JMStV im Saarland: Chewie hat ein rotes Fell!

Im Saarland regiert bekanntlich die deutschlandweit erste und einzige Jamaika-Koalition auf Landesebene. Konkret wird die Regierung im kleinsten Flächenland der Republik von der CDU (19 Sitze im Landtag), der FDP (5 Sitze) und den Grünen (3 Sitze) gestellt.

Zusammen kommt das Bündnis, das man durchaus als explosiv bezeichnen darf, auf 27 Sitze. Das ist genau ein Sitz mehr, als bei den 51 Sitzen im saarländischen Landtag für die einfache Mehrheit erforderlich ist.

Oder, anders gesagt: würden sich am Dienstag (oder Mittwoch?) nur 2 Politiker der FDP oder der Grünen zur Rebellion entscheiden oder plötzlich erkranken – was ja durchaus im Rahmen des Möglichen ist – wäre der JMStV ausgerechnet im Saarland gestoppt.

Aber, keine Sorge, das wird nicht passieren.

Dafür sorgt, na, wer kommt drauf? Genau, die SPD. Und zwar heldenhaft aus der Opposition.

Zumindest, wenn es nach Ulrich Commerçon geht. Der gute Mann ist stellvertretender Vorsitzender und medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Personalunion. Warum er seinen Fraktionskollegen die Zustimmung zum Staatsvertrag empfehlen wird, erklärt er in einer sechsseitigen Stellungnahme (PDF).

Vorsicht, das Stück stellt hohe Ansprüche an den Leser. Mein Logikmodul war bereits beim Überfliegen mehrfach im roten (sic!) Bereich, einen zweiten Durchlauf werde ich wohl erst heute Abend wagen.

Zum Einstieg positioniert sich Commerçon. Natürlich habe er sich „die Meinungsbildung nicht leicht gemacht“ und „sämtliche Pro- und Kontra-Argumente berücksichtigt“, um sich „ein eigenes Bild zu machen“. Natürlich *hüstel*.

Nicht gelten lasse ich auch das Argument, der JMStV sei „zu kompliziert und werde von keinem verstanden.“ Erstens ist er gar nicht so kompliziert, wie viele es darstellen, und zum größten Teil haben gerade diejenigen, die Horrorszenarien an die Wand gemalt haben, durch (absichtliche oder unbeabsichtigte) Falschdarstellungen erst zur Verwirrung beigetragen.

Soso, „Horrorszenarien“ und „Falschdarstellungen“. Aber gut, haken wir das mal unter rhetorischer Kriegsführung ab.

Zur Verwirrung hingegen trägt auch Commerçon bei, wenn er beispielsweise schreibt:

„Sendezeiten“-Regelungen… …kommen in dem Staatsvertrag nicht vor.

Moment, wie war das noch gleich in §5 JMStV in der Fassung des 14. RÄStV (Siehe auch Drucksache 14/304 (PDF) des saarländischen Landtags, nur damit sich keiner rausreden kann)?

(6) Ist eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung im Sinne von Absatz 1 auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen, erfüllt der Anbieter seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Wenn eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche unter 16 Jahren zu befürchten ist, erfüllt der Anbieter seine Verpflichtung nach Absatz 1, wenn das Angebot nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr verbreitet oder zugänglich gemacht wird. Bei der Wahl der Zeit zur Verbreitung des Angebots und des Umfelds für Angebote der Altersstufe „ab 12 Jahren“ ist dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen.

Keine Sorge, das weiß auch Ulrich Commerçon. Schließlich empfiehlt er die „Sendezeit-Regelung“ bereits einen Satz weiter als Alternative zur Alterskennzeichnung. Tatsächlich hat man als Webmaster die Wahl (Ok, mehr oder weniger …). Was allerdings, wie Commerçon selber eingestehen muss, in der Praxis zu einer „Aufweichung“ des Status Quo führt:

Kritisieren könnte man bei dieser Regelung also eher eine „Aufweichung“ gegenüber dem Status Quo, weil beispielsweise bestimmte PornoanbieterInnen, die bislang zumeist entweder technisch abgesicherte Altersverifkationen oder Bereitstellungszeiten berücksichtigen mussten.

Genau. Wobei das Problem sogar noch vielschichtiger ist: Angenommen, ich entscheide mich als Webmaster für die Alterskennzeichnung und gegen die Sendezeitregelung. Nehme ich damit ab dem 01. Januar nicht kalt lächelnd die sozialethische Desorientierung der Jugend in Kauf? Wohlwissend, dass es noch keine „geeigneten Jugendschutzprogramme“ gibt, die eine Kennzeichnung auslesen können?

Wohlgemerkt, eine Kennzeichnung, für die es keine 4 Wochen, bevor der Staatsvertrag geltendes Landesrecht werden soll, gerade einmal den „Vorschlag“ einer technischen Richtlinie (Mirror, PDF) gibt?

Oder muss ich, bis die Richtlinie abgenickt ist und geeignete Jugendschutzprogramme entwickelt/verbreitet wurde, doch erst einmal ein Altersverifikationssystem vorschalten bzw. (weiter) Sendezeiten beachten (Nachtrag: So steht es tatsächlich auf Seite 12 in der Gesetzesbegründung (PDF))? Alleine schon, um als PornoanbieterIn nicht von einer anderen PornoanbieterIn abgemahnt werden zu können?

Und wie geil (pardon!) wird es erst, wenn ich – also, als PornoanbieterIn nachts frei senden darf und tagsüber eine Alterskennzeichnung reicht? Na, verwirrt? Sorry, war nicht meine Absicht.

