Nachrichtenüberblick vom 6.2.2008

Golem: USA: Breite Koalition gegen PRO-IP-Gesetz

Bibliothekare, Wirtschaftsverbände und Bürgerrechtsorganisationen haben in den USA gemeinsam eine Erklärung veröffentlicht, in der sie den Gesetzentwurf zum PRO-IP-Gesetz ablehnen. Die darin vorgesehenen höheren Strafgebühren für Urheberrechtsverletzungen seien unbegründet und schädlich.

Heise: Kennedy: Müssen US-Bürger sterben, damit Telcos straffrei bleiben?

Der demokratische US-Senator Ted Kennedy antwortet mit harschen Worten auf die jüngste Veto-Drohung der US-Regierung gegen eine Reform des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA). Der Präsident habe mehrmals gesagt, das Leben von US-Bürgern sei gefährdet, wenn der FISA nicht grundlegend reformiert wird. Er habe aber erneut sein Veto gegen eine Reform angedroht, wenn sie keine rückwirkende Straffreiheit für Überwachungshelfer enthalte, schreibt Kennedy in einer Stellungnahme. „Wenn wir den Präsidenten beim Wort nehmen, ist er dazu bereit, Amerikaner sterben zu lassen, um Telecom-Unternehmen zu schützen.“ Bush habe erneut gezeigt, dass er keinerlei Interesse an einem Dialog habe.

Heise: Bayern will Chefermittler zum internationalen Schutz geistigen Eigentums

Die bayerische Staatsregierung fordert über den Bundesrat eine Stärkung der Durchsetzung von Immaterialgüterrechten in Drittstaaten. Kern eines Entschließungsantrags (PDF-Datei), über den die Länderchefs bei ihrer Plenarsitzung in anderthalb Wochen entscheiden sollen, ist die Bitte an die Bundesregierung, einen „Beauftragten für den internationalen Schutz geistigen Eigentums“ einzusetzen. Als Vorbild dient den Bayern die US-amerikanische Instanz eines „Coordinator of Intellectual Property Enforcement“, die die US-Regierung erstmals im Juli 2005 beim Wirtschaftsministerium besetzte. Zu dessen Aufgaben gehört es vor allem, das Copyright-System auch in Entwicklungsländern durchzusetzen.

Taz: Musikindustrie erwirkt Internet-Zensur – Gericht stoppt Pirate Bay

Ein dänischer Internetprovider muss per Gerichtsbeschluss den Zugang zu Pirate Bay jetzt blockieren. Die Plattenindustrie freut sich – und die Piraten geben Umgehungshinweise.

Slyck: The Pirate Bay Cache Blocked in Denmark

The International Federation of the Phonographic Industry, or IFPI for short, appears to be taking on much of the public spotlight in the global war on Internet piracy. Their effort is making some progress, as the UK based BitTorrent indexing site OinK was eliminated in conjunction with the BPI. But there remains one significant stronghold: the Swedish BitTorrent tracker, The Pirate Bay.

Heise: Datenschutz-Beirat fürs Weiße Haus bleibt unbesetzt

Die US-Regierung hat es verabsäumt, Kandidaten für eine erst 2006 ins Leben gerufene Kommission zum Schutz der Privatsphäre und der Bürgerrechte zu benennen. Das direkt dem Weißen Haus angegliederte so genannte Privacy & Civil Liberties Oversight Board soll eigentlich dafür sorgen, dass der Datenschutz im viel beschworenen Kampf gegen den Terror nicht gänzlich untergeht. US-Präsident George W. Bush und seine Mitarbeiter scheinen dem Gremium aber keinen großen Wert beizumessen. Laut einem Bericht des Online-Magazins Wired sind die Stühle der Kommission nach den ausgebliebenen Vorschlägen zur Neubesetzung seit dem 30. Januar leer, während im US-Kongress gleichzeitig heftig über die Neufassung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden zum Abhören der internationalen Kommunikation zur Terrrorabwehr debattiert wird.

Heute im Bundestag: Grüne: Informationsfreiheitsgesetz hat sich in der Praxis nicht bewährt

Berlin: (hib/MAP) Zwei Jahre, nachdem das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) verabschiedet wurde, habe es sich in der Praxis nicht bewährt, heißt es in einer Kleinen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (16/7876). Das IFG gibt jeder Person grundsätzlich ein Auskunfts- beziehungsweise Akteneinsichtsrecht bei allen Bundesministerien, Bundesbehörden und Bundeseinrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Mit dem Gesetz sei der alte Grundsatz der Amtsverschwiegenheit abgeschafft worden und an seine Stelle das Öffentlichkeitsprinzip getreten. Eine Kultur der Transparenz habe sich allerdings nicht überall durchgesetzt, so die Grünen. In vielen Fällen werde eher restriktiv als bürgernah auf die Anfragen reagiert, kritisieren die Grünen. Die Bundesregierung habe versäumt, in den vergangenen zwei Jahren die Bürger mit dem neuen Recht vertraut zu machen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte nun von der Regierung unter anderem Informationen darüber, wie viele Anfragen auf der Grundlage des IFG 2007 gestellt wurden und wie vielen stattgegeben wurde.

Tagesschau: Norwegisches Fernsehen wagt Experiment – Im „Piraten-Netz“ durch Skandinavien reisen

Klassische Massenmedien und Tausch-Netzwerke im Internet haben ein gespanntes Verhältnis: Systeme wie BitTorrent oder Kazaa galten lange vornehmlich als Verbreitungswege für Raubkopien und andere illegale Inhalte, werden bestenfalls noch als lästige Konkurrenz angesehen. Das staatliche Fernsehen in Norwegen zeigt nun, wie sich beide Seiten ergänzen und gegenseitig unterstützen können.

