Studie: Die widersprüchlichen Vorstellungen von US Amerikanern zu ihrer Privatsphäre im Internet

anonymous-largeLetzte Woche veröffentlichte das US amerikanische Pew Research Center eine neue Studie zum Thema Anonymität und Privatsphäre im Internet. Hierzu wurden rund 1.000 US AmerikanerInnen per Telefon befragt. Begraben unter einigen Widersprüchen und Unsinnigkeiten liegen eine Hand voll interessanter Erkenntnisse.

  • Lediglich 14% nutzen (irgendeine Art von) Verschlüsselung
  • 33% haben Angst vor kriminellen Hackern, aber nur 5% haben Bedenken wegen staatlicher Überwachung
  • Meta-Daten des Mailverkehrs (Empfänger) werden als ähnlich sensibel empfunden, wie der eigentliche Inhalt
  • Etwa 2/3 der Befragten denken, dass bisherige Gesetze Bürger nicht adäquat schützen.
  • Datenschutz ist letztlich Handlungsfreiheit.

Privacy is not an all‐or‐nothing proposition for internet users. People choose different strategies for different activities, for different content, to mask themselves from different people, at different times in their lives. 

Gerade da die Studie Mitte Juli durchgeführt wurde, darf hinterfragt werden, warum lediglich ein Bruchteil (5%) der Befragten Bedenken bzgl. staatlicher Überwachung hatte. Weiterhin kann man nur hoffen, dass mittlerweile mehr Menschen Verschlüsselung einsetzen.

Die Studie verdeutlicht jedoch auch, dass viele Menschen ‚Privatsphäre im Internet‘ als das Preisgeben oder Zurückhalten bestimmter Informationen begreifen. So fragte die Studie, welche Informationen der Befragten womöglich im Internet für andere auffindbar sind: Bilder, Name, Adresse, Telefonnummer, Videos, etc. Dies zeigt jedoch, wie antiquiert unser Verständnis davon ist, wie Dritte Informationen über uns erhalten. Diese Daten spielen natürlich eine Rolle, doch ist es viel entscheidender und für die Erstellung eines Profils wesentlich wichtiger Aktivitäten zu analysieren: Mit wem wird kommuniziert, wie lange und zu welcher Zeit? Welche Webseiten werden besucht? Welche Nachrichten werden gelesen, welche ignoriert? Wie groß ist und aus wem besteht das soziale Netzwerk? Diese aggregierten Informationen sind wesentlich aussagekräftiger, als ein Geburtsdatum oder ein Familienfoto – finden jedoch erst langsam Einzug in die öffentliche Debatte und somit in das Bewusstsein der Bevölkerung.

graphZwei andere erwähnenswerte Zusammenhänge: Personen, die versuchen ihre Privatsphäre im Netz zu schützen sind sich gleichzeitig eher darüber bewusst, dass es keine absolute Anonymität gibt. Und interessanterweise geben diejenigen signifikant mehr über sich preis, die gleichzeitig versuchen Überwachung zu entgehen. (siehe Grafik) Dies unterstützt die Aussage vom Anfang, dass es bei Anonymität letztlich um Handlungsfreiheit geht: Die Freiheit selbst zu bestimmen, wie viel man über sich preisgeben möchte – diese informationelle Selbstbestimmung wird jedoch leider immer utopischer.

graph2Ein weiterer offensichtlicher Zusammenhang besteht zwischen dem Einkommen einer Befragten und der Wahrscheinlichkeit, dass sie negative Erfahrungen in Bezug auf Anonymität hatte. So kam es in Haushalten mit weniger als 30.000USD jährlichem Einkommen signifikant öfter zu gestohlenen Accounts, Online Mobbing / Stalking oder Reputationsverlust. Dies kann als Indikator dafür genommen werden, dass es bei der digitalen Spaltung vorrangig nicht um bloßen Zugang geht, sondern auch um Aufklärung bzw. Bildung.

Es wäre interessant zu sehen, inwieweit sich die Auffassung der Befragten in den kommenden 2-3 Monaten geändert hat. Dank Edward Snowdens Enthüllungen schreiben nun auch die ‚großen Zeitungen‘ über Themen wie Verschlüsselung, staatliche Internet-Überwachung, Profilerstellung und den zunehmend vollständigen Verlust der Privatsphäre im Netz.

8 Ergänzungen

  1. Studien… Eine völlig verdummte Masse an Menschen, die man zu IdiotInnen gemacht worden sind, wird befragt…

    Letztens fragte ich Bekannte: „Hey, was würdet ihr tun: Da kommt ein Stasi-IM und bietet euch an: ihr dürft mit einem Programm (Messenger) umsonst kommunizieren – nur ihr müsst alles mitschneiden und speichern lassen… Na, würdet ihr es machen?“
    Antwort: „Biste bescheuert – natürlich nicht…“
    „Oh“, sagte ich, „aber bei der NSA seid ihr dazu bereit und tickert euch mit Whats Ap alles um die Ohren, was nur geht… von Blödsinn bis zu Liebesshwüren… und bei Facebook macht ihr mit… bei den Umsonst-Mail-Diensten usw. Habt ihr den Snowden-Skandal nicht mitbekommen?!?“

    Aussichtslos… Die Leute sind völlig verdummt worden und gucken einen mitunter noch scheel an, wenn man ihnen mal einige Fakten unter die Nase reibt, die sie lieber ignorieren. Sie verhalten sich wie Süchtige, die gar nicht genug Nachschub vom Dealer bekommen können.

