CDU/CSU zu Netzneutralität: Voraussetzung für Innovationen

Der CDU-Abgeordnete Peter Tauber hat im Blog der CDU/CSU-Fraktion einen interessanten Beitrag zur Netzneutralitäts-Debatte geschrieben: Netzneutralität: Voraussetzung für Innovationen.

Positiv ist, dass die CDU/CSU der Netzneutralität einen hohen Wert für ein Innovationsklima zubilligt.

Es erlaubt jedem etwas beizutragen und innovativ tätig zu sein, ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen. Nach meiner Ansicht muss das auch so bleiben. Dass es so bleibt, ist aber keineswegs selbstverständlich. Die Netzneutralität ist nämlich nicht nur in Diktaturen wie China in Gefahr.
[….] Technische Möglichkeiten der Provider wie „Deep Packet Inspection“ oder Protokollerweiterungen dürfen nicht dazu verwendet werden, einzelne Dienste zu behindern oder zu untersagen. Die Kontrolle der transportierten Datenpakete darf allein der Sicherung der Qualität der Netze und nicht des Inhalts dienen. Eine inhaltliche Priorisierung oder Zensur und Blockierung lehne ich entschieden ab.

Auch bei diesem Hinweis auf China bleibt zu hoffen, dass sich die progressiven Kräfte in der CDU/CSU gegenüber ihren Kollegen durchsetzen, die immer noch von Netzsperren träumen.

Ein Punkt ist aber etwas missverständlich ausgedrückt, der aber nach Rücksprache etwas anderes meint:

Alle Nutzer müssen einen gleichen Zugang sowie eine ausreichende Übertragungsqualität zur Verfügung haben. Die Notwendigkeit einer ausreichenden und sicheren Finanzierung der durch die Netzbetreiber angebotenen Leistungen steht außer Frage. Dies bedeutet, dass ein Netzbetreiber bessere, qualitativ höhere Übertragungsleistungen anbieten und diese einem Kunden zur Verfügung stellen kann, wenn dieser dies wünscht und die Kosten trägt.

Man könnte das auch so verstehen, dass Netzbetreiber die Möglichkeit haben, z.B. Unternehmen Schnellstraßen im Backbone durch Priorisierung des Datenverkehrs zu verkaufen. Das ist aber nach Rücksprache nicht gemeint. Sondern nur die Unterscheidung, dass ISPs unterschiedliche Angebote an Endkunden verkaufen können, z.B. die Unterscheidung eines 2MB/s Anschluss gegenüber einer 16 MB/s Variante. Dagegen spricht nichts, weil das nicht die Netzneutralität gefährdet.

Insgesamt bin ich erfreut, eine solche Position aus der CDU-/CSU-Fraktion zu hören. Ich bin aber immer noch nicht wirklich davon überzeugt, dass der Markt schon selbst Netzneutralität sichern wird.

13 Ergänzungen

  1. Man könnte das auch so verstehen, dass Netzbetreiber die Möglichkeit haben, z.B. Unternehmen Schnellstraßen im Backbone durch Priorisierung des Datenverkehrs zu verkaufen

    Was wäre denn daran schlimm?

  2. @Hal

    Diese Priorisierung des Datenverkehrs würde das Internet von einer Demorkatie zur Plutokratie machen.

    Wer mehr Geld zahlt ist schneller und damit automatisch wettbewerbsfähiger als die Konkurrenz.

    Dies würde die große Stärke des Internets aushebeln: Innovation mit wenig Startkapital.

    Zusätzlich würde eine solche Trennung erlauben den Endkunden bestimmte Dienste und Anbieter zu drosseln. Gegen eine Gebühr (oder gar nicht, wenn es um Konkurrenten geht) könnte man dann mehr Geschwindigkeit kaufen.
    +5€ und Spiele laufen wieder. Für nur 6,50€ mehr im Monat auch Youtube etc.

  3. Das „gleiche Geschwindigkeit für alle“ klingt für mich eher ziemlich sozialistisch. Was ist denn mit QoS-VoIP ? Das ist doch schon eine Priorisierung? Die im Übrigen dringend notwendig ist, wenn VoIP konkurrenzfähig sein soll. Ansonsten erschließt sich mir nicht, wieso eine Priorisierung gleichzeitig eine Diskriminierung darstellen soll. Nur weil sich einer eine xx MBit/s-Leitung garantieren lässt, heißt das doch nicht, dass ein anderer deshalb „gedrosselt“ wird. Das eine hat mit dem anderen doch gar nichts zu tun.
    Für mich klingt das eher nach einer typischen Neiddiskussion. Keiner darf auch nur einen Jota „besser“ gestellt werden. Es müssen alle gleich sein. Solche Neiddiskussionen gibt es in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu Hauf.