Taz: Datenpiraten in Uniform

Künftig soll die Bundespolizei die Daten aller Schiffspassagiere erhalten. Wer die Daten noch bekommt, ist bisher ungeklärt – ebenso wie die Speicherungsdauer.

Taz: So long, Pornokino!

Im Zeitalter der Internetpornografie kämpft das kleine Sexkino ums Überleben. Sind schmuddeliges Erotikkinos und Videokabinen bald Geschichte?

iCommons: The Business of Free Music.

Uninformation: Thema verfehlt, oder: St. Google und die Webdrachen

Letztes Jahr im Dezember sorgte die Publikation eines Papiers mit dem Titel »Report on dangers and opportunities posed by large search engines, particularly Google« (PDF) für Aufsehen und, besonders wg. der darin angeführten »Google-Wikipedia-Verschwörung«, für Heiterkeit. Autor dieser Studie ist der »Informatik-Doyen« (futurezone) Prof. Herrmann Maurer von der TU Graz. Auf der Learntec 2008, die gerade hier in Karlsruhe statt findet, kam es am Abend zu einer Podiumsdiskussion mit dem wunderschönen Titel »St. Google und die Webdrachen« mit, u.a., genau jenem Prof. Maurer. Das musste ich mir natürlich anschauen, es geht doch nichts über die persönliche In-Augenschein-Nahme…

Tagesschau: Details der Volkszählung 2011 vorgestellt – Nur jeder Dritte muss Auskunft geben

Die Vorbereitung der nächsten Volkszählung 2011 geht in ihre konkrete Phase. Bereits ab April werden 80 Millionen Daten aus den Melderegistern und 35 Millionen Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie weitere Daten aus dem Register der öffentlichen Arbeitgeber erfasst. Dies teilte die Abteilungsleiterin im Statistischen Bundesamt, Sabine Bechtold, in Berlin mit.

Guardian: Copyright law should distinguish between commercial and cultural uses.

Golem: BBC nutzt Linux in der TV-Produktion

Auf der Konferenz Linux.conf.au hat Stuart Cunningham von der BBC einen Vortrag über Ingex gehalten, eine Software, die die Rundfunkanstalt zur digitalen TV-Produktion entwickelt hat. Auf fehleranfällige Bänder kann so verzichtet werden. Die Software gibt es auch für jeden zum Download.

Golem: Paulo Coelho: Ein anderer Blick auf das Urheberrecht

Bloß nichts umsonst weggeben, ist die Maxime von vielen Rechteverwertern. Denn wenn die Konsumenten Inhalte kostenlos bekommen, kaufen sie sie nicht. Doch das stimmt so nicht, hat der Schriftsteller Paulo Coelho bewiesen: Er stellt seine Bücher ins Netz – und verkauft seither viel mehr.

P2P-Blog: Best-selling author pirates his own books, gets thousands of new readers.

De-Bug: Open über alles

Web 2.0 Kater? Kein Wunder, denn die Pflege der eigenen Netzwerke ist anstrengend genug. Doch was hilft auf der Suche nach dem besseren Web? Alles öffnen? Drei Null? Die Wolke? Mobiles? Semantik?

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Eine Ergänzung

  1. Ich frage mich ja schon ein wenig, wieso die Grünen dem Gesetz erst zustimmen und sich dann darüber aufregen. Das ist doch absolut widersinnig.

    FDP und Grüne kritisieren polizeiliche Datenspeicherung

    Berlin (dpa) – FDP und Grüne haben die geplante Speicherung von Millionen Schiffspassagierdaten bei der Bundespolizei scharf kritisiert. Die Speicherung von Passagierlisten und deren Nutzung durch die Sicherheitsdienste schaffe kaum mehr Sicherheit, dafür aber um so mehr Kontrolle, sagte der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring am Mittwoch in Berlin.

    Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, der zuständige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) brauche „dringend Nachhilfe in punkto Datenschutz“. Der Bundesrat müsse die Errichtung weiterer Datenberge verhindern und dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetz seine Zustimmung verweigern, forderte Roth.

    Die Bundespolizei soll nach den Plänen automatisch Namen, Geschlecht, Geburtstag und -ort, Staatsangehörigkeit, Ausweisnummer und etwaige Visa-Informationen eines jeden Passagiers erhalten und auf unbestimmte Zeit speichern dürfen, berichtete die „Frankfurter Rundschau“ (Mittwoch). Betroffen seien 29 Millionen Menschen, die pro Jahr einen deutschen Hafen ansteuern oder von dort abreisen.

    Die meisten Daten würden bereits heute für den Fall eines Schiffsunglücks gesammelt, ohne Havarie aber sofort vernichtet. Wie lange die Bundespolizei die sensiblen Daten künftig speichere, sei nicht bekannt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf das Verkehrsministerium. Auch das Bundesinnenministerium konnte am Mittwoch zunächst keine Auskunft darüber geben. Am 15. Februar befasse sich der Bundesrat mit dem Gesetz, so die Zeitung.

    Roth bemängelte: „Die große Koalition setzt ihre Taktik fort, den Datenschutz so weit und von der Öffentlichkeit so unbemerkt wie möglich auszuhöhlen.“ Döring warf Schwarz-Rot „Täuschung und Tricks“ vor, da der entsprechende Passus in einem Wust unwichtiger verkehrsrechtlicher Vorschriften versteckt worden sei.

    dpa bw yydd n1 li

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