Achso ja, die Jugendschutzprogramme. Mir scheint, da hat sich Herrn Commerçon beim Copy’n’Paste aus der FSM-FAQ bei der Meinungsbildung auch verwirren lassen. Erst schreibt er:

Wer weder eine Alterskennzeichnung vornehmen, […], dennoch aber entwicklungsbeeinträchtigende Angebote machen will, muss zulassen, dass ein „geeignetes Jugendschutzprogramm (JSP)“ bei entsprechender Einstellung seine Angebote erkennen kann.

Falls sich das eigene Hirn zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Matschmodus befindet, stellt man sich nun natürlich die Frage, wie das geeignete Jugendschutzprogramm (das es auch noch nicht gibt …) so ein Angebot erkennen kann.

Die Antwort ist einfach! Dazu müssen die geeigneten Jugendschutzprogramme nämlich in der Lage sein …

– auf der Grundlage einer vorhandenen AnbieterInnenkennzeichnung einen altersdifferenzierten Zugang zu Angeboten ermöglichen, also Alterskennzeichnungen erkennen und bei entsprechender nutzerInnenseitiger Einstellung filtern,

– eine hohe Zuverlässigkeit bei der Erkennung entwicklungsbeeinträchtigender Angebote bieten, also auch nicht altersgekennzeichnete Angebote danach unterscheiden können, ob sie entwicklungsbeeinträchtigend sind oder nicht, [Ja, da endet der Satz. Verwirrend, ich weiß]

Halleluja! D.h. ich muss als PornoanbieterIn entweder eine AnbieterInnenkennzeichnung anbringen oder darf mich darauf verlassen, dass das geeignete Jugendschutzprogramm meine Angebote erkennt und zuverlässig bewertet? Wohl kaum. Die Logik dieses Gedanken habe ich offenbar ebenso wenig verstanden, wie Commerçon selber:

In der Tat gebe ich zu, dass gerade diese letzte Frage, also wie die JSPe mit nicht gekennzeichneten Angeboten umgehen, auch von sehr seriösen KennerInnen als „nicht so eindeutig zu interpretieren“ beantwortet wird.

Ach ,)

Tja, und so geht das Zeile um Zeile weiter. Ich überlege noch, ist das schon Chewbacca-Rabulistik, oder versucht der Mann seiner Fraktion sein sehr umfassendes und sämtliche Pro- und Kontra-Argumente berücksichtigendes eigenes Bild nahezubringen, Dinge zu erklären, die er selber nicht verstanden hat?

Das Resultat dürfte in beiden Fällen dasselbe sein: Die bisher nicht mit dem Staatsvertrag befassten SPD-Politiker im Saarland werden zwei Tage vor der Entscheidung absichtlich oder unbeabsichtigt desinformiert verwirrt.

Moment, einen habe ich noch. Die Krönung kommt nämlich zum Schluss:

Wer nach dem voraussichtlichen Inkrafttreten des novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zum 1.1.2011 Menschen im Internet beleidigt, zu Straftaten aufruft, durch Äußerungen Straftaten begeht, gewaltverherrlichende oder volksverhetzende oder ähnliche Äußerungen tätigt, muss dafür gerade stehen – wie bisher auch.

Und genau deshalb brauchen wir … Moment, wie bisher auch? Und welche Sendezeiten gelten noch gleich für Beleidigungen und den Aufruf zu Straftaten? Oder reicht es, Beleidigungen und Aufrufe zu Straftaten zukünftig mit einer passenden AnbieterInnenkennzeichnung zu versehen, damit sie von einem geeigneten Jugendschutzprogramm ausgefiltert werden?

Manchmal sitze ich leise wimmernd vor meinem Monitor.

47 Ergänzungen

  1. 1. Ok, ich gebe zu, nur die Kritiker (oder vielleicht nur DU) haben Ahnung und sich ernsthaft damit auseinandergesetzt. Wer dafür ist, kann das gar nicht getan haben, irrt also. Q.E.D. *hüstel*^^

    *ironie off*

    2. Zu “Horrorszenarien” und “Falschdarstellungen”: Lies z.B. http://www.saar.piratenpartei.de/2010/04/jugendmedienschutzstaatsvertrag-bleibt-fehlerhaft/

    3. „rhetorische Kriegsführung“ Wo sind wir denn hier? Reden wir über einen stinknormalen parlamentarischen Gesetzgebungsvorgang oder über einen Kriegseinsatz? Bitte „abrüsten“ ;)

    4. Sendezeiten kommen in dem Text nicht vor. Es gibt (für Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender Angebote und nur für diese!!!) die Möglichkeit, freiwillig nur zu bestimmten Zeiten diese Angebote on zu stellen. Das ist auch gegenwärtig vielfach Praxis. Damit wird nichts verschlechtert zu Lasten der Meinungsfreiheit ggü. heute.

    5. Meinetwegen gibt es „Aufweichungen“, das bestreite ich ja nicht, sondern sehe ich genau so. Wer will, kann das als „Liberalisierung“ bezeichnen (würde ich nicht so nennen). Das sind aber eben gerade keine Verschärfungen.

    6. Die Äußerungen zu den „PornoanbieterInnen“ sind lustig formuliert. Eine Verschärfung ggü. heute behauptest Du (zu Recht) nicht. Deshalb kann ich auch darüber hinweggehen.

