Die digitale Zivilgesellschaft ist auf Twitter. Alle anderen sind bei Facebook.

Abbildung 1: Die Zahl der Twitter-Follower und Facebook-Fans ausgewählter Akteure der digitalen Zivilgesellschaft in Deutschland

Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2014 zum Thema „Digitale Gesellschaft“ wurde ich eingeladen, einen Beitrag zum dortigen „Experten-Blog“ beizusteuern. Im folgenden eine leicht adaptierte Fassung.

Ende 2013 zählte Facebook in Deutschland 25 Millionen monatliche Nutzer, von denen 19 Millionen sogar täglich aktiv sind. Für Twitter stammen die letzten Zahlen aus 2012 und belaufen sich auf gerade einmal 2,4 Millionen aktive Nutzer. Selbst bei einem (optimistisch geschätzten) Wachstum von 50 Prozent bei Twitter seit 2012 dürfte es damit in Deutschland heute immer noch knapp neun Mal mehr Facebook- als Twitter-Nutzer geben. Für die digitale Zivilgesellschaft in Deutschland sind diese Zahlen ein Problem: ihre wichtigsten Akteure sind nämlich auf Facebook gar nicht zu finden oder kaum präsent, sie tummeln sich stattdessen auf Twitter (siehe Abbildungen 1 und 2).

Abbildung 2: Verteilung des Nutzungsverhaltens von Twitter und Facebook in der digitalen Zivilgesellschaft und in der deutschen Bevölkerung (Schätzung)
Abbildung 2: Verteilung des Nutzungsverhaltens von Twitter und Facebook in der digitalen Zivilgesellschaft und in der deutschen Bevölkerung (Schätzung)

Entscheidend für den Erfolg politischer Mobilisierungsprozesse im Allgemeinen und für soziale Bewegungen im Besonderen ist es, (vermeintlich) unbeteiligte Dritte für ein Anliegen zu interessieren und schließlich zu Engagement zu bewegen. Schafft es eine soziale Bewegung dauerhaft nicht, über den harten Kern an überzeugten Aktivisten hinauszuwirken, wird ihr Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklung eng begrenzt bleiben. Entscheidend dafür, zunächst noch Unbeteiligte für eine Sache zu gewinnen, ist diese dort abzuholen, wo sie stehen. Das bedeutet im übertragenen Sinn Themen so aufzubereiten – zu framen – dass sie auch für jene anschlussfähig sind, die sich zuvor kaum mit ihnen auseinandergesetzt haben. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dort hinzugehen, wo potentielle Unterstützerinnen und Unterstützer sich aufhalten.

Aus Perspektive der digitalen Zivilgesellschaft ist die Situation deshalb ernüchternd: Zwar ist mittlerweile die Mehrheit der deutschen Bevölkerung im Internet potentiell erreichbar. Allerdings gelingt es zentralen Akteuren der digitalen Zivilgesellschaft nicht, diese auch zu erreichen. Das ist besonders bitter, weil Sascha Lobo bereits 2011 auf die enorme Bedeutung von Facebook im Vergleich zu allen anderen Webseiten hingewiesen und das ganze mit einer anschaulichen Infographik illustriert hatte:

Lobo-size_social_media_detail-CC-BY

Seit damals ist nicht viel passiert; zivilgesellschaftliche Mobilisierung läuft kaum über Facebook. Was sind die Gründe dafür, dass die digitale Zivilgesellschaft Facebook seit Jahren ignoriert? Der Hauptgrund ist ein eigentlich grundsympathischer: Wie soll man glaubwürdig für Datenschutz und gegen Überwachung eintreten und gleichzeitig eine Plattform nutzen, ja vielleicht sogar dort für Werbung bezahlen, deren Geschäftsmodell es ist Daten ihrer Nutzer zu Geld zu machen? Es sind Überlegungen wie diese, weswegen Organisationen wie der Chaos Computer Club oder Digitalcourage Facebook aus Prinzip meiden.