    Wie war das noch mal mit der Apple-Werbung „1984“ und der entsprechenden PRISM-Folie dazu…
    https://netzpolitik.org/2013/wer-haette-1984-geahnt-dass-dies-big-brother-ist-und-dass-die-zombies-zahlende-kunden-sein-wuerden/

    Der pure Wahnsinn. Ob man per Studie in Zukunft auch Drogen legalsieren könnte: Man fragt Drogenabhängige nach ihren Bedenken und ihren Nutzenvorstellungen, schreibt das alles in eine Studie – und das Leben ist schön und bunt… Is klar, ne… ;-)

    1. Ich habe leider die gleiche Erfahrung machen müssen.

      In der IT setzen sich leider nur Normen und Standards durch, die von der Mehrheit benutzt und somit unterstützt werden (siehe Emai-Versand-Protokoll , welches voll von Sicherheitslücken ist (von 1982!))

      Wir haben weder in der EU noch in USA eine Demokratie.
      Statt dessen haben wir eine Demokratur: die Diktatur der verdummten (bzw. dank DSDS, Kochsendungen, Talkshows etc. dumm-gehaltene), denkfaule, politikverdrossene Bürger.

      Wer selbstständig und kritisch denkt (zumindest in der Lage ist) und Alles infrage stellt, hat auf diesem Planeten Nichts, aber absolut rein gar Nichts verloren und wird einsam und frustriert sterben (leider!).

  2. Ich möchte mich den Vorworten nur bedingt anschließen. Trotz der ganzen Öffentlichkeitsarbeit rund um das Thema Snowden gibt es in weiten Teilen der Bevölkerung – und das egal ob USA oder Deutschland – massive Wissensdefizite rund um das Thema Datensicherheit und Datenschutz.
    Und sind wir mal ehrlich: Aus Sicht der Sicherheitsdienste hätte man etwas Besseres als das Internet doch gar nicht erfinden können, oder?

    1. Und sind wir mal ehrlich: Aus Sicht der Sicherheitsdienste hätte man etwas Besseres als das Internet doch gar nicht erfinden können, oder?

      Doch. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Peilsender, über die man heimlich den Aufenthaltsort ermitteln kann, und in der man auch ein Mikrofon einbaut, um evtl. jemanden belauschen zu können.

      Natürlich müsste eine solcher Peilsender auch eine kleine Nebenfunktion haben, die einen Vorteil für die zu überwachenden Personen hat, so dass das auch immer freiwillig überallhin mitgenommen wird. Hmmm… wie wäre es mit der Möglichkeit, damit zu telefonieren?

  3. «Lediglich 14% nutzen (irgendeine Art von) Verschlüsselung»

    Ob das so stimmen kann? Wer seine E-Mail abruft oder bei Amazon einkauft, verwendet ja bereits Verschlüsselung.

    «33% haben Angst vor kriminellen Hackern, aber nur 5% haben Bedenken wegen staatlicher Überwachung»

    Bei aller Kritik an staatlicher Überwachung, entspricht diese Angst wohl auch den tatsächlichen Risiken: Kriminalität ist auch im Internet alltäglich, spürbare negative Folgen staatlicher Überwachung hingegen sind im Internet bislang sehr selten.

    1. „spürbare negative Folgen staatlicher Überwachung hingegen sind im Internet bislang sehr selten“

      Im Wort „spürbar“ liegt doch der Hund begraben. Stell Dir vor die NSA finde Dich interessant. Du bist politisch aktiv und gut vernetzt. Sie lernt über Deine Kommunikation und Dein Verhalten wie Du tickst. Danach erstellt Sie eine fiktive Person, die Du einfach sympathisch finden musst.

      Du schließt gaaanz zufällig bei Fratzenbuch, etc. Freundschaft mit einem Typen der was drauf hat – ähnliche Interessen wie Du, sozial vernetzt und sozial absolut verträglich. Er war zufällig in den gleichen Chats/Diskussionen dabei. Und irgendwie kamt ihr aufs gleiche Thema und habt Euch per Privatnachrichten ausgetauscht. Er wohnt gar nicht weit weg?! Genial. Du stellst ihn bei der nächsten Party Deinen Freunden vor…

      Preisfrage: Kannst Du ihm vertrauen?

    2. Grundsätzlich gebe ich dir Recht. Die Wahrscheinlichkeit (in den westlichen Ländern) durch Kriminelle im Internet geschädigt zu werden, ist wohl deutlich höher, als durch den Staat. (Ich denke mal die prozentualen Angaben spiegeln die Häufigkeit schon recht gut wider.) Aber bei einer Risikobewertung geht es ja nicht nur um die Eintrittswahscheinlichkeit, sondern auch um die Folgen beim Eintritt. Und da dürfte ein Missbrauch von Informationen um Längen vor Kriminiellen liegen. Man nehme nur die DDR als Beispiel. Oder schaue sich in manch anderen Staaten derzeit um. Oder §175 in der Weimarer Republik und die Folgen im dritten Reich.

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