    7. Meinen ironischen Absatz:

    „Wer nach dem voraussichtlichen Inkrafttreten des novellierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zum 1.1.2011 Menschen im Internet beleidigt, zu Straftaten aufruft, durch Äußerungen Straftaten begeht, gewaltverherrlichende oder volksverhetzende oder ähnliche Äußerungen tätigt, muss dafür gerade stehen – wie bisher auch.“

    zu kommentieren mit:

    „Und genau deshalb brauchen wir … Moment, wie bisher auch? Und welche Sendezeiten gelten noch gleich für Beleidigungen und den Aufruf zu Straftaten? Oder reicht es, Beleidigungen und Aufrufe zu Straftaten zukünftig mit einer passenden AnbieterInnenkennzeichnung zu versehen, damit sie von einem geeigneten Jugendschutzprogramm ausgefiltert werden?“

    ist deshalb völlig unlauter, weil ich die von Dir unterstellte Kausalität ja gar nicht behaupte.

    Ich bleibe bei meiner Einschätzung:
    Der „neue“ JMStV bewirkt keine Verschärfungen gegenüber dem bestehenden, sondern schafft die Möglichkeit, sich auf einen rechtssicheren Boden zu begeben, wenn man entwicklungsbeeinträchtigende Angebote machen will. Für alle, die keine entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote machen, ändert sich nix!

    1. Selbst wenn der neue JMStV nicht schlimmer wäre als der alte, wäre das noch lange kein Grund, dafür zu stimmen. Denn der alte war schon Quatsch und hat außer jugendschutz.net niemandem etwas gebracht.

    2. […]Ich bleibe bei meiner Einschätzung:
      Der “neue” JMStV bewirkt keine Verschärfungen gegenüber dem bestehenden, sondern schafft die Möglichkeit, sich auf einen rechtssicheren Boden zu begeben, wenn man entwicklungsbeeinträchtigende Angebote machen will. Für alle, die keine entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote machen, ändert sich nix!
      […]

      Sehr geehrter Herr Commerçon,

      wären Sie so freundlich mir diese Aussage von Ihnen schriftlich (mit Ihrer Unterschrift) zu geben? Zugleich bin ich bereit die Summe aufzubringen die es kostet, dass diese Aussage bei einem Notar hinterlegt wird, der bestätigt, dass Sie diese so getroffen haben.

      Da Sie von dem JMStV so überzeugt sind, sollte es Ihnen ja kein Problem bereiten diese Äußerungen auch in einer Form zu machen die gerichts-verwertbar ist.

      Auf eine Antwort bin ich gespannt….

      Mit freundlichen Grüßen

      Udo Schnitzbauer

  2. 1. Im Laufe der Diskussion und bei der Haltung der SPD – Fraktionen in unterschiedlichen Ländern entsteht leider tatsächlich dieser Eindruck. Und die JMStV ist nicht die erste Diskussion in der Politiker ihren Hang zur Manipulation und geringen Kenntnis des Internets zur schau stellen können.

    2. Genauso Rethorik wie von anderen Parteien auch, nur springt mir kein augenscheinlicher Unfug ins Auge.

    3. Seit wann hat die SPD denn wieder ein Problem mit Kriegsführung? Und ja, auch das war Rhetorik.

    4. Ich finde das wirklich erstaunlich. Sie behaupten Sendezeiten kämen in dem Vertrag nicht vor und formulieren im anschließenden Satz eine Sendezeitenregelung. Glückwunnsch zu solcher Konsequenz.

    5. Also gibt es eine Aufweichung der bisherigen Regelungen? Warum ist der JMStV dann nötig? Der Hauptkritikpunkt an dem Vertrag ist doch, dass er für Contentanbieter größere Unsicherheiten schafft, wenn nicht von vornherein alles als „ab 18“ eingestuft wird. Warum die Selbstkennzeichnung schwierig ist wurde hier: http://ak-zensur.de/jmstv/ gezeigt. Sie stellt also keine wirkliche Alternative zu der, angeblich nicht existenten, Sendezeitenregelung dar.

    6. Ich hoffe wirklich, dass der Link im Wort „PornoanbieterIn“ entdeckt und u.U. auch gelesen wurde. Dann erhält die angebliche Komik der Absätze eine gewisse Tragik. Und vielleicht wird dann auch der Punkt klar, der gemacht werden soll.

    7. Das wird Haarspalterei. Tatsache ist: Der JMStv ändert wirklich nichts an der Verfolgung der genannten Handlungen im Netz, aber warum das dann in einem Text voller Pro-Argumente auftaucht bleibt scheleierhaft. Wahrscheinlich um Verwirrung zu verbreiten, aber das wäre wieder eine böse Unterstellung…

  3. @Ulrich Commerçon:

    Ok, ich gebe zu, nur die Kritiker (oder vielleicht nur DU) haben Ahnung und sich ernsthaft damit auseinandergesetzt.

    Nicht doch. Ich behaupte das nicht mal. Auch nicht, dass das Werk nicht kompliziert sei. Ganz im Gegenteil. Ich schließe ich mich der Meinung von z.B. Prof. Dr. Hoeren an, dass der Vertrag handwerklich miserabel formuliert ist und nicht zuletzt deshalb für Verwirrung sorgt.

    Zu “Horrorszenarien” und “Falschdarstellungen”: Lies z.B.

    Ja nun, dass in der Debatte auf beiden Seiten viel Unsinn behauptet wurde, will ich nicht einmal bestreiten. Dafür muss man nicht einmal im Wiki der Piratenpartei wühlen. Allein, was soll die Floskel in Ihrer Einleitung? Einer argumentativen Auseinandersetzung bzw. rhetorischen Abrüstung ist sie nicht förderlich.

    Sendezeiten kommen in dem Text nicht vor. Es gibt (für Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender Angebote und nur für diese!!!)

    Nur weil der Begriff „Sendezeit“ nicht vorkommt, bleiben es de facto doch eben solche. Und wie schnell man zum Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender Angebote wird, haben nicht zuletzt die Experimente des AK Zensur gezeigt.