Aber auch kompromissbereitere Akteure wie netzpolitik.org oder der Digitale Gesellschaft e. V. verfügen auf Facebook (netzpolitik.org / digiges) nur über einen Bruchteil der Fans verglichen mit Twitter (13% bzw. 35%). Es hat also den Anschein, als „könnte“ die digitale Zivilgesellschaft in Deutschland kein Facebook. Mitverantwortlich dafür ist wahrscheinlich auch der geringe Professionalisierungsgrad der netzpolitisch tätigen Vereine in Deutschland – die parallele und professionelle Bespielung verschiedener Social-Media-Kanäle samt A/B-Tests und gezielt-differenzierten Botschaften lässt sich als „Hobby-Lobby“ einfach nicht bewerkstelligen (vgl. dazu auch den Netzpolitik-Podcast „Vom Ende der Hobby-Lobby“).

 

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

48 Ergänzungen

  1. Das Hauptproblem ist doch, dass für viele Menschen Twitter viel zu hektisch ist. Sobald ich mehr als 20 aktiven Leuten dort folge explodiert meine Timeline ja regelrecht. zusätzlich sind die Informationen natürlich ziemlich spärlich und nicht jeder kann was mit Hashtags anfangen. Es sollten viel mehr politische Aktivisten auf Facebook zu finden sein, einfach weil es für den 08/15-Interessenten bequemer ist.

    1. Das Hauptproblem an Facebook ist, dass der Algorithmus vollkommen intransparent ist, wie die Zeitleiste zustande kommt. Ich folge bei Twitter rund 1000 Menschen und komme mit Tools wie Tweetdeck seit Jahren perfekt damit klar, das zu managen. Und trotzdem zu wissen, dass ich nichts verpasse, wenn ich das will (und Zeit habe). Bei Facebook hat man das Gefühl, dass gewürfelt wird, was einem angezeigt wird. Und es gibt keine Tools wie Tweetdeck, die beim Infomanagement helfen.

      1. Gilt das auch, wenn Du die Sortierung Deines Facebook-Feeds von „Hauptmeldungen“ auf „Neueste Meldungen“ umstellst? Soweit ich es verstehe, ist die Sortierung dann einfach chronologisch.

      2. Facebook ist auch kein soziales Netzwerk mehr, sondern ein kommerzielles. Facebook zeigt Artikel nicht nach Relevanz an, sonder danach wie viel dafür gezahlt wurde.
        Die Piraten haben die Erfahrung gemacht, daß Facebook-Artikel für die nicht bezahlt wird, um den Faktor 100 weniger Aufrufe haben. Wer bei Facebook nicht zahlt, kann es gleich lassen.

  2. Digitale Hetze und Mobbing gegen Minderheiten funktioniert auf FB dagegen leider perfekt (auch ohne A/B Tests) :-(

  3. Was sind die Gründe dafür, dass die digitale Zivilgesellschaft Facebook seit Jahren ignoriert?

    Facebook ist ein Laden, der sich von Anfang an einen feuchten Dreck um seine User geschert hat. Die AGBs sind eine Unverschämtheit, die privacy-Einstellung eine Zumutung, und es wird mit jeder Änderung schlimmer.

    Jeder der etwas Ahnung von der Materie hat, läßt die Finger davon.

  4. Es hat also den Anschein, als „könnte“ die digitale Zivilgesellschaft in Deutschland kein Facebook.

    Gegenhypothese: Leute, die sich auch nur ansatzweise für Netzpolitik und/oder Technik interessieren meiden Facebook wegen der bekannten Probleme.

  5. Dass es keinen großen netzpolitischen Player auf Facebook gibt ist wirklich tragisch. Dabei kann Politik auf Facebook durchaus gut ankommen, wie der Deutsche Hanfverband mit mehr als 90.000 Likes zeigt.

  6. Ich frage mich ja viel mehr, wieso die „Leute, die sich auch nur ansatzweise für Netzpolitik und/oder Technik interessieren“ zwar auf Facebook einschlagen, aber Twitter toll finden, obwohl Twitter dieselben strukturellen Probleme hat. Und mit GNU social ( http://gnu.io/ bzw. https://www.gnu.org/software/social/ ) gibt es eine voll funktionierende Alternative ohne kommerzielle Firma im Hintergrund, wo die Daten Kontrolle bleiben.

