Netzpolitischer Wochenrückblick KW51

Herzlich Willkommen zum Netzpolitischen Wochenrückblick in Kooperation mit Bln FM. Hier gibts die wichtigsten Themen der vergangenen Woche – zum Lesen und als Podcast mit Tim Thaler.

Deutschland: Netzpolitik bekommt Hauptausschuss im Bundestag
Der Deutsche Bundestag gewinnt einen Hauptausschuss für Internet und digitale Agenda. Viele Jahre war das Thema im Unterausschuss Neue Medien dem Medien- und Kulturausschuss zugeordnet. Die letzten drei Jahre wurde das Thema zudem in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft diskutiert. Mit dem Schritt verlässt Netzpolitik endgültig das Kellerloch und gewinnt die notwendige und angemessene politische Relevanz. Leider ging es gleich mit Startschwierigkeiten los. So wurde der Ausschuss nicht am Donnerstag, wie geplant, eingesetzt. Gerold Reichenbach sagte gegenüber Tagesschau.de: „Es gab Uneinigkeit darüber, welche Themen in den Ausschuss gehören und ob er überhaupt federführende Zuständigkeiten bekommen soll. “So lange das nicht geklärt ist, war die CSU nicht bereit, den Ausschuss einzusetzen”, sagte Reichenbach tagesschau.de. Das gehöre zu den “Geburtswehen” eines solchen Verfahrens.“

Neue Bundesdatenschutzbeauftrage
Der Deutsche Bundestag berief am Donnerstag mit den Stimmen der Großen Koalition die neue Bundesauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: Andrea Vosshoff. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete war von 1998 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages, zuletzt als rechtspolitische Sprecherin und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Recht in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Bei der vergangenen Wahl verlor sie ihr Mandat. Im Moment gibt es eine Diskussion über ihre Qualifikation. Ihr Abstimmungsverhalten in den vergangenen 15 Jahren liegt komplett auf Linie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, d.h. sie hat regelmäßig Datenschutzeinschränkungen zugestimmt, von Vorratsdatenspeicherung, über Bundestrojaner bis zu den Netzsperren. Der/Die Bundesauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sollte eigentlich der Regierung auf die Finger schauen und sie in Datenschutzfragen unabhängig kontrollieren. Wir fragen uns, wie das effektiv möglich sein wird, wenn dieser Posten durch eine Person besetzt wird, die dieselben Positionen und Linien des Bundesinnenministerium vertritt und bisher außer durch Forderungen nach weniger Datenschutz und mehr Überwachung in der öffentlichen Debatte zum Thema nicht aufgefallen ist.

US-Gericht: Vorratsdatenspeicherung à la NSA dürfte die Verfassung verletzen
Das US-Bundesgericht für den District of Columbia – den Sitz der US-Regierung – hat am Montag im Rahmen einer einstweiligen Anordnung vorläufig entschieden, dass die Vorratsdatenspeicherung von Telefon-Verbindungsdaten durch die NSA gegen die US-Verfassung verstoßen dürfte. Der einst von Präsident George W. Bush nominierte Bundesrichter Richard J. Leon verurteilt das „Bulk Collection Program“ des Geheimdienstes in sehr deutlichen Worten: Er könne sich keine wahllosere und willkürlichere Verletzung der Privatsphäre vorstellen als die systematische Sammlung und Speicherung personenbezogener Daten mittels “High Tech”, um sie später ohne richterlichen Beschluss zu durchsuchen und zu analysieren, schreibt der Richter in seinem Beschluss. Daher verurteilte Judge Leon die US-Regierung, einstweilen keine weiteren Telefon-Verbindungsdaten über die beiden Kläger zu erheben und bereits gespeicherte Daten zu löschen. Die Entscheidung des US-Bundesgerichts ist noch nicht dessen letztes Wort in der Sache. Es handelt sich nur um eine vorläufige Entscheidung, bei der es darum ging, wie der Rechtsstreit später vermutlich ausgehen wird und ob die Kläger währenddessen wesentliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Außerdem setzte der Richter seine eigene einstweilige Anordnung sogleich vorläufig außer Vollzug, um der US-Regierung Gelegenheit zur Anfechtung zu geben.

Deutschland: Klaus-Dieter Fritsche ist neuer Geheimdienst-Staatssekretär
Als Geheimdienst-Staatssekretär im Bundeskanzleramt installiert die Große Koalition Klaus-Dieter Fritsche (CSU). Er ist seit 2009 beamteter Staatssekretär im Bundesinnenministerium, war vorher schon Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt und davor Vize-Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Die Berufung ist ein deutliches Zeichen, dass man den NSA-Überwachungsskandal eher als Machbarkeitsstudie denn als massenhafte Grundrechtsverletzung ansieht. Heise schrieb dazu, „In seiner letzten großen Rede anlässlich der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden forderte Fritsche eine erhebliche Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung und ging damit sogar über seinen Vorredner, BKA-Chef Jörg Ziercke, hinaus. Man brauche vor allem Daten und nochmals Daten, “nicht nur Verkehrsdaten, sondern auch Inhalte von E-Mails”, um der Internet-Kriminalität Herr zu werden. Dabei gehe es nicht um die E-Mails unbescholtener Bürger, sondern um die Kommunikation der Kriminellen. So diese verschlüsselt erfolgt, müssten die Daten für weitere Ermittlungsansätze aufbewahrt werden.“

Die gesamte netzpolitik.org Redaktion wünscht allen LeserInnen und HörerInnen erholsame Feiertage und frohe Weihnachten.

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