    Fast noch hübscher fand ich das Beispiel, das letzte Woche bei Twitter seine Runde machte. Genau, die „Blondinenwitz-Frage“, die sie ja auch kurz anreissen (leider ohne den Empfänger der Botschaft über den Hintergrund des Mems zu informieren).

    Wer will, kann das als “Liberalisierung” bezeichnen (würde ich nicht so nennen)

    Zum Thema PornoanbieterInnen und Liberalisierung hat Alvar Freude nebenan übrigens ein paar Zeilen geschrieben, ich hatte sie oben bereits verlinkt. Ich glaube zwar, dass Alvar in einem kleinen Detail falsch liegt, aber:

    Das ist wohl eher ein Kuckucksei, das uns da ins Netz gelegt wurde, so sehr wir uns nun auch alle als liberale PornoanbieterInnenversterInnen präsentieren können.

    Ich bezweifle nämlich, dass die Staatskanzleien bei der Novellierung des Jugendschutzes im Netz eine Liberalisierung für deutsche Pornoanbieter im Sinn hatten (Stellen Sie sich bei dem Gedanken einfach Ministerialdirigent Hans-Ernst Hanten vor, absurd, oder?).

    DAS wäre aber nicht einmal das Problem, wenn die Liberalisierung nicht so teuer erkauft würde (DAS ist die Kritik, Argumente nebenan).

    Eine Verschärfung ggü. heute behauptest Du (zu Recht) nicht.

    Zumindest nicht für PornoanbieterInnen. Dummerweise aber für den Rest der Welt. Siehe oben.

    Meinen ironischen Absatz […] zu kommentieren mit […] ist deshalb völlig unlauter

    Ironischer Absatz. Soso. Da haben Sie mich wohl schon wieder verwirrt. Und ich dachte fast, dieser kleine Textbaustein sei in böswillig-manipulativer Absicht entstanden. Aber das wäre ja unlauter, auch Ihren Fraktionskollegen gegenüber.

    Für alle, die keine entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote machen, ändert sich nix!

    Aber sicher doch. Genau das ist doch das Problem.* Das fängt bei der de facto eben doch entstehenden Kennzeichnungspflicht an (Die Gefahr der Ausblendung nicht gekennzeichneter Seiten führen Sie ja selber an) und hört beim Komplex Rechtsunsicherheit/ Abmahnungen leider noch nicht auf.

    Trotzdem Danke für ihre Antwort.

    *Vielleicht gibt es da im Laufe des Tages nochmal einen kompakten Arguliner zu. Vielleicht aber auch erst morgen.

  4. Danke für den sachlichen Kommentar #5 ohne Schaum vor dem Mund wie bei vielen Anhängern der Sekte „Zeugen des Internets“.
    Schade um „Netzpolitik.org“, das immer mehr zum „Wachtturm“ der Netzgemeinde mutiert.

  5. Politiker, die zwischen 50 und 70 Jahren verschärfte „Jugendschutzbestimmungen“ per Gesetz regulieren, sei gesagt, dass Ihresgleichen nackt und haschpfeiferauchend in Woodstock tanzten.
    Oswald Kolle war zu jener Zeit „Pflichtfilm“ und der Begriff „Sexualität“ wurde endlich frei ausgesprochen. Im Nachhinein betrachtet blieb aus dieser Zeit der Sexualunterricht an Schulen übrig. Jetzt verabschieden Politiker aus gerade jener Generation „Gesetze“, ich betone verschärft „Gesetze“ die juristische Konsequenzen bei nicht altersgerechten Informationsbereitstellungen nach sich ziehen.
    Damit attestiert diese „Politikergeneration“, dass wohl im Gehirn jener Generation alles vor dem Alter von 40 Jahren an Gedankengut verlorenging!
    WER, JA ZUM TEUFEL WER GLAUBT DARAN, DASS MIT ERREICHEN DES 18.LEBENSJAHRES OHNE VORHERIGEN ERFAHRUNGEN EIN JUGENDLICHER PLÖTZLICH ZUM ERWACHSENEN WIRD?
    Hallo??? Man macht hier Gesetze mit juristischen Konsequenzen! Nicht alles was „ohne gesetzlicher Basis“ existent ist muss in juristische Kleider gesteckt werden!
    Ich kann nur noch heulen über soviel Unverständnis für eine „Periode des Lebens“ die jeder mitgemacht hat …. aber manche sind mit 60 Jahren Erfahrung auf die Welt gekommen!!!

  6. Lieber Ulrich,

    ich lese Deine Chewbacca-Verteidigung mit Amusement.

    Dass der JMStV Bullshit ist, den Internetausdruckern in Deiner und den Nachbarparteien geschuldet, ist so offensichtlich wie Dein Versuch der Verteidigung durchsichtig.

    Sags doch ehrlich: BILD und Bertelsmann (z.B. RTL2) machen Politik in Deutschland, und Ihr könnt dabei zusehen. Die „Guttis“ reiten auf der Welle, zynisch, gleichzeitig geldwaschend und polemisierend.

    Ihr habt doch keine Chance, gegen solchen Dummfug zu stimmen, ganz einfach weil Ihr sonst in der Luft zerrissen werdet. Und deshalb gibt’s z.B. auch für die Grünen so viele „parlamentarische Zwänge“ in dem Punkt. Man kann halt nicht nur Bahnhöfe bauen, äh, verhindern ;-)

    Aber zurück zu dem Elend, das Du Deine Partei nennst:

    Hast Du Dir mal überlegt, nur ein einziges Mal, was passieren würde, wenn Ihr wieder unbequem werden würdet?