  7. Ein Grund für den mäßigen Erfolg von Twitter – auch in der (Netz-)Politik ist die Lernkurve: Wer sich bei Facebook anmeldet, bekommt gleich 10 Freunde/innen vorgeschlagen und hat sofort einen „Wow-Effekt“. Es geht steil los, und erst später setzt dann die Langeweile ein. Bei Twitter ist es umgekehrt: Man muss sich mühsam sein Netzwerk zusammensuchen – und der Netzwerkeffekt (also der Zeitpunkt, an dem es beginnt, Spaß zu machen) kommt erst relativ spät.
    Und außerdem bleibt die Frage: Muss (Netz-)Politik in einem „Massenmedium“ wie Facebook funktionieren, oder ist der Signal/Rausch-Anteil in einem „Eliten-Medium“ wie Twitter nicht viel vorteilhafter?

  8. Es wurde schon angedeutet: Werden manche womöglich Interessierte (wie Ich z.B.) vielleicht deswegen nicht erreicht, weil sie zwar im Internet unterwegs bzw. digital zu Hause sind, aber eben nicht in hermetisch geschlossenen kommerziellen Netzwerken wie Facebook, Twitter (… Compuserve, AOL?)

    Diese Diskussion ist leider viel zu spät dran, geführt zu werden, weil sich inzwischen wohl schon zu viele Menschen aus einem ehemals offenen Internet in geschlossene (Werbe-) Räume verabschiedet haben.

  9. Man sieht hier schon an den Komentaren wo das Problem liegt.
    „Auf Facebook sind die Doofen.“
    „Leute, die sich auch nur ansatzweise für Netzpolitik und/oder Technik interessieren meiden Facebook wegen der bekannten Probleme.“
    „Jeder der etwas Ahnung von der Materie hat, läßt die Finger davon.“

    Das nennt man Filterblase. Natürlich sind die Leute die sich mit Netzthemen nicht gut auskennen sehr ungerne auf Twitter. Aber GENAU DESSWEGEN muss man dort sein, weil alle anderen DIE ZIELGRUPPE sind. Wir bekämen mit Sicherheit einen Aufschwung auch an Leuten, die sich für Orga begeistern ließen, würden wir Facebook intensiver nutzen.

    Ich benutze Facebook auch nur unter Pseudonym. Aber ich benutze es. Weil dort die Leute sind die ich ansprechen will.

    1. * Natürlich sind die Leute die sich mit Netzthemen nicht gut auskennen sehr ungerne auf Facebook.

    2. Um dem noch eins drauf zu setzen: Bereits die Wortwahl im Titel des Artikels trotz vor Arroganz. Da ist auf der eine Seite die „digitale Zivilgesellschaft“ und auf der anderen Seite – ja, was denn? – die „tumbe Masse“, der „analoge, unzivilisierte Rest“?

      Da kann ich nur sagen: Mit dieser Attitüde ist es keine Frage des Mediums, ob man Relevanz erreicht. Die Innenwahrnehmung der Filterbubble ist „progressive Elite“, die Außenwahrnehmung: Nerds. Der vorprogrammierte Fail.

  10. Ich habe auch ein wenig das Gefühl, dass 80% der Kommentatoren den Artikel nicht gelesen hat …

    Twitter und die ganzen anderen kleinen Netzwerke sind alle ganz nett. Aber im Gegensatz zu Facebook Spielzeug, wenn es darum geht die Masse zu erreichen und im besten Fall zu mobilisieren. Am nächsten dran kommt da vielleicht noch YouTube. Aber das ist noch mal ein ganz eigenes Thema.

    Ich verstehe dass grundsätzliche Argument sich Facebook aus datenschutzrechtlichen Gründen zu verweigern oder nur lieblos zu benutzen, nur bedingt. Zum einen weil ich auch außerhalb von Facebook sehr gut überwacht werde. Zum anderen, nur weil ich Facebook als Tool nutze, ich Interessierte nicht dazu zwinge all ihre persönlichen Daten offenzulegen. Man kann Dinge nutzen und trotzdem gleichzeitig für deren Verbesserung kämpfen. Es soll ja auch Umweltschützer geben, die hin und wieder ein Auto benutzen.

