Auch nachdem man in BND und Verteidigungsministerium zwei mutmaßliche amerikanische Spione gefunden hat, sein Missfallen ausgedrückt, den Repräsentanten der amerikanischen Geheimdienste gebeten hat, das Land zu verlassen und diplomatische Verstimmtheit auf amerikanischer Seite erzeugt hat, reißen die Spion-Geschichten nicht ab:
Der Spiegel berichtet es gebe noch mehr neue Fälle als den des CDU-Mann Kiesewetter, bei denen wahrscheinlich Handys ausgespäht wurden. So wie Steffen Bockhahn, Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium der letzten Legislatur:
Die engste Mitarbeiterin des Linken-Politikers Steffen Bockhahn bemerkte demnach am 30. Juli 2013 Manipulationen an ihrem Handy. Unbekannte sollen den gesamten SMS-Verkehr zwischen ihr und Bockhahn durchforstet haben. Außerdem sollen die unbekannten Angreifer gezielt nach Dienst-E-Mails mit Bezug zum Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages gesucht haben.
Außerdem verkündet die Bild am Sonntag unter Berufung auf „US-Geheimdienstkreise“, es gebe noch weitaus mehr als die beiden bisher aufgedeckten Spione. Über ein Dutzend sollen für die CIA in deutschen Einrichtungen tätig sein, vor allem in den Ministerien Verteidigung, Wirtschaft, Inneres und Entwicklungshilfe.
Ob irgendwann außer der Ausweisung amerikanischer Diplomaten noch wirksame Konsequenzen gezogen werden, wie etwa die Aussetzungen der TTIP-Verhandlungen, bleibt zu bezweifeln. Merkel steht immer noch hinter den Verhandlungen und macht im ZDF-Sommerinterview auch deutlich, dass Deutschland mehr von dessen Zustandekommen profitieren würde als die USA. Heute werden sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein amerikanischer Kollege John Kerry zu Gesprächen treffen, dabei setzt Steinmeier auf gute Partnerschaft und die „tatkräftige Mitarbeit“ der USA:
Ich setze darauf, auch in den Gesprächen, die wir jetzt führen, dass alle Verantwortlichen bereit sind, dabei mitzumachen, und die transatlantische Freundschaft zwischen Deutschland und den USA ehrlich neu beleben.
> Die engste Mitarbeiterin des Linken-Politikers Steffen Bockhahn bemerkte [..]
Und jetzt stelle man sich einmal vor, die US-Dienste würden (über Umwege, die plausible Abstreitbarkeit ermöglichen ..) der Kanzlerin Wissen andienen, das sie nach den Regeln unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gar nicht haben dürfte und das man „Herrschaftswissen“ über den politischen Gegner nennt. Und dann stelle man sich vor, welches Interesse die Kanzlerin und ihre Zuträger daran haben würden, ein solches „Wissensmanagement“ abzustellen ..
Natürlich ist das unerhört, spekulativ und eine „infame Unterstellung“ – Fakt ist, dass so ein Szenario selbstverständlich ein Mittel der Politik-Beeinflussung ist, das in Geheimdienstkreisen alles andere als unbekannt ist. Wenn das in einem Land wie Deutschland angewendet wird, dann existieren garantiert mehrere „personelle Brandmauern“ deren Karrieren vorher in Flammen aufgehen, bevor Frau Merkel oder ein anderes Regierungsmitglied eingestehen müsste, dass die Macht der Regierung Merkel auch auf illegalem Wissen von US-Diensten fußt. Aber das sind technische Details der Implementierung: Wenn das Spionieren fremder Dienste im „Freundschaftsfall“ großzügig übersehen wird, dann stellt sich doch immer die Frage, wem dieses Wissen später zugute kommt. Und da kann der Bespitzeler selbstverständlich in den Hinterzimmern der Politik nach eigenen Vorstellungen mitgestalten.
Ich weiß, dass das FUD ist, weil sich eine Einflussnahme der US-Geheimdienste auf die deutsche Politik durch illegitime/illegale, selektive Informationsweitergabe nicht beweisen lässt. Wenn wir aber davon ausgehen, dass in den vergangenen Jahrzehnten offenbar sehr großzügig weggesehen wurde, muss man die Frage stellen, wie wurden die „Wegseher“ belohnt und ob die stets übermächtige CDU/CSU nicht auch eine Folge geschickter und gut getimter Schwächungen, Intrigen und Spaltungen der politischen Wettbewerber (ich denke nur an die Kampagne gegen Steinbrücks Vorträge ..).
Vom Ende her Gedacht ist das alles andere als undenkbar und vermutlich noch nicht mal besonders unwahrscheinlich.