Für die im Mai 2014 in Norwegen stattfindende NATO-Übung „Unified Vision 2014“ war die mehrmalige Durchquerung des deutschen Luftraums mit einer Drohne des Typs „Global Hawk“ geplant: So war es auf luftwaffe.de zu lesen, auch die FAZ hatte das Thema aufgegriffen. Die von der US-Luftwaffe betriebene Riesendrohne sollte zwischen Sigonella/ Sizilien und Norwegen operieren. Eine entsprechende Genehmigung sei erteilt worden. Gesteuert wurde die Übungsmission von einer Kontrollstation auf einer Basis der US-Luftwaffe in Beale/ USA.
Nun liefert das Verteidigungsministerium in der Antwort auf eine Kleine Anfrage erstmals Details. Demnach sei der deutsche Luftraum ausgesucht worden, da es sich um die „kürzeste Wegstrecke“ für einen Flug von Sigonella in das Übungsgebiet nach Norwegen und zurück handele. Schließlich sei aber eine andere Route von Italien über Frankreich und Großbritannien nach Norwegen gewählt worden. Zu den Gründen werden keine Angaben gemacht, ursächlich könnte aber die brisante Ausrüstung der „Global Hawk“ gewesen sein. Denn die Drohne war mit einer Reihe von Aufklärungssensoren eingerüstet. Erst am 7. Mai, also dem Zeitpunkt wo auch die Meldung bei luftwaffe.de online ging, war die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hierüber informiert worden.
Beim ersten Flug vom 8. bis 9. Mai seien elektrooptische Kameras und Geräte zur Radarabbildung an Bord gewesen. Hierfür ist die „Global Hawk“ im Gegensatz zum deutschen Derivat „Euro Hawk“ eigentlich gedacht. Überraschenderweise hatte die NATO-Drohne für den zweiten und dritten Flug aber zusätzliche Sensoren zur signalerfassenden Aufklärung (SIGINT) eingebaut. Deren Nutzung auch zu Testzwecken hatte in Deutschland Proteste von Datenschützern hervorgerufen, denn diese waren über die Flüge zuvor nicht informiert worden. War es also die Angst vorm German Datenschutz, der die NATO zum Umfliegen des deutschen Luftraums veranlasste? Denn das Verteidigungsministerium hatte der US-Luftwaffe nach eigenem Bekunden einen Sensorbetrieb „strikt untersagt“.
Flüge dienten dem „Erkenntnisgewinn“ zur Integration der Drohnen in den Luftraum
In der Antwort macht das Verteidigungsministerium weitere technische Angaben. So war für den Überflug eine Flughöhe von 16 Kilometern mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 575 km/h geplant gewesen. Entlang der gesamten Streckenführung sei eigens ein zeitlich befristetes Gebiet mit Flugbeschränkungen eingerichtet worden. Die geplanten Überflüge wurden durch die US-Luftwaffe beim Verteidigungsministerium beantragt.
Vor der Erteilung solcher „Überflugbewertungen“ erfolgt eine flugbetriebliche und technische Bewertung. Daran war auch die Wehrtechnische Dienststelle 61 beteiligt, an deren Standort die einzige gelieferte Spionagedrohne „Euro Hawk“ eingemottet ist. Der Überflug wäre von der Deutschen Flugsicherung abgesichert worden.
Zwar handelt es sich bei den beiden in Sizilien stationierten „Global Hawk“ nicht um NATO-Drohnen. Dennoch oblag die Übungsplanung mehreren Arbeitsgruppen der NATO, darunter auch ein eigens für die „Global Hawk“ geschaffenes „HALE Airspace Integration Implementation Project Team“. Die Gruppe ist für die geplante Integration der Drohnen in den allgemeinen Luftraum zuständig. So dienten die Überflüge im Rahmen der NATO-Übung laut dem Verteidigungsministerium dem „Erkenntnisgewinn“ zur Integration der Drohnen in den Luftraum sowie der „Fortschreibung standardisierter flugbetrieblicher Verfahren“.
Keine Auskunft über Zwischenfälle
Ein deutscher Offizier wurde demnach als „nationaler Beobachter“ ausgewählt und in die Steuerungszentrale in die USA entsandt. Der Offizier sei ursprünglich als Pilot des zunächst gegroundeten „Euro Hawk“ vorgesehen und geschult worden. Seine Ausbildung sei „parallel mit der Entwicklung des Euro Hawk auf dem baulich vergleichbaren System Global Hawk in den USA“ erfolgt. Später hätte er in Deutschland als Ausbilder für „Euro Hawk“-Piloten eingesetzt werden sollen. Mittlerweile habe der Offizier die Qualifikation zum Fluglehrer für die „Global Hawk“ erlangt. Neben „reinen Flugführungs- und Steuerungsanteilen“ sei er aber auch in der „Überwachung der Sensorik“ ausgebildet worden.
Womöglich hat es bei den Flügen von und nach Norwegen Zwischenfälle gegeben. Hierüber will die Bundesregierung aber erst nach einer „Übungsauswertung“ Auskunft erteilen. Ein Zeitpunkt wird nicht genannt.
Deutschland zahlt ein Drittel der Kosten für NATO-Drohnen
Die US-Drohnen des Typs „Global Hawk“ sind nur die Vorhut: Auf Sizilien baut die NATO das „Alliance Ground Surveillance System“ (NATO AGS) auf, für das weitere Drohnen des gleichen Typs, aber einer verbesserten Baureihe beschafft werden. Als Gesamtkosten beziffert die Bundesregierung das „AGS Core“ mit 1,452 Milliarden Euro. Deutschland zahlt ein Drittel davon, die USA rund 42 %. Hinzu kommen Gelder für die Infrastruktur (105,4 Millionen Euro) sowie die Anmietung kommerzieller Satellitenkapazitäten (bis zu 250 Millionen Euro).
Vorbereitende Arbeiten in Sigonella haben bereits begonnen, die Übergabe der ersten AGS-Drohne ist laut dem Verteidigungsministerium für das Jahr 2017 vorgesehen. Eine für Anfang April in Sigonella geplante „Spatenstichzeremonie“ sei aber auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Im nächsten Jahrzehnt will auch die Bundeswehr „Global Hawk“ kaufen und – im Auftrag der NATO – in Schleswig-Holstein stationieren.
Das Ding hat ja nicht mal eine Betriebserlaubnis für den US-Luftraum.
Wo fliegen diese Teile eigentlich so rum? Über Europa, über Afrike, über Asien oder wo???