    Das Problem geht aber noch weiter. Denn neben Facebook gibt es ein noch viel wichtigeres Kommunikations-Instrument: Den guten alten Newslettern. Von den großen netzpolitischen Gruppen findet sich ein Hinweis zum Abo auf der Startseite nur bei EDRi und D64 (die nutzen dafür dann aber auch gleich Mailchimp). Beim CCC, Digitalcourage, AK Vorrat, AK Zensur, Netzpolitik.org und DigiGes muss ich lange nach suchen oder es wird überhaupt nicht angeboten. So kann man seine Unterstützerbasis kaum direkt informieren, ausbauen und erstrecht nicht binden.

    (Ja klar. Das kostet alles Zeit und Ressourcen, die alle sehr knapp vorhanden sind.)

    1. Gute Argumentation, das sehe ich auch so. FB zur Information / Mobilisierung zu nutzen, heißt nicht, es in allen Belangen toll zu finden. Auch den Hinweis auf die (größtenteils fehlenden) Newsletter finde ich sehr wichtig. Dieser Informations-Klassiker wird von uns Netzauskennern ja gerne unterschätzt. Dabei kann man Newsletter doch so schön ausdrucken :o)

      (Frage am Rande: Was ist jetzt an Mailchimp nicht gut? Datenspeicherung in den USA?)

    2. Sehe ich nicht so, Netzpolitik auf Twitter ist wie ein Umweltschützer, der Auto fährt, Netzpolitik auf Facebook ist als ob Captain Paul Watson Spenden sammelt beim Hochseefischen: mag schon sein, dass er ein paar neue Spender findet, aber er wird auch viele alte Spender und Weggefährten verlieren.

        1. Das liegt aber vor allem an der gänzlich unterschiedlichen Nutzung. Bei twitter schickt man kurze Textschnipsel herum, meistens mit Verweisen auf andere Seiten, für die meisten ist es eine Art Newsfeed.
          Bei Facebook dokumentieren die meisten Nutzer ihr komplettes soziales Leben und Netz. Bezüglich Privatsphäre ist das wesentlich kritischer.
          Würde man Facebook so wie twitter nutzen wäre es auch nicht so kritisch, nur ist es halt völlig sinnlos es so zu machen – twitter kann twitter einfach besser als Facebook.

      1. @ Markus
        Natürlich liegt es am Image, aber Image bedeutet hier auch sehr, sehr viel. Wenn der WWF einen Imageschaden erleidet, weil herauskommt, dass er mit Leuten packtiert, die sich eher mit dem Gegenteil, als dem schützen von Um- und Tierwelt beschäftigen, dann kann dieser Schaden ( zu Recht!) verheerend sein.
        Es geht darum ernstgenommen zu werden, das ist bei so einem Thema existentiell würde ich meinen.

      2. @ A.Nonymous
        Twitter ist in meinen Augen und wie ich es nutze ein Newsticker. Dann kann man sich noch glänzend unterhalten, wenn man zum Tatort lustige Tweets schicken und lesen will – muss man aber nicht :-)

        Natürlich sind auf Facebook wahnsinnig viele User, aber der Großteil sind Leute, die sich nur mit sich beschäfftigen und sich auch nicht ansatzweise für andere interessieren….und schon gar nicht für Netz- oder eine andere Politik. Und der überwiegende Teil vom Rest versucht Facebook für Werbung zu nutzen, ob das jetzt ein Autohaus oder ein Tierheim ist….dass man dazu auch auf Antworten von „Feunden“ eingehen muss, haben die aller meisten nicht begriffen. Also ich weis einfach nicht, ob sich da tatsächlich so viele Leute tummeln, die man ansprechen kann …..und will.

  11. Andere Bewegungen kriegen das mit der Facebook-Bewegung besser hin: Die Montagsdemos sind dort massiv aktiv (wie ich jetzt selber lernen durfte). Warum kriegen das ausgerechnet Digitalaktivisten nicht auf die Kette?

