Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas hat laut spiegel.de einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Nutzern das Aussteigen aus Verträgen mit Internetunternehmen nicht mehr nur schriftlich, sondern auch in Textform ermöglichen soll. Außerdem soll Verbraucherschutzverbänden das Klagen gegen Internetkonzerne wegen Datenmissbrauchs ermöglicht werden. Bisher waren Klagen von Organisationen nur dann möglich, wenn Geschäftsbedingungen gegen Datenschutzrecht verstoßen haben. Privatnutzer, deren Daten in einem konkreten Fall missbräuchlich von Unternehmen genutzt wurden, hatten nur die Möglichkeit, selbst gegen die Rechtsverletzung vorzugehen. Das stellt aber eine praktisch kaum zu überwindende Hürde für einen einzelnen Verbraucher dar und es kam folglich kaum zu realen Sanktionen. Staatssekretär im Verbraucherministerium Gerd Billen, sagte der dpa zur Motivation der Neuregelung:
Verbraucher sind in vielen Fällen überfordert, sich alleine gegen ein großes Unternehmen durchzusetzen […] Ziel ist, schlagkräftiger gegen zweifelhafte Angebote vorzugehen.
Die jetzt vorgesehene Änderung entspräche den Zielsetzungen aus dem Koalitionsvertrag, dem zufolge bessere Möglichkeiten geschaffen werden sollen, gegen Datenmissbrauch im Internet vorzugehen. Dieses Ziel hatte Maas bei seiner Kabinett-Youtube-Vorstellung im März (ab 2:40) nochmals hervorgehoben:
Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, dass nicht jeder selber gegen die große Macht von Google oder anderen einen Rechtsstreit anfangen muss, sondern das sollten Verbraucherschutzverbände tun.
Maas sagte dem Spiegel gegenüber er erhoffe sich von einem effektiveren Klagerecht eine Sensibilisierung der Unternehmen für den Umgang mit Kundendaten, da diese nun nicht mehr darauf hoffen könnten, ungeschoren davonzukommen. Eine erfreuliche Nachricht und ein notwendiger erster Schritt. Wie sehr man sich wirklich freuen darf, können wir aber erst beurteilen, wenn uns der Wortlaut des Gesetzesentwurfes vorliegt, auf den sich der Spiegel beruft.
Die Frage ist: Welche Verbände erhalten Befugnis und verlieren dadurch einzelne Menschen die eigene Klagemöglichkeit?
Im Falle der Barrierefreiheit im Internet zeigte genau dies fatale Wirkungen: Die Verbände und auch die Behindertenbeauftragten sind meist dem Wirtschaftsministerium untergeordnet und erhalten von diesem Gelder. Dies macht sie abhängig. Auch für nicht direkt den Ministerien zugeordneten Verbänden gibt es eine gewisse Abhängigkeit, da alle Verbände abhängig von den Geldtöpfen der Ministerien sind.
In Folge dessen gibt es so gut wie keine Verbandsklagen gegen staatliche Einrichtungen, für die entsprechende Umsetzungsfristen und Anforderungen hinsichtlich Barrierefreiheit gab.
Wird es nun im Rahmen des Verbraucherschutzes genauso kommen, bedeutet dies das Gegenteil dessen was man von dem Gesetz erwartet:
Der einzelne Bürger wird entrechtet und die Verbände werden aus Gründen der Abhängigkeit nicht klagen. Spätestens dann wenn ein Verbraucherschutzverband gegen die SCHUFA oder gegen die Praxis der Meldeämter klagen würde, würde die Politik dem Einhalt bieten :(
„…nicht mehr nur schriftlich, sondern auch in Textform ermöglichen soll“
Wie meinen?
Meint digital statt Internetausdrucker-Papier-artig.
Oder auch … Schriftform = Brief keine E-Mail, Textform = E-Mail oder Brief, einfach gesagt.
.ich habe schon oft etwas gegen Firmen machen lassen, die meine Daten missbraucht haben. Ich hatte in jedemeEinzelfall Erfolg. Das alles mit Hilfes des Datenschutzbeauftragten des entsprechenden Bundeslandes. Es ging dabei immer um den Missbrauch meiner Kontodaten. Die Abstellung dauerte jeweils nur wenige Wochen.
Das hat in der Filterblase aber keinen interessiert und wird es wohl auch weiterhin nicht …
Zwar eine erfreuliche Nachricht, aber das hat viel zu lange gedauert. Und diejenigen, die es absichtlich so lange hinausgezögert haben, kommen selber ungeschoren davon.
Der wohl entscheidendste Grundsatz eines Rechtsstaates sollte doch wohl sein, dass alle vor dem Gesetz gleich sind. Minister Maas kündigt hier aber gerade an, wieder einige gleicher zu machen. Ob das im Einzelfall hilfreich ist oder nicht, ist für die Beurteilung dieses Vorschlags irrelevant. Wer den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt, bei dem kann nichts Gutes herauskommen.
du hast die Verbandsklage falsch verstanden:
Allgemein kann man nur abmahnen bzw. später klagen, wenn man selbst betroffen ist.
Es existieren schon einige Möglichkeiten für Verbandsklagen, z.B. im Naturschutzrecht. Dort kannst du als anerkannter Naturschutzverband gegen Planstellungsverfahren klagen. (mehr Bsp hier [1]).
Die Verbraucherzentralen durfen bisher nicht bei datenschutzrechtlichen Sachen. [2][
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Verbandsklage#Naturschutzrecht
[2] http://www.gesetze-im-internet.de/uklag/__2.html
Richtig beschrieben. Nur habe ich eben gerade nicht falsch verstanden. Denn genau das meinte ich ja. Rechtsgrundsatz ist: Klagen kann nur, wer auch beschwert ist, spricht betroffen ist.
Wenn mein Nachbar betrogen wurde, kann nicht ich gegen den Betrüger klagen, das kann nur mein Nachbar – wenn er denn möchte.
Nur wenn man gleicher ist, also einer privilegierten politischen oder gesellschaftlichen Gruppe angehört, gelten plötzlich andere Gesetze. Ob das im Einzelfall vielleicht sogar zu einem guten Ergebnis führt ist vollkommen irrelevant. Wenn nicht mehr der Grundsatz, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, gilt, dann ist der Rechtsstaat am Ende.