Referentenentwurf der Richtlinie zur Durchsetzung Geistigen Eigentums

Das Bundesjustizministerium hat heute wohl den Referentenentwurf für die Richtlinie zur Durchsetzung Geistigen Eigentums verschickt. Umstrittenster Punkt ist die Einführung eines Auskunftanspruchs. Die Musik- und Filmindustrie will mit Hilfe dieses Auskunftsanspruches unkompliziert und ohne den Umweg über die Staatsanwaltschaften direkt bei den Providern herausbekommen, wer sich hinter IP-Nummern verbirgt. Damit soll die Verfolgung von Filesharing beschleunigt werden. Dieser Auskunftsanspruch hat es in sich, da hier existenzielle Datenschutzregelungen ausgehebelt werden. Das Recht der Rechteinhaber auf Auskunftsanspruch wird somit höher bewertet als das Recht der Bürger auf Datenschutz. Und vor allem ist es technisch nicht immer einwandfrei, wer jetzt mit einer IP-Adresse im Netz surft. Unschuldige werden damit öfters die Musikindustrie vor der Tür stehen haben und erstmal beweisen müssen, dass sie unschuldig sind. Ich werde später darüber mehr bloggen, wenn ich den Referentenentwurf mal gelesen haben.

Bis dahin bleiben die folgenden beiden Quellen:

Heise: Bundesjustizministerium will Auskunftsanspruch gegen Provider schaffen
Golem: Durchsetzung geistigen Eigentums soll erleichtert werden

Brigitte Zypries verkündete heute, dass schon Anfang des Jahres der Kabinettsbeschluss fallen soll. Gleichzeitig kündigte sich auch an, dass der „zweite Korb“ der Urheberrechtsnovellierung zum gleichen Zeitpunkt weitergeführt werden soll.

Währenddessen gehen auf die EU-Ebene die Pläne voran, gleich noch den nächsten und schärferen Teil der Richtlinie in einer Version 2.0 zu verabschieden. Die International Herald Tribune hat einen aktuellen Artikel darüber: Prison over patents? Proposed EU law unites foes

2 Ergänzungen

  1. „Der Referentenentwurf wird nun zunächst mit den beteiligten Ressorts der Bundesregierung und mit Verbänden besprochen.“ – das hätten sie gerne! Der geplante Auskunftsanspruch hier im Volltext:

    Bundesministerium der Justiz
    Stand: 3. Januar 2006

    Referentenentwurf

    Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums

    § 101
    Anspruch auf Auskunft

    (1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht wi­derrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Her­kunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonsti­gen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.

    (2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte ge­gen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
    1. rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte,
    2. rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,
    3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder
    4. nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder 3 genannten Person an der Herstel­lung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Er­zeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,
    es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Aus­kunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendun­gen verlangen.

    (3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
    1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Ver­vielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
    2. die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfälti­gungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betref­fenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.

    (4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

    (5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

    (6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder 2 verpflichtet ge­wesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftser­teilung nicht verpflichtet war.

    (7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilpro­zessordnung angeordnet werden.

    (8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.

    (9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 des Tele­kommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landge­richt, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme des § 28 Abs. 2 und 3 entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die sofortige Beschwerde zum Oberlan­desgericht statthaft. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf ei­ner Verletzung des Rechts beruht. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist unan­fechtbar. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

    (10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldege­heimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.