Netzpolitik bekommt Hauptausschuss im Bundestag

Der Deutsche Bundestag gewinnt einen Hauptausschuss für Internet und digitale Agenda. Das verkündeten die beiden Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär (CSU) und Lars Klingbeil (SPD) jeweils auf Twitter. Viele Jahre war das Thema im Unterausschuss Neue Medien dem Medien- und Kulturausschuss zugeordnet. Die letzten drei Jahre wurde das Thema zudem in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft diskutiert. Mit dem Schritt verlässt Netzpolitik endgültig das Kellerloch und gewinnt die notwendige und angemessene politische Relevanz.

Danke an alle, die sich dafür eingesetzt haben. Nach mehr Netzpolitik in der Bundesregierung und dem Bundestag fehlt jetzt nur noch eins: Die passenden Inhalte für eine gute Netzpolitik.

Die spannende Frage bleibt: Gibt es ein Ministerium, was dem Hauptausschuss gespiegelt wird (Digitale Agenda ist im Wirtschaftsministerium angedockt) – oder gilt die Spiegelung für alle vier vor allem für Netzpolitik zuständige Ministerien (von denen das Verkehrsministerium trotz Untertitel wahrscheinlich das unrelevanteste ist).

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15 Ergänzungen

  1. Liebe alle,

    die Einschätzung, dass mit diesem Schritt die Netzpolitik „endgültig das Kellerloch verlässt“ und die „notwendige und angemessene politische Relevanz“ gewinnt, teilen wir leider absolut nicht.

    Im Gegenteil: Bisher weigerte sich die #GroKo einen solchen Ausschuss einzusetzen. Die Opposition hat dann mit Anträgen gewunken, die auf die interfraktionell (!) verabschiedeten Handlungsempfehlungen der Enquete verwiesen, in denen sehr klar, den Einsetzngsbeschluss der #EIDG folgend, die Etablierung eines solchen ständigen Ausschusses (der bisherige Unterausschuss Neue Medien war ein Unterausschuss des Kulturausschusses!) gefordert wurde.

    Gleichzeitig wurde, das darf im Zuge der jetzigen Diskussion nicht vergessen werden, aber parallel auch die Forderung erhoben, dass es auf Regierungssseite ein koordiniertes Vorgehen, einE ZuständigeR am Kabinettstisch gibt. Das ist definitiv nun nicht der Fall. Die Zuständigkeit für zentrale netzpolitische Fragen bliebt auf zahlreiche Ministerien verteilt, eine Koordinierung auf Kabinettsebene findet auch in Zukunft nicht statt. Ein „Internetministerium“? Wo denn?

    Das bedeutet auch, dass in dem nun – aller Vorraussicht nach kommenden – Ausschuss, ja, welche Themen eigentlich federführend behandelt werden? Datenschutz? Liegt weiter im Innenministerium. Urheberrecht? Im Justizministerum! Netzneutralität? Im Bundeswirtschaftsministerium! Breitbandausbau? Jetzt neu im Verkehrsministerium! OGP und IGF? Im Auswärtigem Amt – um nur einige Beispiel zu nennen.

    Wer glaubt, dass die Zuständigkeiten aus den jeweiligen Ausschüssen nun selbstverständlich an den neuen Internetausschuss gehen, der kennt die parlamentarischen Abläufe kaum und täuscht sich aus heutoger Perspektive aller Voraussicht nach gewaltig.

    Nachdem keine Koordinierung auf Bundesregierungs-Seite stattfindet, wird sich das Dilemma im Bundestag ebenso kaum beheben lassen. Wie auch?

    Hier wird von der #GroKo ein Potemkisches Dorf nach dem anderen errichtet! Der neue „Internetausschuss“ ist nicht mehr oder weniger Makulatur als das neue „Internetministerium“, so lange die Zuständigkeiten nicht gebündelt sind, wie es in der Enquete-Kommission der Fall war.