    Was passieren würde, würdet Ihr einmal wieder den groben Unfug verhindern und selbst versuchen, Vernunft in das Machtspiel zu injektieren, das so wunderprima ganz ohne jede solche funktioniert?

    Meinst Du wirklich, dann würdet Ihr weiter fallen? Weiter als Ihr es sowieso schon tut (und wohl noch weiter tun werdet)?

    Ich wage kaum, Dich aufzufordern, darüber nachzudenken. Denn letzteres scheint in der SPD (und leider nicht nur da) inzwischen anstössig zu sein.

    Viele Grüsse,
    VB.

  7. in zwei Monaten, wenn auch die Sozialdemokraten die Unsinnigkeit des neuen JMStV erkannt haben, macht die SPD dann wieder den crazy Dörmann: „wir waren schon immer grundsätzlich dagegen“, jaja kennen wir ja alles schon…

  8. Warum muss auf Biegen und Brechen ein von allen Seiten anerkannt schlechter Entwurf um jeden Preis durchgedrückt werden?

    Sowohl diejenigen, denen es um wirksamen Jugendschutz im Web – um mehr als das Web geht es nicht – geht, als auch diejenigen, die das Ökosystem Web vor derlei Eingriffe schüten wollen, sind sich einig: Der vorliegende JMStV ist von vorn bis hinten Murks und bringt für alle nur Nachteile.

    Geht es hier um Machtdemonstration? Kurt Beck hat den Längsten?

    Warum zieht man sich nicht mit Fachleuten zurück und arbeitet einen wirklich praxistauglichen JMStV aus, wenn es schon sein muss?

  9. @13 Volker Birk

    Es gibt auch noch die Seeheimer. Die sind doch ganz dicke mit Bertelsmann und Springer.

  10. @Tharben: „…denen es um wirksamen Jugendschutz im Web – um mehr als das Web geht es nicht – geht, als…“

    Das Web kennen eben diese Leute nicht. Darum scheitert jede Diskussion. „Doktor Sommer“ in der „BRAVO“ kennt diese Generation. Hat es dieser Generation geschadet manchen Unfug zu lesen, der jetzt nicht mehr jugendfrei ist? Ich zitiere: „Die Festlegung, welche Medien als jugendgefährdend einzustufen sind, trifft die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) – ehemals Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. “
    Wie soll sowas in einem Medium greifen, dass über alle Landesgrenzen hinweg „noch einigermaßen offen“ existiert? Was soll auf Grund solcher Rechtsvorschriften geschehen? Will man die Gründung von Briefkastenfirmen im Ausland fördern um dort Webserver über diese dann dort ansässigen Firmen anzumieten die das deutsche Recht umgehen? Will man dafür sorgen, dass „jeder“ Jura studiert, da man vom Wohnzimmer aus Abmahnungen versenden kann um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten?
    Ich kann mich mit diesem „System“ kaum mehr identifizieren. Politikverdrossenheit hat aber darin seinen Ursprung.
    Mitglieder aller Parteien sollten einmal wieder nachdenken, ob Listenplatz und Ranking innerhalb der Parteien als auch der Fraktionszwang wirklich unter allen Umständen noch angemessen sind!

  11. Fachleute,also Experten? Die werden zwar eingeladen, aber deren Urteile werden von den Politikern ignoriert. Denn wenn Politiker sich etwas in den Kopf gesetzt haben, dann bleiben sie dabei, egal was Experten dazu sagen.
    Soweit ist es halt schon gekommen.

  12. Sorry, wenn ich n bisschen neben Thema bin, aber es kam ja schon häufiger die Frage auf, wie spät es eigentlich im Internet sei…
    tatsächlich müsste man ja die lokale Zeit des Empfängers berücksichtigen. Wenn ein Besucher JavaScript aktiviert hat kann man die einigermaßen komfortabel auslesen, ohne JS müsste man den Benutzer einfach fragen… nun frage ich mich gerade ob das die Bedingungen erfüllen würde.

  13. Eine kleine Korrektur: ab 1.1. 2011 wird man sich nicht für die Kennzeichnung entscheiden können, denn in der Gesetzesbegründung steht:

    Diese Wirkung kann darüber hinaus erst dann eintreten, wenn ein geeignetes Jugendschutzprogramm tatsächlich verfügbar ist. Bis dahin sind Anbieter auch bei einer Kennzeichnung verpflichtet, weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

    Da dies vermutlich erst im Sommer der Fall sein wird, muss man vorher eine der beiden anderen Maßnahmen ergreifen.

  14. Die Piratenpartei Saarland bemängelt in der Pressemitteilung vom April vorallem die mangelde Transparenz bei der Entstehung des JMStV. Wenn ich mich an die ersten Berichterstattungen auf netzpolitik zurückerinnere muss ich ihr da leider recht geben. Erst später wurde teilweise Transparenz hergestellt.

    Ansonsten sehe ich das wie ambee. Möchte aber hinzufügen, dass die SPD nach der Verabschiedung des JMStV in der Lage zu sagen „Wir sind ja dafür ihn wieder zu ändern, aber die CDU will das nicht“.

    Leider besteht die Netzpolitik der Parteien darin die Positionen der CDU zu vertreten und den Schwarzen Peter immer anderen zuzuschieben. Die CDU ist die einzige Partei die ihre Positionen bei Netzpolitik und Freiheit/Sicherheit konsequent vertritt.