  12. Ich verstehe nicht, warum Facebook aufgrund Datenschutz, usw. nicht genutzt wird, aber die Nutzung von Twitter vollkommen bedenkenlos OK ist.
    Twitter macht doch auch Profiling&Co und nach dem Börsengang steigt jetzt sicherlich der Druck, das auszubauen, um die Werbeerlöse zu steigern. Datenschutz hat auch bei Twitter keine hohe Priorität. Außerdem denke ich an die Einschränkung von App-Entwicklern, die jetzt ihre App nur noch an eine begrenzte Anzahl von Nutzern ausgeben können. Nur damit mehr User die Werbung in der Original Twitter-App zu sehen bekommen.
    Insofern verstehe ich die Logik nicht, dass man statt Facebook Twitter nutzt aufgrund der Datenschutzprobleme bei Facebook.

    Zum direkten Thema: Die Folgerung wäre die Nutzung von Diensten wie App.net, wo man aber nur noch eine sehr, sehr kleine Gruppe von Menschen erreichen würde. Meiner Meinung nach, muss man da einfach Kompromisse eingehen und wenn man seine Bedenken über den Dienst trotzdem deutlich formuliert, sehe ich da auch kein Problem darin.

    1. Natürlich betreibt Twitter ähnlich löchrigen Datenschutz, aber es gibt einen riesigen Unterschied:
      Die Tweets sind ohnehin für alle lesbar und damit ist einem von vornherein klar, dass man nur Informationen tweetet, die man öffentlich rausposaunen würde.
      Bei Facebook aber wird einem vorgegaukelt, dass man seine Daten privat halten kann und nur mit „Freunden“ teilt. Damit ist der Ottonormaluser durchaus verleitet, über Facebook viel intimere Informationen auf die Facebook-Server hochzuladen. Das macht das Facebook-Profiling damit auch um einiges gefährlicher, weil sie viel detailliertere Informationen über jeden User haben.

      Letztendlich kommt es aber auch auf den Verein an:
      Würde der CCC Facebook benutzen, wäre er für mich persönlich nur noch eine Lachnummer, wohingegen die Digitale Gesellschaft dort durchaus vertretbar ist.

      1. Bei Facebook aber wird einem vorgegaukelt, dass man seine Daten privat halten kann und nur mit “Freunden” teilt. Damit ist der Ottonormaluser durchaus verleitet, über Facebook viel intimere Informationen auf die Facebook-Server hochzuladen. Das macht das Facebook-Profiling damit auch um einiges gefährlicher, weil sie viel detailliertere Informationen über jeden User haben.

        Da wäre ich mir gar nicht so sicher. Einerseits gibt es auch bei Twitter viele, die in Protected Accounts Privates mitteilen. Andererseits gibt es auch viele, die ihr Privat- und Seelenleben allen offen mitteilen. Aber ja, privat finde ich Twitter spannender und toller. Aus Datenschutzaspekten heraus ist es wohl dasselbe.

  13. Interessant finde ich, dass DigiGes, CCC und sogar netzpolitik.org in diesem Blogartikel verlinkt werden, der andere große netzpolitische Player Digitalcourage jedoch nicht.

  14. Ich finde eine Diskussion auf Basis des gegebenen Zahlenmaterials schwierig (2012 ist eine Ewigkeit her, zumindest in der social media Zeitrechnung). Reichweite ist auch nicht gleichbedeutend Relevanz und Wirkung.

    1. Ich bin für Hinweise auf neuere Zahlen dankbar, habe bei meiner Recherche keine neueren Zahlen gefunden. Wobei nur die Twitter-Zahlen so alt sind – und für den Deutschland-Vergleich habe ich sie um 50% nach oben korrigiert (deshalb „Schätzung“). Die Facebook-Zahlen sind relativ aktuell und die Zahlen der Follower/Fans habe ich selbst Anfang Mai 2014 erhoben.

      Fazit: ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass sich bei aktuelleren Zahlen etwas an der Analyse ändern würde. Was die Unterscheidung Relevanz/Reichweite betrifft, so stimmt das zumindest teilweise, vor allem weil viele JournalistInnen und andere MultiplikatorInnen über Twitter besser als über Facebook zu erreichen sind.