    Die ganze Arbeit der Enquete, die mühsam zwischen allen Fraktionen erarbeiteten Handlungsempfehlungen, wird derzeit von der #GroKo in Frage gestellt. Der Internetausschuss läuft Gefahr, noch unbedeutender zu werden, als es der Unterausschuss Neue Medien in der letzten Legislatur bereits war. Nun kann sich ja mal einE jedeR prüfen, inwieweit er die Arbeit des UANM verfolgt hat…

    Nochmal in aller Deutlichkeit: Die Euphorie bezüglich des Ausschusses teilen wir absolut nicht. Im Gegenteil: Aus heutiger Perspektive scheint es vielmehr so, als würde die #GroKo die Netzpolitik endgültig auf´s Abstellgleis stellen wollen.

    Dies ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich in den letzten Jahren, ob im Parlament oder anderswo, ob in der Enquete oder auf der Straße, für eine progressive Gesellschafts- und Netzpolitik engagiert haben.

    Mit der Netzpolitik im Bundestag verhält sich aus heutiger Perspektive ein bisschen so, wie mit der Stiftung Datenschutz am Anfang der letzten Legislatur: Klingt erstmal gut, wird aber im Endeffekt voll an die Wand gefahren. Wir werden alles daran setzen, dass dies nicht passiert. Zu anstrengend war die Arbeit der Enquete, zu wichtig deren interfraktionell beschlossenen Handlungsempfehlungen!

    Cheers!
    @JoernPL

    1. Jörn, alleine dass es einen Hauptausschuss gibt, zeigt eine höhere politische Relevanz als vorher. Natürlich sollte dieser auch gegenüber der Bundesregierung ausreichend gespiegelt werden und es wird spannend zu beobachten, wie sich der Ausschuss gegenüber Rechtsausschuss und Co etabliert und durchsetzt. Aber wenn die falsche Richtung aufgenommen wird, haben wir noch ausreichend Zeit zur Kritik. Bis dahin lassen wir uns mal überraschen.

      1. nein, genau diese erhöhte politische Relevanz bezweifel ich massiv, im Übrigen noch mehr als gestern Abend. Auf Nachfragen kann uns auch weiterhin NIEMAND sagen, welche Zuständigkleiten der Ausschuss eigentlich haben soll. Von Seiten der #GroKo ist bislang geplant, dass der Ausschuss „ausschließlich mitberatend“ tätig werden soll, d.h. er hätte keinerlei Federführung für irgendwas. Du weisst, wir wären nun wirklich die ersten, die dabei wären, wenn da was Sinnvolles auf die politsche Spur gehoben werden soll. Dass ist aber aus heutiger Perspektive leider absolut nicht der Fall. Leider! Die #EIDG hat sich ja auch mit deiner Stimme sehr klar dafür ausgeprochen, dass die dort geleistete Arbeit nicht nach der 17. WP in der Schublade verschwinden darf. Deswegen wurden neben vielen anderen Handlungsempfehlungen auch die gegeben, dass die Bedeutung des Themas sich auch im Kabinett widerspiegeln muss, es jemanden auf Regierungsseite geben muss, der koordiniert. Das hat man schonmal nicht gemacht. Und darin liegt eben auch der Geburtsfehler des neuen Ausschusses: Er hat einfach keine Zuständigkeit für irgendwas, kann hier und da mal mitberaten, während die wichtigsten Entscheidungen weiter in den federführenden Ausschüssen getroffen werden. Eine Umsetzung der Handlungsempfehlungen der #EIDG, die, daran sei nochmal erinnert, interfraktionell erarbeitet und dann auch interfraktionell im Bundestag verabschiedet wurden, sieht nun wirklich anders aus! Wir warnen die neue Bundesregierung seit Monaten, dass die Handlungsempfehlungen der #EIDG nun auch umgesetzt werden müssen. Es war Konsens zwischen allen Fraktionen, dass die eigentliche Arbeit für den Gesetzgeber jetzt eben erst losgeht. Der jetzige Start in die neue Legislatur scheint aus heutiger Sicht netzpolitisch einfach mal von in den Sand gesetzt worden zu sein. Nochmal: Wir sind echt immer dabei, wenn es darum geht, interfraktionell Dinge voranzubringen, gleichzeitig lassen wir es uns aber auch nicht nehmen, Dinge zu kritisieren, wo es angemessen ist. In diesem Fall scheint es uns eben wirklich nötig. Zur ausreichenden Zeit: Einsetzung der Ausschüsse ist morgen früh um 10 Uhr ;)