  15. Wenn es in der Tat um Jugendschutz ginge, bräuchte man nur Tucholsky über die Schmutz- und Schundliteratur-Kontrollorgane zu zitieren …

  16. Ich bin kein Freund des JMSTV, habe mich auf jmstv-ablehnen.de eingetragen, viel zum Thema gelesen und auch dazu geschrieben und kommentiert. Was mir in der Diskussion inzwischen fehlt, sind Alternativen.
    Den JMSTV2003 behalten?
    Der ist noch unausgegorener!
    Den JMSTV ganz abschaffen?
    Das würde bedeuten, sich komplett auf´s Strafrecht zu beschränken. Also alles was nicht explizit verboten ist, ist uneingeschränkt erlaubt. Das hieße auch, Teletubbie-Videos und daneben Bannerwerbung für Titten, Egoshooter…. Aus meiner Sicht auch nicht wirklich erstrebenswert.
    Aus dieser Perspektive ist die eigenverantwortliche Alterseinstufung durch den Anbieter und die freiwillige Instalation der software durch die Eltern, wohl tatsächlich das mildeste Mittel und ein recht ausgewogener Kompromiss aus Meinungsfreiheit, Jugendschutz und Eigenverantwortung der Anbieter und der Eltern.
    Über Sinn, Unsinn, Erfolg oder Misserfolg wird letztendlich die Umstzung des JMSTV entscheiden. Wird er von allen ignoriert werden, wie der alte jmstv? Wie wird die software tatsächlich funktionieren und wird sie tatsächlich auch genutzt werden? Wie wird die Alterseinstufung durch die Anbieter kontrolliert und wie wird bei Verstößen reagiert?
    Es bleibt auch abzuwarten, wie die übrigen Regierungen dieser Welt das Thema angehen werden? Wird auf dem holländischen server weiterhin alles möglich sein? Ich vermute in den nächsten Jahren wird es in vielen Ländern ähnliche Regularien geben.

  17. Hallo,

    ich kann die Argumentation von Herrn Commercon nach wie vor nicht nachvollziehen. Finde es aber schon Mal sehr bemerkenswert, dass er sich hier aktiv an der Diskussion beteiligt. Das lässt mich zumindest hoffen ;-)

    Schönen Abend noch…

  18. Es ist zum Gegen-die-Wand-laufen. Am liebsten würd‘ ich in den Landtag gehen, den Typen herauskomplimentieren und dabei „komm‘, lasset, ich mach‘ den Scheiß jetzt selber“ sagen.

  19. @Alvar: Also im Prinzip wie in …

    „Oder muss ich, bis die Richtlinie abgenickt ist und geeignete Jugendschutzprogramme entwickelt/verbreitet wurde, doch erst einmal ein Altersverifikationssystem vorschalten bzw. (weiter) Sendezeiten beachten?“

    … oben bereits kurz angerissen.

  20. Hat eigentlich schon jemand herausgefunden, ab wann ein Angebot (Text, Bild, Video, whatever) „entwicklungsbeeinträchtigend“ ist?

  21. Sehr geehrter Herr Ulrich Commerçon,

    Sie gehen davon aus, das ausschließlich entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte vom JMStV betroffen sind.
    Als Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Söhnen weiß ich, das alles aber auch wirklich alles „Entwicklungsbeeinträchtigend“ ist.
    Trotzdem, oder manchmal auch gerade deshalb, habe ich mich dazu hinreißen lassen, den Jungens auch schon mal etwas zu verbieten.
    Ja, ich wusste, das es Ihre Entwicklung beeinträchtigen wird, wenn ich Ihnen verbiete einfach auf andere Kinder einzuschlagen. Ich denke trotzdem, das ich richtig gehandelt habe.
    Im übrigen habe ich mir bei den entsprechenden Verboten nicht überlegt, wie ich welchen Teil des Verbotes klassifiziere.
    Entschuldigen Sie das bitte, damals waren wir halt einfach noch nicht so weit wie Sie es heute sind.

    …und kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, das ich da was falsch verstanden hätte.

  22. Also ich möchte mich mal bedanken, das ihr hier diese Themen immer und immer wieder anpackt und analysiert etc.

    Ich muss ehrlich gestehen, nach einigen Jahren abgestumpft zu sein, ja, man könnte sagen, die Politikverdrossenheit ist bei mir angekommen. Obwohl nichts-tun natürlich eine Option ist.

    Doch:
    Angesichts dieses gigantischen Molochs der Unwissenheit (Netztechnik und -sozialleben) und der gewollten Taubheit gegenüber derer die damit arbeiten und leben, bin ich Fassungslos.

    Daher „Danke“, das ihr trotzdem immer wieder die Kraft aufbringt dagegen anzugehen.

  23. @Johannes Döh: Danke für den Hinweis. Ich lasse den einfach mal umkommentiert stehen, dann kann sich jeder selber ein Bild machen (Nicht, dass hier noch zum rhetorischen Kriegseinsatz wird …).

    @RatRex: Keine Ursache. Ich hatte als Alternative zum Blog ja schon über ein Haustier nachgedacht. Macht Spaß, leider aber auch Dreck. War also auch nix ,)

  24. Hol dir nen Axolotl. Deren Gliedmaßen sind wie Zensurgesetze. Kaum hast du das eine abgeschnitten, da wächst schon ein neues ;)

    1. Eher wie Gras oder Löwenzahn. Nach jedem Schneiden kommen die kräftiger wieder. Kann nicht mal jemand die Wurzeln ausgraben?

  25. @Frank: Eine Neufassung bzw. Überarbeitung fehlt noch in deiner Liste der Alternativen.
    Dennoch bin ich im Allgemeinen zufrieden wie es bisher ist. Der 2003er mag unausgegoren sein, aber bisher hat er mich nicht gestört und ich empfand ihn auch nicht zu lasch. Ich habe ihn nicht gelesen, bisher aber gut damit gelebt.

