EDRi: Netzneutralität aus Sicht kleiner Unternehmen

Das offene und neutrale Internet

Der Erfolg des Internets liegt hauptsächlich darin begründet, dass Schöpfer, Innovatoren und Aktivisten in einen gleichberechtigten Kontakt mit allen Menschen treten können, die das Internet benutzen. Alle Kommunikationswege erfahren keine Diskriminierung. Dies hat zu einem hohen Maß an sozialem Wert, kulturellen Gelegenheiten und kommerziellen Vorteilen geführt

Dies wird nun bedroht. Durch sehr unklare Formulierungen, die die Europäische Kommission in der Netzneutralitätsrichtlinie vorschlägt, werden wir nun gebeten, den wichtigsten Faktor für den Erfolg des Internets zu beerdigen – anscheinend nur, um den engstirnigen und fehlgeleiteten finanziellen Interessen einer kleinen Zahl von ehemals monopolitischen Telekommunikations- und quasi-monopolitischen Online-Unternehmen zu dienen.
 
Das geschlossene Internet

Bereits jetzt sehen wir, dass Telekommunikationsunternehmen wie AT&T Unternehmen wie Google anbieten, die Kosten für den Zugriff auf ihre Inhalte auf mobilen Endgeräten zu “sponsern”. BürgerInnen haben damit eine Wahl: Entweder greifen sie auf die Angebote von großen Unternehmen wie Google kostenlos zu, oder verwenden einen neuen, innovativen Service eines kleineren Anbieters gegen Bezahlung. Genauso stellt sich für sie die Frage, ob sie lieber über “gesponserte” Facebook-Dienste miteinander kommunizieren sollten, oder ob sie versuchen mit Menschen in Kontakt zu treten, die Geld dafür bezahlen müssen, ihre Nachrichten zu lesen. Dieser Trend hat gerade erst begonnen, aber die Richtung ist klar: Die Dominanz des Oligopols, eine marginalisierte Entscheidungsgewalt der KonsumentInnen und die Zerstörung des Fundaments für Innovation in Europa.

Die Hälfte der NutzerInnen von mobilem Internet in Europa ist, laut einer unabhängigen Analyse von BEREC, bereits von Verletzungen der Netzneutralität durch ihre Anbieter betroffen. Die Europäische Kommission schlug im September 2013 eine Richtlinie mit dem Namen “Telecom Single Market” vor, welche das Prinzip der Netzneutralität de facto auflösen würde, während sie sich damit schmückt, es zu schützen. Am 24. Februar 2014 wird der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments (ITRE) darüber entscheiden, die bürokratische, komplizierte und inkohärente Richtlinie zu unterstützen, oder Meinungsfreiheit, Innovation und Wettbewerb in Europa zu verteidigen.

Kleine Unternehmen brauchen ein offenes und neutrales Internet

Heute kann jedes kleine Unternehmen sich im Internet darstellen und gleichberechtigten Zugriff auf ein Netzwerk mit unzähligen potenziellen KundInnen haben. Über “gesponserte” Verträge oder chaotisch regulierte “spezialisierte Dienste” können sich große Anbieter einen priviligierten Zugang zu den KundInnen eines Internetanbieters kaufen. Dadurch gehen Anreize für die Gründung von Startups und für Innovationen verloren, der Wettbewerb wird verzerrt und der Zugang zum Markt wird erschwert. Dies wird nicht nur den Online-Wettbewerb zerstören, sondern auch zu einer Konsolidierung des Telekommunikations-Marktes führen, die kleine und mittlere Unternehmen noch weiter benachteiligen wird. 56% aller Angestellten im Informations- und Kommunikationsbereich in Europa arbeiten bei kleinen und mittleren Unternehmen. Eine solche Konsolidierung würde Millionen von Arbeitsplätzen gefährden.

Europas digitale Industrie benötigt ein offenes und neutrales Internet

Lizenzierungsprobleme haben bereits große Hindernisse bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die Verbreitung von kulturellen Inhalten im Internet geschaffen.  .  Wenn Netzbetreiber als “Torwächter” agieren dürfen, die entweder explizit um Erlaubnis gefragt oder bezahlt werden müssen um Zugriff auf KundInnen zu erhalten, würde dies in einer Zeit, in der alte Marktbarrieren wegfallen zu neuen Hindernissen führen. Die Unternehmen, die gerade gegen ein offenes und neutrales Internet lobbyieren, benötigen das offene und neutrale Internet. Die großen Telekommunikationsunternehmen haben regelmäßig gegen Maßnahmen gekämpft, welche Wettbewerbsfähigkeit ermöglicht und unterstützt haben. Der Wettbewerb und die Innovationen, die aus diesen gescheiterten Versuchen entstanden sind, waren von hohem Nutzen für BürgerInnen wie für Unternehmen und haben zudem zu einem großen Wachstum im Telekommunikationsmarkt geführt. Ohne eine politische Führung, die sich für offene Märkte einsetzt, verlieren alle.

4 Möglichkeiten, wie Sie handeln können:

  1. Nehmen Sie Kontakt zu den Mitgliedern des Europäischen Parlamentes auf und informieren Sie sie über Ihre Sorgen bezüglich des Richtlinien-Vorschlages (Kontaktinformationen: MemoPol von La Quadrature du Net, SaveTheInternet.eu.
  2. Lassen Sie uns als CEO eines Internet-Unternehmens Ihr Statement für Netzneutralität zukommen.
  3. Schreiben Sie einen offenen Brief, finden Sie UnterstützerInnen in Unternehmen und senden Sie ihn an die Mitglieder des Industrieausschusses.
  4. Bewerben Sie die Kampagne SaveTheInternet.eu in Ihren Netzwerken. Banner und Widgets sind auf der Seite verfügbar.

Der obige Text ist eine direkte Übersetzung des englischsprachigen EDRi-Papers. Die deutschsprachige PDF findet sich hier.

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2 Ergänzungen

  1. Auf welche aktuelle europäische „Netzneutralitätsrichtlinie“ bezieht sich denn der Text? Danke für die Info!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.