Großbritannien will Three Strikes-Modell einführen

Provider im Vereinigten Königreich sollen zukünftig Warnhinweise an Kunden schicken, die Urheberrechte verletzt haben. Damit will die britische Medienaufsichtsbehörde Urheberrechtsverletzungen im Internet deutlich reduzieren. Nach dem dritten Verstoß sollen die Nutzer verklagt werden können.

Nach zwei Jahren interner Konsultation hat die britische Medienaufsichtsbehörde ihren Entwurf für den „Online Infringement of Copyright and the Digital Economy Act“ veröffentlicht. Damit sollen die sechs größten Provider mit 93 % der Breitband-Anschlüsse auf der Insel verpflichtet werden, ihre Kunden über angebliche Urheberrechtsverletzungen anzuschreiben. Diese Hinweise kommen, wie gewohnt und mit den bekannten Problemen behaftet, von den Rechteinhabern.

Wird ein Nutzer drei mal innerhalb eines Jahres verdächtigt, sollen Rechteinhaber die Inhaber-Daten per Gerichtsbeschluss erhalten und klagen können. Falls man sich zu Unrecht verdächtigt fühlt, kann man Widerspruch einlegen. Dafür muss man 20 Pfund Sterling (25 Euro) zahlen. Die Beweispflicht liegt dann jedoch beim Endkunden. Nur wie soll man seine Unschuld beweisen?

Dem Gesetzesentwurf gingen lange Debatten voraus. Daher versucht der Vorschlag, einige unserer Kritikpunkte zu entschärfen. Das schwache Argument der Provider, dass diese dann auf den Kosten sitzen bleiben würden, entkräftet man, in dem die Rechteinhaber drei Viertel der anfallenden Kosten übernehmen. Natürlich entsteht Geld nur an der Börse aus dem Nichts, also werden auch in Zukunft die Verbraucher dafür zahlen, nur eben über einen Zwischenschritt mehr. Die Open Rights Group bezeichnet die Entschärfungen daher korrekt als kosmetisch.

Die grundlegenden Probleme eines solchen Systems, die wir bereits in unserem Schattenbericht zur Studie des Wirtschaftsministeriums dargelegt haben, bleiben jedoch: die Rechtsdurchsetzung wird privatisiert, Provider werden zu Richtern und Hilfspolizisten in Personalunion gemacht, jede Erhebung von verdächtigen IP-Adressen ist fehlerhaft. Zudem werden erhebliche grund- und datenschutzrechtliche Probleme geschaffen.

Und natürlich sollen auch weitere Schritte folgen: „Drosselung der Bandbreite, Beschränkung oder Sperrung des Zugangs, temporäre Sperrung des Kontos“. Diese Art der digitalen Todesstrafe ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern geht komplett am eigentlichen Problem vorbei. Wenn es denn überhaupt eins gibt, die Open Rights Group berichtet: „digitale Umsätze steigen und die Musik- und Filmindustrie bewegen sich in die richtige Richtung“. Nur eben nicht mit diesem Gesetzesentwurf.

Damit das Three Strikes-Modell wie geplant im Jahr 2014 in kraft treten kann, soll das Gesetz Ende des Jahres verabschiedet werden. Zunächst gibt es jedoch einen Monat lang eine Online-Konsultation. Per E-Mail oder Web-Formular kann man der Medienaufsichtsbehörde bis zum 27. Juli seine Meinung sagen.

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5 Ergänzungen

  1. Hoffe mal die kommen noch zur Vernuft…sonst bleibt nur zu sagen „Die spinnen, die Briten“ ;-)

  2. Sie wusten ziemlich genau was sie Bekommen als sie diese Regierung wählen , wer zum 2. mal nach der Thatcher – Regierung wieder auf diese Ultra Britischen „Neocons“ herreinfällt ?
    Sorry da hält sich mein Mitleid in Grenzen..

  3. um einmal fefe zu zitiern: Und an dieser Stelle verabschieden wir uns von Grossbritannien als Teilnehmer der zivilisierten welt.

  4. Ich bin verwundert, dass die Provider hier nicht mehr protestieren, denn selbst wenn dort nur 1/4 der Kosten hängen bleiben dürfte das enormer Aufwand sein…

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