  15. FB ist im Unterschied zu Twitter von vorneherein und strukturell auf Klarnamen und die Vernetzung persönlicher Freund- und Bekanntschaften angelegt (wogegen Twitter mehr der Feed für schnelle Infos von XYZ ist). SO nutzt das auch „die Masse“ und wenn man das als potenzielle Aktivistin ebenso macht, dann erreicht man grade mal die Bekannten, predigt also zu den Überzeugten.

    Der einzig andere Weg, eine „Seite“ anzulegen, bedeutet auch finanzielles Engagement bzw. massive Werbung auf allen Kanälen, sonst dümpelt die Seite vor sich hin.

    Manchmal denke ich, FB ist tatsächlich „ein Ring sie zu knechten,
    sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.“

    Verglichen mit dem Web 1.0, als man sich entlang an Themen nicht mit Personen vernetzte, ist Web 2.0 was die Mobilisierungsmöglichkeiten angeht, ein Rückschritt. Das mag in Ländern, in denen „die Post abgeht“ anders sein, denn dort gibt es dann viele Menschen, die ihren ganzen Alltag ihrer Sache widmen.

    Bei uns ist es aber – zum Glück – immer noch so, dass ein Individuum vielfache Interessen verwirklichen kann – und damit kein einzelner „Kanal“ für bestimmte Botschaften sein kann und will. Also ertrinkt alles in Katzencontent und Belanglosigkeiten.

  16. Dieser Artikel zeigt vor allem eines: dass es eine selbsternannte „digitale Elite“ gibt, die sich unverschämterweise „digitale Zivilgesellschaft“ nennt (und damit einen Absolutheitsanspruch auf alle menschlichen Dinge in der Digitalität erhebt), und die Meilenweit von der digitalen Realität entfernt ist.
    Laut einer gängigen Definition beinhaltet Zivilgesellschaft: “ das gemeinsame Engagement von Bürgern zur Lösung kleinerer oder größerer Probleme, die weder von Staat noch Markt noch Familie ausreichend lösbar sind („mit anpacken“), und zum anderen die politische Einflussnahme von Bürgern auf Staat und Markt („mitbestimmen“).“
    Man kann Facebook dumm finden wie man will, aber wo wird das von der Masse der Menschen mehr gemacht als auf Facebook?
    Das „Problem“, sofern es überhaupt eines geben sollte, ist ausschließlich der Fakt, dass die „digitale Elite“ (die sich euphemistisch „digitale Zivilgesellschaft“ nennt) nur sehr wenig Bezug zur Lebensrealität der Masse der digitalen Bevölkerung hat, was man auch daran sieht, dass viele Mahnungen dieser Elite von der Masse schlicht ignoriert werden. Was nicht heißen soll, dass diese Mahnungen immer unbegründet sind.

    1. Wir schätzen es ja, wenn man vor dem KOmmentieren bei uns den Kopf einschaltet. Dann würde man nicht so einen Unsinn schreiben:

      dass es eine selbsternannte “digitale Elite” gibt, die sich unverschämterweise “digitale Zivilgesellschaft”

      Die Zuweisung „digitale Elite“ kommt von Dir, ist also nicht selbsternannt, „digitale Zivilgesellschaft“ ist ein wissenschaftlicher Beschreibungsversuch und ebenfalls keine selbstbezeichnung. Oder hast Du Quellen?

      1. Sollte es ein wissenschaftlicher Beschreibungsversuch sein, dann ist das sogar noch peinlicher, weil die „Zivilgesellschaft“ in modernen wie postmodernen Gesellschaften die komplette Masse der Bürger ausmacht. Die digitale Zivilgesellschaft wären demnach die Masse der digital lebenden Bürger. Die oben angesprochnen Organisationen wie netzpolitik.org, ccc usw. nehmen in dieser Masse eine Größe ein, die kaum messbar ist. Insofern ist es in der Tat unverschämt, wenn man nur diese Menschen als „die digitale Zivilgesellschaft“ bezeichnet. Natürlich entspringt dem ein Elitegedanke, und es dürfte auch nicht neu sein, dass die Mitglieder dieser Organisationen sich auch sonst, Begriffsunklarheiten hin oder her, als eine Art Elite im digitalen Raum begreifen.

