Am 30. November gibt es in Berlin die spannende eintägige Veranstaltung „Geistige Monopolrechte als Bedrohung für Gerechtigkeit, Entwicklung und Demokratie?“ (PDF) im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm im Juni 2007.
Wissen ist gerade in unserer heutigen Informationsgesellschaft wertvoller als je zuvor und wird sogar als das virtuelle Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Wissen ist zum wichtigsten Produktionsfaktor herangewachsen und hat somit einen besonders hohen ökonomischen Wert. Der Wert von Wissen ist jedoch nicht nur ökonomischer Natur. Wissen hat darüber hinaus einen sozialen und kulturellen Wert.
* Zugang zu Wissen bedeutet Zugang zu Nachahmer-Medikamenten (Generika) und Saatgut zu haben, aber auch Musik, Texte oder Filme aus dem Internet herunterladen zu können.
* Wissen nutzen zu können, bedeutet erschwingliche Generika herzustellen, Saatgut wieder zu verwenden und Pflanzenzucht zu betreiben, aber auch Musik, Texte oder Filme zu kopieren, zu verändern oder in eigene Werke einzubauen.
Neues Wissen basiert immer auf vorangegangenem Wissen und so bedeutet die Möglichkeit des Zugangs und der Nutzung von Wissen auch die Möglichkeit zu nachahmender industrieller Entwicklung und Technologietransfer und in der Folge zu eigenständiger Forschung und Entwicklung. Auch in den Industrieländern können geistige Eigentumsrechte zur Behinderung von Forschung und Entwicklung führen.
Durch eine überzogene Definition und Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum kommt es zu einem Zielkonflikt zwischen InhaberInnen dieser Rechte einerseits und gesellschaftlichen Interessen andererseits. Dem Argument monetärer Anreize für die Entwicklung von Innovationen steht das öffentliche Interesse gegenüber, gesellschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen und fundamentale Menschenrechte wie die Rechte auf Nahrung und Gesundheit zu verwirklichen.
Den RechteinhaberInnen wird für einen gewissen Zeitraum eine exklusive Monopolstellung zur Ausübung ihres Verwertungsrechts zugesprochen. Aus diesem Grund werden Rechte an geistigem Eigentum auch als geistige Monopolrechte bezeichnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits auf dem diesjährigen G8-Gipfel in St. Petersburg angekündigt, die Bundesregierung wolle auf dem kommenden Gipfel in Heiligendamm geistige Eigentumsrechte zu einem der Hauptthemen machen.
Das hierbei verfolgte Interesse ist ganz eindeutig: Eine Stärkung geistiger Eigentumsrechte soll die deutsche Wirtschaft schützen und ihr Wettbewerbsvorteile verschaffen. Dass dies den oben genannten Zielkonflikt verschärft beziehungsweise wirtschaftliche Interessen weiter über gesellschaftliche Interessen hebt, wird genauso wie die hieraus erwachsenden Folgen in Kauf genommen:
* Geistige Monopolrechte behindern Entwicklung, indem durch den Besitz des überwiegenden Teils der Rechte bei Konzernen in den Ländern des Nordens ein massiver Netto-Geldtransfer von Süd nach Nord stattfindet und zusätzlich Technologietransfer behindert wird.
* Traditionelles Wissen wird von Konzernen des Nordens unter Kontrolle gebracht, da dieses von den herrschenden Systemen geistiger Eigentumsrechte vielfach nicht anerkannt wird.
* Menschenrechte werden verletzt und VerbraucherInneninteressen werden geschädigt, indem starke Monopolrechte nicht nur hohe Produktpreise hervorrufen, sondern beispielsweise durch Kopierschutz und anderen Verboten die Nutzbarkeit von Produkten einschränken. Dies beschneidet nicht nur soziale und kulturelle Möglichkeiten zur nicht-kommerziellen Nutzung von Musik, Filmen und Informationen, sondern hindert Millionen Menschen am Zugang zu dringend benötigten und lebensnotwendigen Gütern wie Medikamenten und Saatgut.
