Geschlossene Plattformen zerstören Verbraucherrechte

Dieser Text von Michael McNeff (halfpricadigital.co.uk)erschien zu erst auf edri.org unter der Lizenz Creative Commons CC-BY. Übersetzt von Nicolas Fennen.

Können sie ihre gebrauchten Apps für iOS oder Android weiterverkaufen? Wie sieht es mit ihren Videospielen aus, die sie im Shop von Valves Spieleplattform Steam erworben haben?

Die Antwort lautet ja und nein. Rechtlich ist es ihnen erlaubt ihr Apps und bei Steam gekauften Spiele weiter zu verkaufen, wenn sie in der EU vermarktet wurden. In der Praxis jedoch verbieten die Anbieter wie Apples App Store oder Valves Steam Shop, die Lizenzen ihrer zuvor gekauften Software an andere Nutzer weiter zu geben, was es für Nutzer unmöglich macht ihre Apps und Spiele weiter zu verkaufen.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall UsedSoft gegen Oracle aus dem letzten Sommer, hat der Rechteinhaber die exklusiven Vermarktungsrechte abgegeben, wenn für eine Software gezahlt wurde und dem Nutzer damit eine Lizenz zur Nutzung der Software über unbegrenzte Zeit gewährt wurde. Selbst wenn das Lizenzabkommen einen Weiterverkauf verbietet, darf der Rechteinhaber einen Weiterverkauf nicht bekämpfen. Das trifft gleichermaßen auf erworbene Software auf physischen Medien (CD oder DVD) sowie auf heruntergeladene Software zu. Folglich sind Verbraucher in der EU rechtlich dazu berechtigt einen Großteil ihrer Apps und Spiele weiter zu verkaufen.

Geschlossene Plattformen wie Valves Steam verhindern den Weiterverkauf von Software aber dennoch auf zwei Wegen. Der erste ist durch restriktive Nutzungsbedingungen. So lauten beispielsweise die Lizenzvereinbarung im Steam Shop: „Die Software wird Ihnen in Lizenz überlassen und nicht an Sie veräußert. Die Ihnen eingeräumte Lizenz führt Ihrerseits nicht zum Erwerb von Eigentum oder sonstigen dinglichen Rechten an der Software.“ Dennoch, da der Verbraucher eine Gebühr für eine Lizenz auf unbegrenzte Dauer bezahlt hat, fallen Spiele die über den Steam Shop erworben werden klar unter das Urteil UsedSoft gegen Oracle und Valve kann einen Weiterverkauf nicht bekämpfen.

Die andere Weg auf dem geschlossene Systeme wie Steam den Weiterverkauf von Software durch die Verbraucher unterbinden ist, dass kein Mechanismus bereitgestellt, der es einem Nutzer von Steam erlaubt die Lizenz einer Software an einen anderen Nutzer von Steam zu übertragen. Der Wegfall eines so einfaches Mechanismuses macht es unmöglich für Nutzer von Steam, ihre unerwünschte Software zu verkaufen, da der Nutzer keine Möglichkeit hat den Verkauf abzuschließen, ohne die Lizenz der verkauften Software auf den Account des Käufers zu übertragen.

Da Verbraucher ihr unerwünschte Software, welche sie von geschlossenen Plattformen erworben haben, nicht verkaufen können, werden Second-Hand Märkte für gebrauchte Apps und Spiele von ihrer Bildung abgehalten, trotz der Tatsache, dass Vermarkter wie Valve die Vermarktungsrechte an der Software abgegeben haben und einem Weiterverkauf nicht entgegen treten können.

Durch den zunehmenden Verkauf von Software über Downloads, gewinnen geschlossenen Plattformen immer mehr an Popularität. Apple, Microsoft, Google und Valve vermarkten Software für ihre Plattformen alle über ihre eigenen geschlossenen Systeme. Die Inhaber dieser geschlossenen Systeme streichen bei jedem Verkauf von Software über ihre eigenen Shops eine Provision ein und die Entwickler der verkauften Anwendungen verlieren nicht länger Umsätze durch Verbraucher, die gebrauchte, billigere Kopien, anstatt neuer Kopien der Software, kaufen.

