Teil einer enormen Werbekampagne einiger Global-Player (allen voran IBM, Siemens, Cisco und Co), die ein neues Produkt marktfähig machen und an den Kunden bringen möchten.

Allerdings scheinen diese Marketingstrategien derweil recht erfolgreich zu sein: die Kunden, “Stadtverwaltung“ und “Regierung“ haben dem dominanten Diskus wenig entgegen zu setzen. Wer wollte sich schon gegen den „effizienten Einsatz von Technologie zur Lösung der großen Zukunftsprobleme“ aussprechen? Und so tummeln sich weltweit dutzende durch öffentliche Gelder (also unsere Steuergelder) finanzierte „Smart City“-Programme auf allen Ebenen, die alle irgendwie in das immergleiche Mantra einstimmen: “Effizienz, Kontrolle, Steuerung!“ Doch wo ist die digitale Freiheit; wo die digitale Selbstbestimmung; wo die digitale Solidarität?

Die Europäische Kommission fördert gleich dutzende solcher Programme. Bereits 2011 haben die EC Direktorate für Transport und Mobilität, Energie und die für ICT zuständige CONNECT in einer gemeinsamen Presseerklärung den Geldsegen angekündigt, der fortan in die Entwicklung von „Smart City“-Technologien gesteckt wird (allein 81 Millionen in 2011 und bereits 365 Millionen in 2013). Folgerichtig steht bei all diesen Programme die Technologie im Mittelpunkt und nicht die Stadt oder etwa ihre Bewohner.

Auf der CeBIT 2015 wurde die Open & Agile Smart Cities Initiative vorgestellt, deren erklärtes Ziel es ist, offene Standards und Schnittstellen für die beteiligte Pilotstädte einzuführen. Dabei soll open source Software wie FIWARE und CKAN zum Einsatz kommen. Das ist prima, denn offene Standards und offene Schnittstellen sind wichtig, erhöhen sie ja die Interoperabilität der Systeme. Allein, der Einsatz von open source Technologien sagt nichts über den Einsatz derselben. Ob die Software hinter einer „Smart City“ open source ist, oder nicht, ist relevant was die Nachhaltigkeit der Lösungen angeht. Zu einer freien und gerechten Gestaltung des städtischen Zusammenlebens trägt die Lizenz der Stacks allerdings leider nicht bei.

Auch Deutsche Städte wollen nicht zurückstehen, schliesslich geht es ja neben der Lösung echter Probleme auch um den guten Ruf als besonders innovative Stadt – ein echter Standortvorteil! Berlin, zum Beispiel, bastelt seit einiger Zeit an einem “Masterplan für die Smart City Berlin“. Das eigens gegründete Netzwerk Smart City Berlin versteht sich als “Treiber für Innovationen & Engagement“ und hat eine Charta Smart City Berlin veröffentlicht. Bezeichnenderweise folgt auch hier alles dem üblichen Paradigma; Bürgerperspektive: abwesend. So heisst es auf der Webseite von Berlin Partners, die den Prozess begleiten:

Mittlerweile hat sich Berlin, insbesondere im europäischen Gefüge, bereits einen Namen als Smart City für Hochtechnologie gemacht. Die Entwicklung bis dato hat gezeigt, dass Unternehmen mit ihren in hohem Maße wettbewerbsfähigen Innovationen neue Geschäftsfelder für den Auf- und Ausbau urbaner Infrastrukturen erschließen und sich bewusst für den Standort Smart City Berlin entscheiden.

Wirtschaftsförderung und Standortvorteil schön und gut, aber sollen wir uns tatsächlich damit zufrieden geben, das Thema Zukunftsstadt unter dieser verengten Perspektive zu diskutieren? Was genau in Berlin unter dem Label „Smart City“ geplant und umgesetzt wird, kann und sollte auch von Berliner Bürgern und anderen Stakeholdern beeinflusst werden. Deshalb: nur draussen sitzen und motzen bringt nichts, sich engagieren und nach Möglichkeiten suchen wie wir die Stadt mitgestalten können, erscheint angebracht!

Es wird Zeit, dass sich die Bewohner der Städte, als aufgeklärte und kritische Öffentlichkeit die vorherrschenden Diskurse aneignen und diese subversieren. Die Herausforderungen und Chancen zur Lösung dieser sind zu wichtig um sie der Phantasielosigkeit einiger IT-Dienstleister zu überlassen!

* Die Inspiration zum Titel dieses Beitrags kam von Friedrich Lindenberg: “All Watched Over by Machines of Loving Grace“ (1967) ist das Titelgedicht von Richard Brautigan’s fünfter poetischer Veröffentlichung. Es huldigt einer Zukunftsvision in der die Fortschritte der Kybernetik eine Rückkehr zum Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur und die Befreiung von menschlicher Arbeit ermöglichen. Siehe auch die gleichnamige BBC Dokumentarfilmreihe von Adam Curtis (2011).

