Anonymes Handeln muss auch im Internet möglich sein

In der vergangenen Woche haben wir über ein Papier des Arbeitskreis Innen in der CDU / CSU Bundestagsfraktion gebloggt, in dem anonyme Kommunikation im Netz von Innenpolitikern wie Hans-Peter Uhl und Wolfgang Bosbach abgelehnt wird: Eine anonyme Teilhabe am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess ist abzulehnen.

Heute überrascht eine Pressemitteilung des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Kretschmer, der das anders formuliert (Die finde ich nicht online, wurde per Mail verschickt):

„Anonymes Handeln muss auch im Internet möglich sein. Das Oberlandesgericht Hamm hat ein kluges Urteil gefällt. Es bestätigt die Notwendigkeit von Anonymität im Netz zur Gewährleistung der grundgesetzlich geregelten Meinungsfreiheit. Es kann nicht sein, dass Menschen aus Angst vor Repressalien ihr Recht auf freie Meinungsäußerung nicht ausüben. Das Oberlandesgericht spricht hier zu Recht von der Gefahr einer Selbstzensur.

Wer sich jetzt schon gefreut hat, ein Plädoyer gegen die Vorratsdatenspeicherung zu lesen, wird aber im weiteren Verlauf der Pressemitteilung enttäuscht, denn das mit den Anonymität stellt sich der Verfasser dezidierter vor:

Ein grundsätzliches Recht auf Anonymität im Internet kann es nicht geben. Beispielsweise beim Versandhandel, Behördengängen oder bei bestimmten Zahlungsabläufen im Netz kommt niemand auf die Idee, einer anonymen Nutzung. Auch öffentliche Äußerungen von Politikern sollten unter Nennung des Klarnamens publiziert werden. Politische Teilhabe kann und sollte jedoch sehr wohl anonym möglich sein.“

Ich würde ja gerne auch im Versandhandel anonym einkaufen, so wie ich es im analogen Leben auch mache.

27 Ergänzungen

  1. Hm… anonymer Versandhandel? An wen wird denn dann die Bestellung verschickt?

    Ich finde das in der PM durchaus OK konturiert, denn bei
    Versandhandel, Behördengängen oder bei bestimmten Zahlungsabläufen ist Anonymität tatsächlich nicht möglich.

    1. Ob nun wünschenswert oder sinnvoll sei dahingestellt, möglich wär’s schon. Es gibt Packstationen, und wenn man wollte, könnte man sicher auch noch andere Möglichkeiten schaffen.

    2. Ich fände anonymen Versandhandel toll. Ich könnte mir diverse Konzepte z.B. auf Basis von Bitcoin und Packstationen vorstellen, wäre technisch nicht das geringste Problem.

    3. Anonymer Versandhandel wäre eine tolle Sache.
      Mit Paysafe-Card gibt es schon das erste Element (Bin Optimist,
      Geldwäsche-Präventions-Gesetz wird nicht durchkommen;-)).
      Die Post macht aber nicht mit. Paketstationen kann
      man nicht anoym anmelden (auch wenn nur zum Empfang).
      Die Post schickt nämlich Einschreiben, um sicherzustellen,
      dass der Empfänger wirklich existiert.
      Wäre aber eine Geschäftsidee, wenn mal eine Empfangsadresse
      unterhält, an die man Sachen schicken lassen kann. Beim
      Abholen zahlt man dann eine kleine Gebühr für den Service.

      1. Bei Hermes kann ich mein Paket direkt an die jeweiligen Paketshops schicken lassen und das ohne irgendwelche Anmeldung. Benachrichtigt wird man per Mail, mehr als deinen Vor- und Zunamen brauchen die nicht. Allerdings musst du dich dann vor Ort mit dem Perso ausweisen. Klasse in vielerlei Hinsicht und anders als bei der Packstation habe ich auch noch nie anderer Leute Pakete erhalten (die im Gegenzug meines behalten haben *grmpf*) oder musste mein Paket wegen Überfüllung irgendwo in der Pampa abholen ;)

    4. An wen wird denn dann die Bestellung verschickt?

      Zum Beispiel an einen Paketshop (oder einen Automaten wie die Packstationen) wo man das Paket gegen Nennung einer TAN und/oder Bezahlung abholt.

