Am 13.7. trafen sich in Brüssel zum zweiten Mal die Chefs der Telekom-Branche und Manager großer Internetfirmen, um die Ziele der Digitalen Agenda Europas zu diskutieren. Bis 2020 sollen alle EU-Bürger über eine Internetverbindung mit einer Geschwindigkeit von mindestens 30 Mbit/s und mindestens die Hälfte von ihnen bis dahin über Verbindungen von 100 Mbit/s verfügen.
Bereits im letzten März fand das erste Treffen der Arbeitsgruppe im Auftrag der EU-Kommissarin Neelie Kroes statt, an dem unter anderem auch Steve Jobs (Apple), Philipp Schindler (Google), Oliver Werner (ARD), Hartmut Ostrowski (Bertelsmann) und Richard Nash (eBay) teilnahmen.
Am vergangenen Mittwoch wurde weiter über mögliche Einnahmequellen für die Finanzierung des Internet-Ausbaus in Europa diskutiert. Die drei Leiter der Arbeitsgruppe, René Obermann der Deutschen Telekom, Vivendi-Chef Jean-Bernard Lévy und Ben Verwaayen von Alcatel-Lucent, haben der EU-Kommission nun als Ergebnis der Sitzung 11 Vorschläge unterbreitet. Da die Ziele der EU-Kommissarin zwar weitgesteckt seien, sie aber – trotz „knapper Ressourcen“ – alles daran setzen möchten, sie zu unterstützen, heißt es: Netzneutralität Adieu! Und in Neusprech: Hallo „Internet of Choices“!
Aus dem Papier:
5-Europe should promote traffic management differentiation to foster innovation and new services and meet demand for different levels of quality. Sound business models combining those services with best effort ones would allow a wide range of innovative offers.
6-Business models could be two-sided, based on commercial agreements, respecting the principles of openness and non anti-competitive discrimination. Exploiting the potential of two-sided markets will bring more innovation, efficiency and quicker roll-out of state of-the-art networks to the benefit of consumers and creative industries.
Achso, die Interessen der Verbraucher werden natürlich gewahrt, denn auf lange Sicht stimmt das ja miteinander überein:
7-Europe should foster innovation and investment, as much as consumer interest. Long term consumer interests coincide with the promotion of innovation and investment.
(Crossposting von vasistas?)
War auf dem Treffen eigentlich irgendwer anwesend der für die Verbraucher spricht. Beim ersten Durchblicken der Teilnehmerliste war mir irgendwie nicht so.
Von daher ist das Ergebniss nicht wirklich überraschend. Natürlich ist der Mist deswegen nicht entschuldbar…
Da sieht man wieder was das für ein Blödsinn ist. Denn wer soll die 30 oder 100MB/s denn nutzen wenn er für Youtube oder Skype extra zahlen soll?
Oder ist es so -und das befürchte ich- das die Politik sich hat dumm machen lassen und glaubt das die Anbieter nach einer kurzen zeit des „Internet of Choice“ freiwillig auf diese Geldquelle verzichten?
Ob man für den Service von encrypteten Verbindungen dann auch extra Zahlen muss? Schließlich zwingt einen ja keiner…
Und wenn nicht, wird es wahrscheinlich dann nicht lange dauern bis diskriminierte Services durch Verschlüsselung versuchen zu verschleiern wer sie sind. Und da man ja durchaus auch bei Verschlüsselten Verbindungen erkennen kann was es ist, muss man halt noch irgendwelchen overhead Ramsch hin und her schicken um das zu verbergen. Dann wird es auch nötig sein, dass alle ne 100Mbit/s Verbindung haben.
Wie das aber mit den propagierten Engpässen zusammen passt, ist mir auch noch nicht ganz klar. Schöne neue Welt.
wir werden alle sterben
Prinzipiell habe ich nichts gegen QoS. Das Zeug steht nicht ohne Grund im IP-Header: es erlaubt verbindungsorientierte Datenübertragung mit garantierten Qualitäten über das Internet. Potentiell sehr geil!
ABER: in dem Moment wo die Anbieter und nicht der Endverbraucher dafür zahlen muss, schotten wir den Markt ab und die großen Freuen sich.
Höherer QoS muss vom Verbraucher gezahlt werden und darf nicht abhängig vom Anbieter sein: eine Level X Verbindung zu Google darf nicht billiger sein als eine Level X Verbindung zu Firma Y. Nur so können neue Firmen schrankenlos durchstarten. Das wird dem generischen Kunden aber überhaupt nicht passen.
Außerdem wäre es sinnvoll zunächst nur ein Kontingent der Gesamtbandbreite für diese Art von QoS freizugeben und künstliche Lags zu verbieten. Das Kontingent kann man dann so lange monatlich vergrößern, bis es zu Problemen kommt (wenn denn überhaupt). Dazu bräuchte es eine europaweite oder besser noch weltweite Netzagentur. Vielleicht die ICANN?
Ist doch logisch, die Lobby regiert europa. Das Volk bzw „Organisationen der Zivilgesellschaft“ werden wenn überhaupt nur eingeladen (und dann auch noch in der Minderheit) um dem ganzen einen Pseudodemokratischen Anstrich zu verpassen.
In Sofern, wenn die Mehrheit der Industrielobbyisten das so will dann wird es auch so kommen. Die Staaten welche schon mit Steuergeldern „Sozialhilfe“ an Banken zahlen werden sich auch um die Verbraucherrechte nicht das geringste kümmern wenn irgendeine Lobby ihre Gewinninteressen anmeldet.
So funktioniert Kapitalismus eben nunmal und Kapitalismus ist keine Demokratie.
Wir sollen die Wahl haben? Zwischen was denn? Mist und größerem Mist oder wie? Internet of (S)choice…..
Wie hat Stephan Urbach so schön geschrieben?
Die haben eh verloren. Wieso gibt es noch 350 MB TV-Rips?
Weil es genügt. Für eine Folge reicht das völlig, um es im Zug oder sonstwo zu schauen. Ab fünf Megabit/Sekunde hat man das Ding unter einer Stunde heruntergeladen.
Die Provider müssten _alles_ sperren, das werden sie aber nie tun. Schliesslich sind es immer die Kinder „reicher“ (oder simpler: Geld ausgebender) Vorstadteltern, die sich einen fetten Anschluss wünschen. Und die wollen nicht nur das, was die Eltern kennen…
Generell kein Problem mit QoS. Wenn ein kleiner Passus aufgenommen wird, denke ich sogar das die recht haben könnten mit Innovation und Vorteile für alle: „Das freie ende der Bandbreite muss mindestens 50% der Kapazitäten ausmachen und darf nicht langsammer sein, als die Durchschnittsgeschwindigkeit / 2 aller QoS verkauften Leitungen Bandbreite“
das würde die Anbieter zwingen für gute Leitungen die sie verkaufen wollen, auch eine menge gute Leitungen für die Startups und normalos dieser Welt anzubieten.
QoS ist doch eigentlich ein Anti-Feature. Ich mache ein funktionierendes Produkt (Internet-Zugang) schlechter und hoffe darauf, dass genug Leute dann dafür zahlen, um den alten Zustand wieder zu bekommen.
Könnte man es auch digitales Raubrittertum (oder virtuelle Kaperbriefe, wenn die EU die Provider gewähren lässt) nennen?!
Ich versteh schon wieder nicht, warum niemand diese Leute nach dem Grund für die Notwendigkeit von QoS fragt?!
Solange die ISPs keine Knappheit an Bandbreiten nachweisen können, reicht doch auch für zeitkritische Dienste das Best-Effort-Prinzip.