1. Siemens Corporation. „Sustainable Buildings — Networked Technologies: Smart Homes and Cities,“ Pictures of the Future, Fall 2008. foryoutou.se/siemenstotal

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10 Ergänzungen

  1. Einerseits leidet die Politik unter einer omnipräsenten Angst vor „Cyber“, andererseits sollen etablierte, stabile infrastrukturelle Lösungen durch unnötig vernetzte Computerspielereien ausgetauscht werden …

  2. Der Diskurs um eine bessere Stadt läuft seit langem, auf Seiten der Industrie ebenso wie auf gesellschaftlicher Ebene. Das auszublenden führt natürlich zu einer einseitigen Sichtweise wie hier. Das asiatische Modell der Instant-City ist dem enormen Druck geschuldet, innerhalb kürzester Zeit urbanen Wohn- und Lebensraum für hunderte Millionen zu schaffen. Dass uns viele Modelle als Dystopie erscheinen, das ist so. Aber wenn die neue Mittelschicht Asiens das annimmt… In Europa sehe ich den Weg zur Smart City eher auf der Seite einer Nerd-Elite. Es wäre schön, hier überhaupt erst eine Diskussion ingang zu bringen, statt gleich von Anfang Ängste zu schüren.

    1. Das klingt erstmal so als würden zwar beides Seiten Diskutieren, aber eben nicht miteinander. Dies würde dann ja den Tenor des Artikels unterstützen, das eine gemeinsame Diskusion notwendig ist.
      Kannst du Verweise auf entsprechende, evtl. gemeinsame, Diskurse anführen?

  3. Dass „die Perspektive der Bürger völlig fehlt“, stimmt so nicht. In fast jedem Text über Smart Cities findet sich eine Passage, in der der Bürger „seine“ Stadtverwaltung per Smartphone-(App) informieren kann, wenn eine Laterne o.ä. nicht funzt. Der Bürger ist Teil der 1000eyes der Verwaltung. Sehr gut zu sehen bei IBMs P4SC-Projekt, wenn das Urban Gardening der guten Bürger durch Gemüseanbau Jugendlichen nicht nur eine gesunde Ernährung beibringen, sondern auch Jugendunruhen verhindern soll. Gärtnern auf dem tempelhofer Feld statt ne revolutionäre Maidemo in Neukölln.

  4. Kleines Glossar:

    „Smart“ allgemein — Dinge, die dich hintergehen. Besondere Merkmale: sie beinhalten eine CPU, viele unnötige Sensoren und eine Netzwerkschnittstelle und sind stets fremdgesteuert, nie echt nutzerkontrolliert. Schmackhaft gemacht werden sie durch viel bunte Ablenkung und echt nützliche Funktionen, die aber alle subtil vergiftet sind. Bestes Beispiel: der Spion in der Hosentasche.

    „Smart cities“ — Eine Umgebung, die dich auf Schritt und Tritt ausspioniert. Die Perfektionierung einer Objektsicht auf den Menschen, wie man sie aus dem Zensus kennt, eine Entwürdigung desjenigen Menschen, der ein mündiges Subjektsein anstrebt (Daten werden über dich gesammelt, entschieden wird über dich, das letzte Wort über dein Leben hast du nicht, das haben ungreifbare Privatunternehmen und eine zutiefst systemisch korrupte Verwaltung). Schmackhaft gemacht mit hohlem Nachhaltigkeitsgewäsch, geboren aus einem gesellschaftskybernetischen Denken, das Effizienz vergöttert (Effizienz bei was eigentlich, ist egal. Die Ziele werden nie hinterfragt oder auch nur explizit gemacht).

    Oben beschriebenes klingt auch mal wieder stark nach einer Lösung auf der Suche nach einem Problem.

    Das ist jedenfalls meine bisherige Perspektive. Der interessante Beitrag eröffnet mir neue zusätzliche Sichtweisen, danke!

    |Wenn Du die entsetzliche Zukunft nicht verhindern kannst, betrachte sie als hackbare Spielwiese|

  5. Danke für den informativen Post. Ich teile allerdings nicht ganz alle Deine Sichtweisen.

    Auf beunruhigend Weise erinnern ‘Smart City’-Entwürfe an diverse historische Versuche, Städte am Reißbrett zu entwerfen. Diese Art von Planstadt (oder Stadt nach Plan) hat sowohl in sozialistischen als auch kapitalistischen Experimenten der Nachkriegsjahre nicht funktioniert, und zu tristen, grauen und statischen Wohnsilos geführt, denen alles fehlt, was Städte liebenswert macht.