    Dein Horror-Szenario mit Erotik-Werbung bei Teletubbies-Videos ist auch nur halb so wild wie es erst wirkt:
    a) Ich halte die Teletubbies für beeinträchtigender als Erotik, insbesondere für die Zielgruppe (noch-nicht-im-Kindergarten-Kinder), die die Titten ggf. noch gut von Mami in Erinnerung haben und den Egoshooter gar nicht verstehen.
    b) Wird Werbung in der Regel passend zum Inhalt gewählt. Neben Teletubbies wirst du nicht Quake kaufen können, sondern Spielzeug, Babyfone und Windeln.
    c) Kinder, die mit Werbung nicht „normal Verantwortlich“ (also in einem Rahmen, in dem Erwachsene das auch können) umgehen können sollten ohnehin nicht allein vor dem Computer sitzen. „Experten“ empfehlen Kinder bis sie ~13 sind nie alleine ans Netz zu lassen (bis sie ~8-9 sind nicht alleine an den Computer).
    Und wenn 13jährige sich mal nen Softporno anschauen (Hardcore erfordert ja weiterhin eine Alter-Verifikation), dann halte ich das für entwicklungs-fördernd.

  26. @Ulrich Commerçon

    Sie übersehen bei der ganzen Säbelrasselei den wichtigsten Fehler der ganzen Sache: Das JMStV ist beim Schutz Minderjähriger genauso wirkungsvoll wie das Stoppschild, nämlich gar nicht.

    Alles was es bewirkt ist dass Anbieter „Entwicklungs-beeinträchtigender“ Inhalte ihre Server ins Ausland stellen und rund um die Uhr ohne Schranken Zugriff erlauben. Dies geht natürlich mit einem dementsprechendem Schaden an der deutschen IT-Branche einher.

    Meiner Meinung nach ist jegliche Diskussion weiterer Punkte nur das Streuen von Nebelkerzen, solange diese Problematik nicht gelöst ist.

  27. @Christian Walde: Es sei denn, die entsprechende Filter arbeiten in der Grundeinstellung mit einem Blacklisting für nicht gelabelte Angebote.

    Und nein, ich bin nicht völlig durchgeknallt und weiß auch sehr genau, was ich schreibe. Mir ist durchaus klar, wie realitätsfern die Vorstellung auf jeden wirken muss, der dieses Internet schon einmal persönlich getroffen hat.

    Allein, genau obige Forderung wurde erst kürzlich wieder von einem in der Debatte maßgeblich Beteiligten erhoben. Hinter verschlossenen Türen wird sie schon länger diskutiert (wohl wissend, dass der Ansatz derzeit ebenso wenig Sinn macht, wie eine Durchsetzung von Sperrverfügungen durch die KJM (die eiert da ja nun auch schon ein paar Jahre rum)).

    Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an den Dogfight zwischen Martin Stadelmaier (Chef der Staatskanzlei RLP und einer der Väter des Staatsvertrags) und Alvar Freude auf dem Politcamp 2010 im März in Berlin (Videos leider offline) – auch da war das Blacklisting bereits Thema.

    Und nein, ich glaube persönlich nicht, dass am 1. Januar jemand den Schalter umlegt und das Internet aus dem Ausland ausknippst. Wie auch, es gibt ja noch nicht einmal „geeignete Jugendschutzsoftware“. Ich glaube nicht einmal, dass ein Blacklisting für nicht gelabelte Inhalte in 3 oder 6 Monaten (oder wann auch immer die Software zur Verfügung stehen wird) Grundeinstellung sein wird.

    Ich sehe ein solches Blacklisting eher als Option/Wunsch, während mit dem JMStV einer technischen Infrastruktur der Weg bereitet wird. Und bereits das ist schlimm genug.

  28. Hallo, Jörg-Olaf,

    das Problem ist ja noch nicht, dass jemand das Internet ausknipst und durch ein Kindernet ersetzt (das kommt jetzt erst später, nachdem der Gegendruck momentan noch zu hoch ist).

    Das Problem sind neben der völligen Unklarheit dieser Rechtsnorm die Bussgelder dafür.

    Ich jedenfalls kann Kris Köhntopps Reaktion sehr gut nachvollziehen, denn sie ist auch dem Frust geschuldet. Wir sollten vielleicht doch Kris‘ Vorbild folgen, nicht, weil wir Angst haben müssten, dass uns wirklich am 1. Januar alle die Staatsmacht aus dem Netz drückt, sondern weil die Leute, die derzeit Staatsmacht sind (und das auch bleiben werden), genau das wollen. Die werden jetzt den Druck immer weiter erhöhen. Ich denke nicht, dass solche Bussgelder Papiertiger sind, die sollen jetzt auch eingesetzt werden.

    Es gibt ja neben dem ganzen naiven Unfug des „Kinderschutzes“ tatsächlich ein gutes Hauptargument, weshalb es für die politische Kaste höchst interessant ist, alle Möglichkeiten der Nicht-Mainstream-Presse, insbesondere also auch die Blogs zu bekämpfen:

    Sie sind unbequem und nicht zu kontrollieren. Die sogenannte „freie Qualitätspresse“ hat man ja bereits fest im Griff. Zu unbequeme Dinge kommen da oft gar nicht mehr.

    Es empfiehlt sich also, wenn es so weitergeht in diesem Staate, in ein Nicht-EU-Land auszuwandern.

