Spiegel sucht Anarchie im Netz

Ich hab ja lange nicht mehr einen so schlechten Artikel wie „Die Gratis-Kultur“ gelesen. Ich spar mir jetzt eine Textexegese, ein kleiner Abschnitt reicht um zu zeigen, dass der Autor das Thema wohl nicht wirklich verstehen wollte:

Das Recht muss dem Fortschritt weichen: Dies ist die griffige Formel einer online und offline um sich greifenden Rebellion. Software-Entwickler und Hacker, Musik-Fans und Künstler, Juristen und Wissenschaftler machen mobil gegen das Urheberrecht.

Ob der Autor auch mal daran gedacht hat, dass man Recht auch an den Fortschritt und veränderte Rahmenbedingungen anpassen sollte? Ist meiner Meinung nach sinnvoller, als umgekehrt wie es im Moment mit dem Urheberrecht passiert.

Alles andersrum. Stallman stattete die von ihm entwickelte Software mit einer „General Public License“ aus, einer Lizenz zum freien Gebrauch. Wesentliche Bedingung, die der Urheber Stallman seinem geistigen Eigentum mit auf die Reise gab: dass jeder, der es benutzt oder verändert, es frei weitergibt. Raffiniert – damit war eine kommerzielle Nutzung seiner Erfindung uninteressant.

Raffiniert ist hier auch, dass der Autor weiter im Text seine eigene These widerlegt: Dort schreibt er über Unternehmen, die Dienstleistungen für Freie Software anbieten. Das kann man auch kommerzielle Nutzung der GPL nennen.

Der Artikel stammt übrigens aus dem Spiegel-Special „Wir sind das Netz – Wie das neue Internet die Gesellschaft verändert“. Ein Kauf scheint sich bei der gezeigten Qualität nicht zu lohnen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

11 Ergänzungen

  1. Nööö, das Heft lohnt sich wirklich nicht. Hab heute spaßeshalber am Kiosk ‚mal drin geblättert… wertungsfrei betrachtet, hätte man von einem Magazin, das genug Geld für qualifizierte Journalisten haben sollte, mehr an substantiellem Inhalt erwarten können. Aber vermutlich war das auch nicht der Plan – Hauptsache, „2.0“ vorndrauf…

  2. Einzig PublicDomain kommt ohne Urheberrechte aus. Lizenzen und Bewegungen wie Gnu/GPL, und auch viele andere Opensource Lizenzen _brauchen_ das Urheberrecht als Grundlage um überhaupt irgendeine Aussagekraft zu haben. Insofern sind die zitierten Absätze ja schon sehr enlarvend…

  3. Naja so arg schlecht fand ich den Artikel nicht. Wenn auch nicht ganz korrekt, hift er evtl. $konsument für die Problematik zu senisibilisieren.

    Schade finde ich durchaus, das schon die Überschrift mehr auf „gratis“ als auf „frei“ eingeht. Naja beim nächsten mal vielleicht.

  4. Was soll man von überbezahlten, gut-deutsch bürokratisch denkenden „Journalisten“ auch anderes erwarten? Wenn das eigene Monopol und die eigenen Pfründen in Gefahr sind, ist man für Protektionismus offen. Vielleicht gab’s ja für den Herrn Darnstädt im Gegenzug noch das, äh, Wohlwollen interessierter Gruppen.
    Ansonsten wie 1.: Durchblättern am Kiosk reicht.

  5. Da muss ich martin zustimmen, man muss denke ich den Artikel im Kontext des noch immer microsoftverstrahlten Win-Users, der monopolistische Strukturen für normal hält, sehen.
    Das Heft mag sich nicht für Eingefleischte lohnen, aber ich denke schon, dass es den unbedarften in das Thema zumindest einführen kann.

    One step at a time :-)

  6. Ob der Autor auch mal daran gedacht hat, dass man Recht auch an den Fortschritt und veränderte Rahmenbedingungen anpassen sollte? Ist meiner Meinung nach sinnvoller, als umgekehrt wie es im Moment mit dem Urheberrecht passiert.

    Es ist ja nicht nur der Autor, der dieser Denke verfallen ist. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich zu berichten, dass man eher dazu tendiert die Technik den gelebten (Arbeits-)Abläufen anzupassen als zunächst die Abläufe zu überdenken. Warum sollte man auch das liebgewonnene ändern?

  7. Die These, dass das Recht „an den Fortschritt und veränderte Rahmenbedingungen angepasst [werden] sollte“ und nicht umgekehrt (Technik an das Recht) ist sicher richtig. Die Frage ist nur, wie: Im Interesse der Allgemeinheit oder im Interesse von Konzernen?

    In den letzten Jahrzehnten wurde das Recht ständig (mit wachsender Frequenz) an neue Technologien / Rahmenbedingungen angepasst. Und dabei hinkt das Recht nicht einmal (wie immer wieder behauptet) hoffnungslos hinter dem technologischen Fortschritt hinter. Digitales Rechtemanagement wird schon lange gesetzlich vor Umgehungsmaßnahmen geschützt, in der Praxis funktionieren die Systeme (wenn überhaupt) mehr schlecht als recht.

  8. Adical dagegen scheint sich zu lohnen ;-)
    Klick

    Abgesehen davon, dass Du wohl ausgehend von dem einen bei SpOn gratis und online verfügbaren Artikel das ganze Heft bewertest ;-)
    Gruß

  9. sag mal, ist dir schonmal die werbung unter dem artikel aufgefallen? *fg*

    (musste adblock plus und flashblock ausschalten, damit das ging)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.