    So ist es z.B. nicht ganz so, dass sämtliche Versuche eine Stadt am Reissbrett zu entwerfen komplett in die Hose gegangen sind (siehe. z.B. St. Petersburg (auch wenn das jetzt kein Beispiel für Nachkriegsarchitektur ist)). Es ist aber auch klar, dass je größer und komplexer die Aufgabe, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sowas in die Hose geht. Ich sag mal nur BER. Letztendlich steckt hinter den ganzen Smart City Überlegungen vorallem die Feststellung, dass der Platz und die Ressourcen hier auf diesem Planeten beschränkt ist. Und da die Raumfahrt technologisch nicht minder komplex und auch energietechnisch im Moment zumindest noch vergleichsweise eingeschränkt ist, bleibt bei diesem Bevölkerungswachstum derzeit mehr oder minder erstmal nur „Komprimierung“, also höhere Effizienz, weniger Platz etc. Dass die in Deinem Post vorgestellten Beispiele zu diesem Zweck in der Mehrheit eventuell nicht so richtig taugen mögen seh ich ähnlich, aber naja jeder hat da so eigene Vorstellungen wie die Welt funktioniert. Ich denke mal, dass wenn da so ein paar Projekte erstmal richtig vergurkt sind, wird sich das alles eventuell etwas relativieren. Wenn ich nur an die Vernetzung/Verkabelung der ganzen Sensortechnik denke wird mir schon schwindelig. Utopische Entwürfe können ja auch, wenn nicht unbedingt schön, manchmal zumindest ganz interessant anzusehen sein. Und manches wird ja dann auch eventuell realisiert. Eine Frage ist also vorallem auch in welchem Masstab/Anzahl hier wie und welche „Utopien“ verwirklicht werden. Und wie Du schon in Deinem Post herausstellst ist dann die Frage, wie das menschliche/tierische Zusammenleben und die Ökonomie hierbei funktioniert vergleichsweise wichtig. Ja, die Infrastruktur und Architektur (als „Aufbereiter“ von Lebensraum) spielt da vielleicht nicht eine ganz so grosse Rolle, wie manche denken. Das sieht man z.B. auch an der „Entvölkerung“ vieler europäischer Innenstädte.

  6. Ein sehr guter Text der mir aus der Seele spricht.

    So wie es derzeit abläuft sind alle „Smart City“-Aktivitäten nichts anderes als Verteilung von unserem Steuergeld an IBM, Siemens und Cisco.

    Meine Heimatstadt Wien will da natürlich nicht hinten an stehen und setzt voll auf die Thematik: https://smartcity.wien.gv.at/site/

    Da werden viele Projekte umgesetzt und verdammt viel Geld ausgegeben, nur lebenswerter oder nachhaltiger für Menschen wird die Stadt dadurch nicht.

  7. Finde ich einen sehr guten Post, auch wenn die Wirklichkeit natürlich wie leider so oft komplexer ist. Die Bücher von Townsend und Greenfield beschreiben sehr gut die Gegenseite der Hochglanzprospekte, trotzdem gibt es (nach 5+ Jahren Forschung) etwa 300+ Projekte in D, EU und int´l, die im Kern „SmartCity“ aufweisen, nämlich die Fragen wie wir mit weniger Ressourcen besser klarkommen… Wenn ich dazu natürlich ein IT-Unternehmen frage, was denn die Lösung sein kann, dürfte die Antwort klar sein. Wenn ich einen Hammer habe, sieht alles wie ein Nagel aus…

    Das wirklich erschreckende (und Hintergründige) ist jedoch die fehlende Perspektive von Politik und Gesellschaft: Die Frage, wie wird denn die Stadt der Zukunft aussehen, ist nämlich die falscheste, die es gibt im Moment und zeugt von großer Hoffnungslosigkeit in der Gestaltung unserer Zukunft. Richtiger muss es heissen, wie wollen wir denn in der Stadt von morgen leben und arbeiten? Gemäß der Folgerung (gut, das nächste ist jetzt überspitzt), füllen die SmartCity-Enthusiasten nur das „geistige“ Loch unserer Zeit. Nach den großen Diskussionen zur Kernkraft und gegen Plastiktüten haben wir verlernt, die großen Leitlinien unserer sozio-technischen Entwicklung nach vorne zu projizieren. Es ist aber auch interessant, wieviel Widerstandskraft eine Gesellschaft zum Erhalt eines StatusQuo aufbringen kann. Man muss nur mal in die Geschichte gehen und nachforschen, wie denn die Menschen zur Einführung von Straßenleuchten, dem Automobil, der Eisenbahn oder der Kanalisation standen.
    tl;dr: Es bringt nichts um SmartCity und technische Dystopien zu ringen, wenn in den Köpfen weder Gestaltungswillen noch Experimentierfreudigkeit für die Zukunft existieren. Zentral ist für mich nicht das „Was“, sondern das „Wie“. Die Fähigkeit von Städten sich zu verändern in Zukunft, wird entscheidend für das 21. Jahrhundert sein…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.