      Oder sogar an Deine Haustür: Dafür muß nur der Paketbote die Adresse kennen, nicht der Händler. Der Paketservice könnnte als Pseudonymisierungsproxy spielen.

      Ein gutes altes Postfach eben, nur für Pakete.

  2. @ Stefan
    Empfänger ist nicht gleich immer der Käufer und zB meinen Webspace bezahl ich mit Paysafecards (gleiche gilt bei musik stores), dort ist der Realname meistens unwichtig.

  3. Theoretisch geht (einigermaßen) anonym auch im Versandhandel. Man verwendet eine Paysafecard zum Bezahlen und läst das Paket an eine Packstation schicken.

    1. Einigermaßen, also Gar nicht?
      Du weisst schon das du dich für die Packstation mit deinem Perso verifiziert hast?

      Oder verwechselst du hier auch Anonymität mit Diskretion?

  4. warum verwechseln die leute eigentlich immer anonyme nutzung mit dem kommunikationsweg? ich kann sehr wohl mit einer behörde per post kommunizieren ohne das die post den absender kennt. und wie sich der nutzer beim versandhandel verifiziert ist aufgabe des händlers und nicht der politik.

  5. Ich glaube die Sache, dass es keine Anonymität beim Versandhandel geben darf, zielt auf Gewisse Plastik Vaginas die ein gewisser Politiker bekommen hat, ab.

    1. Der Versandhandel war noch nie anonym.
      Vielleicht sollte man plötzlich für das Internet eine Ausnahme machen?

      (Ich hoffe du verwechselst hier nur Anonymität mit Diskretion)

      1. Ne ich meinte, dass derjenige der es bestellt hat, Anonym zahlen konnte. Die Anonymität des Empfängers war ja in diesem Fall dem Käufer „egal“.

  6. Ich weiss nciht was du hast Markus, er stellt sich die Anonymität nciht dezidierter vor als im analogen Umfeld.

    Anonymes Surfen Ja. Völlige Anonymität? Damit wäre Verbrechen Tür und Tor geöffnet.

    Denn auch eine Packstation ist schließlich nicht anonymer als eine Postadresse. Außer du erwartest das diese anonymisiert wird, aber das würden nicht nur nette Menschen nutzen sondern auch Betrüger.

    Ich stimme dem Politiker zu.
    Anonymität so weit es geht. Aber es gibt Bereiche wo das PReisgeben der Identität vor handfesten Straftaten schützt.

    1. Noch hinzuzufügen:
      Es gibt verschiedenen Formen der Anonymität.
      Und genau darauf spielt nicht nur dieser Politiker ab.

      Schön, wer etwas Diskretion will lässt es sich an eine Packstation schicken. Ist das nur ein Name und der Händler weiss erstmal nicht wer dahinter steht. (So weit der Händler das mitmacht)

      Aber im Fall der Fälle kann die Post einfach sagen wer hinter der Packstation steckt.
      Das gleiche gilt für jedes andere Unternehmen oder Behörde

    2. Und was ich persönlich überhaupt nicht verstehe:
      Der Politiker spricht offizielle und öffentliche Kommunikationswege an. Kein Forum, keine politischen Meinungen sondern allgemeine geschäftliche Wege.

      Wieso sollten diese im Internet anonymer ablaufen als im normalen Leben? Wieso stört sich keiner daran eine Postkarte oder einen BEstellstein im Umschlag auszufüllen und wegzuschicken
      aber wenn es um das Web geht wird diese Art der anonymen Einschränkung gleich in die VDS-Ecke geschoben.

      Was soll das?
      Das hat was von Fanatismus, als wären hier Fanatiker die überall und um jeden Preis anonym sein wollen. Wohlgemerkt im Netz, im Analogen ist es egal. Aber im Netz.

      Ob das Straftaten begünstigt? Viele Unternehmen nur noch gegen Vorkasse liefern werden -und zwar auch bei Menschen die schon 30 Jahre Kunde sind? Egal. Hauptsache Anonym.

      Ich verstehe diese Einstellung nicht.
      Klärt mich auf.