    2. hmm. Die Stiftung Datenschutz klang nie gut: eine “politisch unabhängige Stiftung”, die auf Idee von Frau Piltz (FDP) initiiert wurde, dessen Präsident und Geschäftsführer, statt über ein normales Bewerbungsverfahren im “politischen Raum” gewählt wurde (soweit zur politischen Unabhängigkeit) und überraschenderweise Vorstand im FDP Ortsverband Wilmersdorf ist (davor war er Referent für für Rechtspolitik der FDP-Fraktion), klingt nicht mal konzeptionell gut. Eine Stiftung, die nur drei Mitarbeiter hat & nur bis zu 200.000€ pro Jahr ausgeben darf, was unmittelbar die Frage aufwirft, wie viel von diesen Gelder an den Gehalt dieses Präsidents geht (oder bezieht er eher ein Sold?) klingt sogar noch schlimmer: m.E. klingt es so, als hätte damals die FDP einen Parteifreund mit einem Posten versorgt.
      Darüberhinaus OGOV bleibt doch beim Innenministerium. IGF beim Auswärtigem Amt? Wofür steht IGF? Internet Governance Forum? Denn in dem Fall ist das auch nicht richtig: Das IGF-D (i.e. deutsche Sektion) wird vom ECO, die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, das Jugend IGF (unabhängige Plattform) & die humanistische Union organisiert. Das Auswärtige Amt ist nur eins der vielen Ministerien, die traditionell dazu als Redner und Teilnehmer eingeladen werden. Das internationale IGF wiederum, wird von einem UNO mandatierten Sekretariat und dem Hosting Country organisiert. Auch bei den internationalen IGFs Treffen sind mehrere Ministerien vertreten… Beim Auswärtigem Amt gibt es halt einen Beauftragten für Cyber-Außenpolitik, der sich zu konkreten Themen mit den entsprechend federführenden Ministerien absprechen muss.

      So oder so: das Internet hat unendlich viele Dimensionen (Kultur, Finanzen, Wirtschaft, Sicherheit, etc.), ich bin mir nicht sicher, ob es möglich ist, Internetthemen vernünftig in einem Ministerium zu konzentrieren in der selben Art und Weise, wie Justiz von Arbeit und Familie als Bereiche in einzelnen Ministerien getrennt werden kann. Die Dichotomie offline/online gab es vielleicht in den 90er Jahre. Heutzutage ist sie nicht mehr sinnvoll. Wir sind alle online. Auch die, die keine E-Mail haben, sind online (ihre Daten sind online). Daher wäre ein Internetministerium vielleicht eine Institution, die eventuell mehr Probleme als Lösungen aufwirt.
      Ich finde ein Ausschuss interessanter, weil verschiedene politischen Ansichten da zu Trage kommen. Es wäre allerdings wichtig, dass ALLE Parteien da involviert werden. Noch besser, wenn dies auf Multistakeholder-Basis geschehen könnte, so wie es im Brasilien teilweise gehandhabt wird.
      My 2 Cents dazu

      1. Liebe Lorena,

        schön, mal wieder was von dir zu hören. In Sachen Stiftung zählst du die maßgeblichen Kritikpunkte auf. Am Anfang, sovielnur zu deinem Einwand „die Stiftung klang nie gut“ haben alle Beteiligten, von Datenschützern. über Wirtschaft, über alle Fraktionen im Bundestag, die Idee der Stiftung begrüßt und ihre konstruktive Begleitung versichert. Letztendlich wurde die Stiftung dann aber dermaßen an die Wand gefahren, dass sich heute keiner mehr daran beteiligen will. Die Kritik haben wir in den vergangenen drei Jahren immer wieder vorgebracht und auch einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Auf gruen-digital.de findest du unter dem Suchwort „Stiftung“ insgesamt 120 Artikel dazu ;)