Verbraucher jedoch werden in ihren Rechten zum Weiterverkauf ihres digitalen Eigentums beschnitten und verlieren den Zugang zu sekundären Märkte, wo sie die selben Produkte zu niedrigeren Preisen erhalten würden. Da Software zunehmend über geschlossene Systeme vermarktet wird, müssen wir die Rechte der Verbraucher in Bezug auf den Besitz und der Weiterverkauf von Software schützen.

8 Ergänzungen

  1. Die Überschrift ist irreführend. Das gleiche Problem haben wir auch bei MP3s und z.B. Redigi, hat also eher wenig mit ‚geschlossenen Plattformen‘ zu tun.

  2. Heißt das, dass ich rein rechtlich Apps verkaufen darf und apple verklagen kann, wenn die sich quer stellen?

  3. @Lukas: Verklagen kannst du sie, die Frage ist ob du gewinnst. Denn vor Gericht und auf Hoher See sind wir in Gottes Hand. So wie ich das sehe hat der EuGH nur beschlossen, dass man niemanden daran hindern kann Software zu veräußern, nicht aber dass man ihn dabei unterstützen muss. Das heißt unter Umständen, dass du zwar durchaus die Software verkaufen kannst, aber ohne Hilfe von Google oder Valve, was dieses Recht ziemlich sinnlos macht. Es kann natürlich auch sein dass ein Gericht befindet dass man dir helfen muss, aber diese Einschätzung überlässt man dann besser einem Anwalt.

  4. Nun ja… aber alles kein Grund nicht doch bei Apple, Valve und co. immer tolle Dinge zu kaufen, die so neu, so bunt, so hip sind… aahhh…. wohin nur mit meinem Geld????!

  5. Ich finde das begriffliche Geschwurbel mit offen vs. geschlossen in diesem Kontext wenig hilfreich, insbesondere da Verwechselungen mit open source vs. closed source drohen, oder weil Software für die Verwendung durch Otto-Normal-Endnutzer in der Regel sowieso an ein aus seiner Sicht geschlossenes System (PC, Mac, iWhatever, Konsole) gebunden ist. Gerade bei letzterem Punkt kann einem z.B. Steam dann über dieses Missverständnis die ganze Diskussion zerschießen: „weil…. wir sind ja offen, da Multiplatform“.
    Die Softwareindustrie verwendet für die jeweiligen Nutzungsrechte übrigens die passgenauen Begriffe „named user“ und „concurrent user“, die platt und einfach aussagen ob nur ein bestimmter Login oder jeder Login, aber nur eine bestimmte Zahl gleichzeitig die Software nutzen dürfen.
    [Man ahnt schon den Trick, der auch bei Steam etc. greift: Gesonderte Benutzerkonten anlegen und ggf. teilen, allerdings mit Nachteilen für die daran gebundenen Community-Funtionen.]

    Unabhängig davon geht es um die permanente Übertragung von Lizenzen in beliebiger Frequenz, dafür ist das Fließen von Geld („Verkauf“) übrigens völlig unerheblich, auch wenn das vielleicht der argumentative Aufhänger in irgendeinem Gerichtsverfahren war. Auch hier wieder eine unnötige Fehlleitung und Einschränkung des Themenfelds bzw. der Problematik.

  6. Mal eine andere, aber ähnlich gelagerte Frage: wenn ich sterbe, kann ich meinen Steam- oder iTunes-Account an meine Kinder vererben?

    1. Einfach die Login-Daten irgendwo notieren?
      Wird zumindest die praktischste Lösung sein. Fraglich, ob Anbieter wirklich anfangen, Accounts nach 150 Jahren zu löschen, weil der Inhaber nach dieser Zeit verstorben ist.

  7. Zitat:
    „Da Verbraucher ihr unerwünschte Software, welche sie von geschlossenen Plattformen erworben haben, nicht verkaufen können, werden Second-Hand Märkte für gebrauchte Apps und Spiele von ihrer Bildung abgehalten“

    Das nennt sich nicht Verbraucherschutz, sondern Dummenschutz. Allein durch diesen Absatz ist der Text disqualifiziert.

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