      PS
      Völlige Anonymität bietet ja acuh netzpolitik.org nicht, nicht wahr? Oder warum muss ich hier Name und eine Mailadresse angeben? Ich kenne den Grund, möchte nur mal und nochmals auf diesen Umstand hinweisen das Identifizierung nicht immer vermeidbar ist.

      1. @DAMerrick: Wenn Du den Grund schon weißt, dann sollte Dir doch auch bewusst sein, dass wir uns vor dem Freischalten eines Kommentars Dich nicht eine Kopie Deines Persos faxen lassen, um den eingetippten Namen und die Mailadresse zu verifizieren…?!

      2. Völlige Anonymität bietet ja acuh netzpolitik.org nicht, nicht wahr?

        Du kannst also nicht einen beliebigen Namen und eine ungültige Adresse (bla.invalid) angeben? Ja ne, is klar.

  7. Das eigentliche Problem ist tatsächlich die Diskretion. Wenn man anonym agierenden Menschen nur lang genug hinterher schnüffelt, wird man irgendwann einen Fehler bemerken und ihre Identität offenbahren. Die Frage ist also: a) legt man es darauf an und b) was macht man mit Daten, die einem freiwillig anvertraut wurden. Von daher könnte man den Spieß leicht umdrehen und fragen: liebe Firma XY, warum sollte ich euch trauen, warum sollte ich mit euch Geschäfte machen? Beweist ihr erst einmal, dass ihr nicht zu der verblendeten höher-schneller-weiter-Fraktion gehört, der außer der eigenen Gier jegliche menschliche Regung fremd ist! Die Frage, wer ‚evil‘ ist, muss sich also nicht nur google oder Apple gefallen lassen, sondern auch der Supermarkt um die Ecke mit seinen Rabattkarten.

  8. @Christoph…ja da ist wohl was dran und ja wir (also auch ich) verkaufen unserer Anonymität für ein bißchen Rabatt und beteilge mich dann an Datenschutzdebatten. Sollt ich wohl mal drüber nachdenken!

  9. Man kann schon einiges unternehmen, um (relativ) anonym surfen zu können. Ganz ohne Spuren zu hinterlassen wird es aber nicht funktionieren, man kann diese Spuren aber doch recht gut verschleiern. Bis zu einem gewissen Grad ist das, denke ich wenigstens, ja auch egal, denn wenn IP-Adressen mitgeloggt werden, ist das kein Problem. Wenigstens solange man nicht irgendetwas illegales tut.

    Was aber schon lustig ist: Fast jeder hat heute einen Facebook-Account. Und fast jeder weiß, dass Facebook im großen Stil Nutzerdaten sammelt. Trotzdem kündigt kaum jemand seinen Account und nimmt diese Tatsache bewußt in Kauf.

    Ich denke, der erste Schritt zur Anonymität im Netz ist der, dass man Soziale Netzwerke meidet und mit seinen Daten sparsam umgeht. Ist aber nicht so cool, wie auf Facebook und Twitter einen Datenstriptease hinzulegen. Betrifft mich übrigens genau so.

  10. Anonymes Handel im Internet: würde ich mir für eBooks, Filme, Musik, Software usw. wünschen, also Downloads. Wenn ich an den Umstand denke, wie ich bei iTunes USA Sachen kaufe, die ich hier nicht bei iTunes bekomme, das könnten die gerne vereinfachen.

  11. Ich schlage ein witziges Anonymitäts-Spiel vor: wir bilden eine Gruppe von ca. 1000 Menschen, die sich eine Paysafe oder Wirecard zulegen, dann einen Spammail-Account am Rechner eines NAchbarn verifizieren und danach ausländische Versandhändler von oben erwähnten Plastikartikeln suchen. Afu einer dafür eingerichteten Forenseite werden dann via PM gezeilt Empfängeranschriften von Abgeordneten ausgetauscht. Diese erhalten dann z.B. 100-fach Pakete von fingierten Absendern, deren Herkunft nur sehr mühsam zu ermitteln sein wird. Und vor allem: mit welcher Rechtsgrundlage sollte man gegen diesen Unfug vorgehen wollen? „Ich stelle Strafanzeige, weil mir frei Haus ein Dildo geschickt wurde?“ – Als Absenderzusatz könnte man ja die Zeile „c/o Anonymität im Internet“ verwenden. …. jede Woche ein anderes „Geburtstagskind“…..

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