* Das Internet und damit große Teile der Bevölkerungen sollen zunehmend kontrolliert werden, um so das Urheberrecht im Netz besser durchsetzen zu können. Überwachungsmaßnahmen gibt es auch in anderen Bereichen, so z. B. bei Saatgut. Darüber hinaus wird der Zugang zu Information und damit verbundene Möglichkeiten zur Meinungsbildung eingeschränkt.
* Innovationen werden behindert indem geistige Monopolrechte den Austausch und die Weiterentwicklung von Ideen behindern. Besonders folgenreich ist dies im Bereich medizinischer Forschung.
Diese und andere Probleme von Rechten an geistigem Eigentum wollen wir diskutieren und besprechen, wie wir die Politik in Richtung
ausgewogenere geistige Eigentumsrechte beeinflussen können.* Programm
11:00 — 11:15 Begrüßung und Einführung
Oliver Moldenhauer (Netzwerk Freies Wissen)11:15 — 12:15 Bedeutung und Probleme Geistiger Monopolrechte
Riaz Tayob (Third World Network)12:30 — 13:40 Drei wichtige Bereiche exemplarisch dargestellt:
Medikamente, Saatgut, Filesharing/Urheberrecht
Tobias Luppe (Ärzte ohne Grenzen), Mute Schimpf (Misereor)
Rainer Kuhlen (Urheberrechtsbündnis)13:40 — 14:50 Mittagspause
14:50 — 16:00 Drei wichtige Alternativ-Modelle
(Medikamente, Saatgut, Filesharing)Christian Wagner (BUKO Pharma-Kampagne), angefragt
Thomas Schweiger (Greenpeace), Peter Jenner (MusicTank)16:15 — 17:25 Drei beispielhafte politische Auseinandersetzungen
(Medikamente, Saatgut, Filesharing)Colleen Daniels (Health Action International), Georg
Janssen (AbL) Magnus Eriksson (Piratbyran, Schwedern)17:40 — 17:55 Vorstellung der bisherigen Prozesse der Vernetzung und der
Gegenaktivitäten (Paris Accord, A2K Treaty, Konferenz in
Iserlohn..)Moderation: Jürgen Maier / Mona Bricke (Forum Umwelt
und Entwicklung)17:55 — 18:40 3 Kleingruppen, jeweils mit den ReferentInnen von einem der
drei Blöcke18:40 — 19:10 Gemeinsame Diskussion zu G8-bezogenen Aktivitäten.
Vorstellung der Ergebnisse aus den Kleingruppen
Moderation: Jürgen Maier / Mona Bricke——————————————————————
20:00 Beginn Abendveranstaltung
Geistige Monopolrechte – Perspektiven und Strategien für den freien Zugang zu WissenEinleitung von Michelle Childs (KEI, ehem. CP Tech) Diskussion mit Riaz Tayob (Third World Network), Thomas Gebauer (medico
international)Veranstaltungsort:
Werkstatt der Kulturen
Wissmannstraße 32
12049 BerlinVerkehrsverbindungen:
U-Bhf. Hermannplatz U7, U8, Bus M29, M41, 171, 194, 344
Parken auf dem Parkplatz der „Neuen Welt“ an der Hasenheideweitere Infos:
www.g8-germany.infoAnmeldung (nicht zwingend):
info@wissensallmende.deMitträgerInnen:
Aus der G8 NGO-Plattform:
Aktionsbündnis gegen AIDS, Attac, AbL, Blue21, Brot für die Welt, BUKO Pharma-Kampagne, eed, Forum Umwelt und Entwicklung, Gerechtigkeit Jetzt!, Greenpeace, INKOTA, medico international, Netzwerk freies WissenWeitere Gruppen:
Ärzte ohne Grenzen, BER, BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie, Gen-ethisches Netzwerk, CPTech, MisereorDiese Veranstaltung wird gefördert von der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Arbeit und Frauen aus Haushaltsmitteln des Landes Berlin.Die Diskussionen der Veranstaltung vom 30. November werden fortgeführt bei der Wochenend-Tagung zu G8 und geistigen Monopolrechten 13.-15.4.2007, Evangelische Akademie Iserlohn, Villigst
Anmeldungen zur Veranstaltung am 30.11.: info@wissensallmende.de
Das Programm gibt es auch nochmal hier als PDF.
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