    Und wer das noch für übertrieben hält, dem wünsche ich viel Spass beim Bekämpfen des Censilia-Wahnsinns. Da wäre Gegendruck JETZT wirklich hilfreich (wurde hier ja auch schon geblogt). Ich teile den Optimismus, der hier darüber verbreitet wurde, keinesfalls, und hoffe, dass ich mich da irre.

    Wikileaks ist ein zweischneidiges Schwert: es zeigt den Machthabern auch: wir haben ein Problem. Wir kontrollieren nicht das Internet, und das kann wichtig werden. Auf die vielfältigen Reaktionen dazu bin ich gespannt. Die erste, die ich erwarte, ist, dass die USA Julian Assange ermorden.

    Viele Grüsse,
    VB.

  29. Hallo Volker,
    ich glaube nicht, dass Druck aufgebaut werden kann, wenn die ganzen Blogs sich zurückziehen – es trifft nämlich nicht die Richtigen. Im Zweifelsfalle wird ein politischer Entscheider sich freuen, dass eine unabhänig-kritische Stimme schmollend verstummt und seine Pressemeldungen unkommentiert verbreitet werden.

  30. @Jörg

    […]Es sei denn, die entsprechende Filter arbeiten in der Grundeinstellung mit einem Blacklisting für nicht gelabelte Angebote.
    […]

    Sollte das (ansonsten macht der JMStV keinen Sinn, wegen der sich nicht an die De-Vorschriften haltenden ausländischen Seiten) bei der nutzerautonomen Software der Fall sein, wird so meine Prophezeiung, die Zahl wo dieses Programm installiert ist in den Keller gehen und die lieben Eltern werden das Teil schneller runter schmeißen als die KJM indiziert sagen kann.

    Was gilt die Wette, dass nur eine Minderheit der Erziehungsberechtigten dieses Filterprogramm einsetzen wird und ansonsten „Business as usual“ herrschen wird?

    Stellt sich dann nur die Frage wie unsere geliebten und verehrten Jugendschützer und Organisationen auf das reagieren werden, wenn Umfragen so ein Ergebnis zeigen. Wird es als Nutzung der Elternprivilegien (im Sinne der Absätze in den StgB Paragraphen 184 und 131) anerkannt werden oder (was ich eher glaube) kommt dann der Ruf nach einem Filter beim ISP mit der „Opt out“-Funktion?

    bombjack

  31. @bombjack:

    Sollte das […] der Fall sein, wird so meine Prophezeiung, die Zahl wo dieses Programm installiert ist in den Keller gehen und die lieben Eltern werden das Teil schneller runter schmeißen als die KJM indiziert sagen kann.

    Natürlich. Das ist soweit auch den Verantwortlichen klar (Ok, nicht allen).

    Ein Blacklisting als Default wäre im Geiste des JMStV zwar konsequent, macht aber eben auch strategisch nur wenig Sinn (Ebenso, wie es für die KJM keinen Sinn gemacht hat, Sperrverfügungen in der Fläche durchzusetzen, obwohl man sich eigentlich ja total sicher war, „unzulässige Inhalte“ sperren zu müssen und zu dürfen).

    Mit dem Blacklisting nicht gelabelter Angebote ist es letztendlich also wie bei vielen Kritikpunkten am JMStV. Sie entfalten ihre Wirkung nicht unmittelbar, sondern erst im Laufe der Zeit. Brückenköpfe halt.

    Wenn ein Blacklisting überhaupt Akzeptanz finden soll, braucht es erst einmal eine gewisse Basis an gelabelten Seiten. Die Frage ist, mit welchem Druck bzw. welcher Motivation man diese Basis am besten/schnellsten erreicht.

    Aber: Eine kritische Masse dürfte, gerade, was die Relevanz für Kinder und Jugendliche betrifft, da durchaus zeitnah zu simulieren sein. Nein, das ist dann kein Internet mehr, sondern eher ein „erweiterter Surfraum“.

    Bei ICRA kalkulierte man damals (ok, recht optimistisch und Web2.0 …) mit 1000 Seiten:

    Selbst innerhalb der Europäischen Kommission, die das Projekt fördert, ist aber nicht unumstritten, ob eine Verlagerung der „Filterlast“ auf alle Inhalteanbieter sinnvoll ist. Leicht könnte ein „faktischer“ Rating-Zwang dadurch entstehen, dass große Unternehmen einfach durch ihre Marktposition ein Filtersystem durchsetzen. 80 Prozent des Internet-Verkehrs könnte durch eine Rating der 1000 wichtigsten Seiten erfasst werden, meint Hoff.

    Wie gesagt, die unmittelbaren Folgen dürften die meisten von uns nicht bemerken. Beim Rest schaun‘ mer dann mal. Ich bleibe da dabei, was ich schon im Frühjahr schrieb: Vom Potential halte ich den JMStV für deutlich problematischer als das Zugangserschwerungsersetz. Gerade, weil er seine Wirkung wohl schleichend entwickeln wird.

    Was gilt die Wette, dass nur eine Minderheit der Erziehungsberechtigten dieses Filterprogramm einsetzen wird und ansonsten “Business as usual” herrschen wird?

    Frag mal in der Staatskanzlei RLP, ob jemand mit dir wettet ,) Der JMStV ist auf vielen Ebenen ein Testballon, von dem noch keiner so recht weiß, wo/ob er in der Realität verfängt.

  32. Mein CSU MdL schickte mir als Antwort auf eine Mail mit einige Kritikpunkten zum neuen JMStV die Stellungnahme von Ulrich Commerçon. Ich verwies ihnf freundlich auf diesen Eintrag hier, vielleicht überkommt ihn ja zumindest persönliche Einsicht.
    Ansonsten ist das alles ein einziges Trauerspiel.

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