        Zu den sonstigen Zuständigkeiten: Wie eben auch nochmal geschrieben, geht es darum, dass es eben verpasst wurde, die Themen, die über verschiedenste Ministerien verteilt sind, zu bündeln. Deswegen hat der Ausschuss nun wahrscheinlich auch keinerlei federführende Zuständigkeit. Das (deutsche) Internet Governance Forum wird im Übrigen selbstverständlich von den von Dir aufgezählten veranstaltet, was aber ja nicht bedeutet, dass sich, nur weil man etwas nicht selbst veranstaltet, innerhalb der Bundesregierung keine Zuständigkeit ergibt! Die wenigsten internationalen Veranstaltungen, die VertreterInnen der Bundesregierung besuchen, werden direkt von ihr veranstaltet ;) Alles was du sonst zu den Zustänbdigkeiten schreibst, ist ja eben der Punkt, es sind eben verschiedene Ministerien zuständig! Genau darum geht es ja! Eine Koordinierung findet eben nicht statt!

        Die ganze „Querschnitts-Thema“-Diskussion führen wir nun ürbrigens seit Jahren! Genau aus den von Dir beschriebenen Problematiken hat sich die EIDG ja eben NICHT für ein Ministerium ausgesprochen, sondern für jemanden, der die Dinge koordiniert, was natürlich ein Riesenunterschied ist ;)

        Beste Grüße
        JoernPL

  2. hmm. Die Stiftung Datenschutz klang nie gut: eine „politisch unabhängige Stiftung“, die auf Idee von Frau Piltz (FDP) initiiert wurde, dessen Präsident und Geschäftsführer, statt über ein normales Bewerbungsverfahren im „politischen Raum“ gewählt wurde (soweit zur politischen Unabhängigkeit) und überraschenderweise Vorstand im FDP Ortsverband Wilmersdorf ist (davor war er Referent für für Rechtspolitik der FDP-Fraktion), klingt nicht mal konzeptionell gut. Eine Stiftung, die nur drei Mitarbeiter hat & nur bis zu 200.000€ pro Jahr ausgeben darf, was unmittelbar die Frage aufwirft, wie viel von diesen Gelder an den Gehalt dieses Präsidents geht? Oder bezieht er eher ein Sold? M.E. klingt es so, als hätte damals die FDP einen Parteifreund mit einem Posten versorgt. Darüberhinaus OGOV bleibt doch beim Innenministerium. IGF beim Auswärtigem Amt? Wofür steht IGF? Internet Governance Forum? Denn in dem Fall ist das auch nicht richtig: Das IGF-D (i.e. deutsche Sektion) wird vom ECO, die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, das Jugend IGF (unabhängige Plattform) & die humanistische Union. Das Auswärtige Amt ist nur eins der vielen Ministerien, die traditionell dazu eingeladen werden. Das IGF international wird von einem UNO mandatierten Sekretariat und dem Hosting Country organisiert. Auch bei den internationalen IGFs Treffen sind mehrere Ministerien vertreten…
    So oder so, das Internet hat unendlich viele Dimensionen (Kultur, Finanzen, Wirtschaft, Sicherheit, etc.), ich bin mir nicht sicher, ob es möglich ist, Internetthemen vernünftig in einem Ministerium zu konzentrieren in der selben Art und Weise, wie Justiz von Arbeit und Familie getrennt werden kann. Die Dichotomie offline/online gab es vielleicht in den 90er Jahre. Heutezutage ist sie nicht mehr sinnvoll. Wir sind alle online. Auch die, die keine E-Mail haben, sind online (ihre Daten sind online). Daher wäre ein Internetministerium vielleicht eine Institution, die eventuell mehr Probleme als Lösungen aufwirt.

  3. ich wünsche mir dr (?) uhl und herrn krings in den auschuss. dann klappt das auch mit der bürgerüberwachung.

  4. der neue Internetausschuss kommt nun (erstmal) übrigens doch nicht. Einsetzung wurde verchoben. Vielleicht ist der #GroKo ja endlich mal aufgefallen, dass der neue Ausschuss keinerlei eigene Zuständigkeiten hätte?! Das ganze Vorgehen ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.

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