      2. Immer mal langsam. Begriffe haben keine kontextunabhängige Bedeutung, „richtige“ Bedeutung. Im Rahmen dieses Artikels sowie in der am Ende verlinkten Studie für die Stiftung Bridge habe ich mit „digitale Zivilgesellschaft“ jene Menschen zu beschreiben versucht, die sich zumindest aktiv zu netzpolitischen Fragestellungen informieren und auf irgendeine Weise aktiv sind. (Wie kommst Du darauf, dass es nur um „Mitglieder“ dieser Organisationen geht – oben sind bspw. sämtliche rd. 130.000 Twitter-Follower von netzpolitik.org miterfasst. Das soll elitär sein?)
        Klarerweise erfassen Facebook- und Twitter-Follower der oben angeführten Organisationen nicht alle Menschen, auf die die Beschreibung „digitale Zivilgesellschaft“ zutrifft – es ist aber auch (viel) mehr als ein kleine „digitale Elite“.
        Im übrigen gab und gibt es in allen sozialen Bewegungen immer vergleichsweise kleine – wenn Du magst „elitäre“ – Kerngruppen von besonders aktiven bzw. organisationalen AkteurInnen – die bezeichne ich oben als „zentrale Akteure“ der digitalen Zivilgesellschaft. Alleine diese Formulierung zeigt schon, dass ich die Organisationen eben nicht mit der digitalen Zivilgesellschaft in eins setze.
        Ich verstehe also nicht, was an der Formulierung „unverschämt“ oder „peinlich“ sein sollte, bin aber jederzeit offen für alternative Bezeichnungsvorschläge für die oben skizzierte bzw. im Blogeintrag empirisch beschriebene Akteursgruppe präziser zu bezeichnen.

    2. Die Fragestellung des Artikel war ja, wie man die Menschen auf FB anspricht um ein gemeinsames Netzpolitisches Engagement zu erreichen. Inwiefern findest du das unverschämt? Oder welche absolutheit verbirgt sich dahinter?
      Kann es sein, dass du den Artikel nicht gelesen hast?

  17. Also ich bin nicht bei FB oder twitter, mich erreicht ihr nur mit Glück im Internet.

  18. Also die Leute, die ich kenne die FB nutzen, tun das ausschließlich, um Kontakte zu pflegen und sich zu verabreden. Die kümmert Netzpolitk in der Regel gar nicht.
    Mein Eindruck ist, wenn es dort um „Politk“ geht, ist das eher Bildzeitung Niveau – die Rankings auf 10.000 Flies sprechen Bände.

    Insofern kommt mir die Fragestellung so vor, wie wenn sich die Macher von „Konkret“ darüber Gedanken achen, warum sie nicht die Auflage der Bild haben.

    Die meisten Menschen interessiert es einfach nicht. Nur wenn mal eine Sache kurz, knackig und eigene Vorurteile bestätigt, Insofern glaube ich nicht, dass Netzpolitk.org da viel reissen könnte.

    1. Insofern glaube ich nicht, dass Netzpolitk.org da viel reissen könnte.
      Ich denke nicht, dass es unmöglich ist. Um Facebook Nutzer zu erreichen erfordert es allerdings eine ganz andere Kommunikationsstrategien, z.B. in der Tat kurze und knappe Einträge, tatsächliche Einträge nicht Links zu langen Artikeln.
      Man muss auch verstehen wie die Leute dort ticken. Die Atmosphäre ist dort grundsätzlich anders als auf Twitter oder G+

  19. Was bei der Diskussion noch gar nicht erwähnt wurde: Gerade die Jüngeren, sprich unter 30-Jährigen sind fast ausschließlich auf Facebook aktiv. Auch politisch aktiv. Bei allem Schubladendenken – „Die Leute auf Facebook“ – sollte nicht vergessen werden, dass man dort auf ein oder zwei (drei?) gesamte Generationen trifft.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.