EU-Parlament bezieht Stellung gegen Überwachung

Das Europäische Parlament hat die EU-Kommission und alle Organisationen des öffentlichen Sektors in Europa aufgerufen, die Bürger – und auch sich selbst – besser gegen Überwachung zu schützen. Dabei spielt Freie Software eine wichtige Rolle:

Das Europäische Parlament […]:
29. ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen für die Förderung,Entwicklung und Herstellung von europäischer Verschlüsselungstechnologie und -software auszuarbeiten und vor allem Projekte zu unterstützen, die darauf abzielen, benutzerfreundliche Kryptosoftware, deren Quelltext offengelegt ist, zu entwickeln;
30. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Softwareprojekte zu fördern, deren Quelltext offengelegt wird, da nur so garantiert werden kann, dass keine „backdoors“eingebaut sind (sog. „open-source Software“);
31. fordert die Kommission auf, eine Qualifikation festzulegen für die Sicherheit von Software, die für den Austausch von Nachrichten auf elektronischem Wege bestimmt ist, nach der Software, deren Quellcode nicht offengelegt ist, in die Kategorie „am wenigsten vertrauenswürdig“ eingestuft wird;
32. appelliert an die europäischen Institutionen sowie an die öffentlichen Verwaltungen der Mitgliedstaaten, Verschlüsselung von E-mails systematisch einzusetzen, um so langfristig Verschlüsselung zum Normalfall werden zu lassen;
33. fordert die gemeinschaftlichen Organe und die öffentlichen Verwaltungen der Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass ihre Bediensteten ausgebildet und in entsprechenden Praktika und Ausbildungskursen mit den neuen Technologien und Techniken zur Verschlüsselung vertraut gemacht werden;
All diese Forderungen sind gut und richtig. Schade, daß sie schon zwölf Jahre alt sind. [pdf]
Leider sind diese Forderungen nie in nennenswertem Umfang umgesetzt worden. Bei der FSFE sehen wir nicht viel von einer öffentlichen Unterstützung für nutzerfreundliche Verschlüsselungssysteme auf Basis Freier Software. Wenn die EU-Kommission jemals ein Einstufungssystem für Email-Software erstellt hat, entzieht sich das meiner Kenntnis. Der systematische Einsatz von verschlüsselten Emails im öffentlichen Sektor ist etwa auf dem gleichen Stand wie vor zwölf Jahren: Nahe null. Ich treffe auch nicht viele Beamte, die mir von ihren Schulungen in Verschlüsselungstechnologie erzählen.
Trotz alledem: Falls sich das Europäische Parlament und/oder der Bundestag dazu aufraffen, gegen die allgegenwärtige Schnüffelei Stellung zu beziehen, wäre der ECHELON-Beschluss von 2001 nicht die schlechteste Vorlage.

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Eine Ergänzung

  1. Die verkaspern uns auch, während wie dabeistehen…

    Es ist doch so, als wollten uns Einbrecher dazu raten, statt Buche-Türe, lieber welche aus Wallnuss zu nehmen… In beide brechen sie ein.

    Welche Software wir verwenden, ist doch eigentlich völlig egal, solange unsere eigenen Dienste sich über Verfassung und Bürgerrechte stellen und weiter an den Leitungen, den Servern usw. schnorcheln, ja, auch per anderweitiger verbrecherischer Mittel auf Infomationen zugreifen…

    Wir haben ein ernstes Problem für die Demokratien. Unsere Politiker haben sich wie schon längst die Strippenzieher gegen die Bürgerschaften gewandt. Die sich verselbständigen Helfershelfer in den Diensten sind doch nur die dienstbaren Geister, die das Machbare solange ausloten, bis sie endlich gesetzlich, polizeilich und mit allem Druck des Staates ausgebremst, wenn nötig ganz abgeschafft werden!

    Aber wir können sicher sein: die eigentlichen Feinde der Demokratien machen weiter. Derzeit treiben sie ihre finsteren Spiele in Verwendung der staatlichen Strukturen. Der Ansatz muss bei ihrem Kapital beginnen, damit der stille Putsch, der schon fast abgeschlossen ist, noch umgewendet werden kann.

    Dazu zwei Beiträge, die man durchaus mal wahrgenommen haben sollte:

    LE MONDE:
    Der wahre Skandal
    http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/05/10.mondeText1.artikel,a0011.idx,0

    Und WDR5. Radio-Feature: der ökonomische Putsch:
    http://www.youtube.com/watch?v=1mxjmwItjQE

    Auch erhellend zumindest für EU-Bürger: ARTE – Wer steuert die EU?
    http://www.youtube.com/watch?v=-SFIA-0Yefw

    Unsere Demokratien und damit auch die Geheimdienste sind längst in Hände gefallen, aus denen wir sie zurückzunehmen haben. Dazu braucht es Einsicht und Mut. Mir würden langsam nur mal endlich mutige Staatsanwälte und Polizei genügen, die sich der Verfassungsbrecher in der Regierung wie der Strippenzieher hinter den Lobbyisten annehmen: wegen ihrer Umtriebe, die in verbrecherischster Weise unsere Demokratien demontiert haben. Sie haben zig Millionen Menschen in Not gebracht und sowieso um ein lebenswertes Leben. Ihnen sollte unser Zorn gebühren. Es ist überfällig, dass sie er auch wirksam wird…

    Und dann… dann dürfen wir auch wieder Software nutzen, bei der wir von Diensten ausgehen sollten, die u n s verteidigen… und uns nicht ausspionieren wie Verbrecher…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.