  4. Netzneutralität ist ein Gebot der Vernunft. Man stelle sich vor, ein Lieferdienst dürfte gegen Bezahlung Schnellstraßen nutzen und ein anderer nur die Landstraßen. Dass das nicht fair wäre, sollte klar sein.

  5. Netzneutralität ist ein Gebot der Vernunft.

    Bisher hab ich keine stichhaltigen Argumente dafür vernommen.

    Man stelle sich vor, ein Lieferdienst dürfte gegen Bezahlung Schnellstraßen nutzen und ein anderer nur die Landstraßen.

    Diese Analogie passt keineswegs auf die Struktur des Internets, welches nicht aus schnellen und langsamen Leitungen besteht, sondern eher aus schmalen und breiten (die alle gleich schnell sind). Als Analogie für eine Priorisierung würde eher eine 6-spurige Autobahn passen, bei der zwei Spuren quasi „reserviert“ sind für zahlungskräftige Kunden.

    Dass das nicht fair wäre, sollte klar sein.

    Mit dieser Argumentation wäre es auch nicht fair, wenn der eine mehr Geld verdient als ein anderer…..
    Diese Unterschiede sind einer Marktwirtschaft aber wesensimmanent. Das ist ihr freiheitlicher Charakter. Die Alternative wäre ein anderes Wirtschaftssystem, dass sich die meisten Menschen nicht (wieder) wünschen.

  6. Bisher hab ich keine stichhaltigen Argumente dafür vernommen.

    Das Internet ist eine Infrastruktur und Wirtschaftsraum.
    Erlaubt man denen die die Aufsicht über das Internet führen, zu diskriminieren, erstickt das Innovative Dynamik und fördert die entstehung von Karetllen und Monopolen.

    Bsp: Ein Anschlussprovoider (T-Com, 1&1) tut sich mit einem Newsportal (SPON) zusammen, eine Suchmaschine (Yahoo) schließt sich an und man hohlt vllt. noch ein social network (Myspace) und eine Online-Shop (Amazon) mit ins Boot und bietet den Zugang zu zwischen diesen zu günstigen Konditionen und besserer Verbindung an.
    Damit haben alle Beteiligten einen unfairen Vorteil gegenüber ihren Konkurenten.

    Das Problem liegt nicht so sehr im Kartell, sondern darin das die entstehung neuer Konkurenz unterbunden werden kann, und somit es nicht zu Innovation und Konkurenzdruck kommt. Beides ist für den idealen freien Markt wichtig, da sonst es zu eben jenen Kartell und Monopolbildung kommt.
    Wünscht ein Kunde des Kartells den Zugriff auf externe seiten muss er mit Nachteilen von Kosten bis hin zu Bandbreite rechnen. Ein Anbieter eines externen Newsportals hat es schwerer Kunden zu binden und die Suchmaschine bevorzugt seiten aus dem Kartell.

    Ein anderer Punkt ist das die Kunden so in der Umgebeung ihres Kartells „gefangen“ sind. Die Blokade ist hier eher psychisch, „warum auf teure externe seiten gehen wenn ich vom Kratell alles bekomme“, aber nicht desto trotz ein Problem.
    Der Otto Normal surfer wird nur noch von einer Seite mit Nachrichten befüttert, die eine Suchmaschine nutzen, lernt nur die Leute kennen die den selben Provoider haben, kauft nur beim selben Online-Shop ein, weil das Kartell Gebühren für Einkäufe bei externen Shops erhebt.
    Das Kartell kann in ihrem Umfeld nach belieben walten, Preise beeinflussen, Nachrichten kontrollieren, die Daten der Nutzer verknüpfen etc. Das Netz zersplittert zwischen den Kartellen die ihren Claim abstecken am ende herscht so viele Konkurenz wie auf der Schiene oder Briefverkehr.

    Ich hoffe ich konnte die Konsequezen eines Internets ohne neutralität deutlich machen.
    Netzneutrlität hingegen fördert den Freien Markt und fördert Innovation und Konkurenz.

  7. Erlaubt man denen die die Aufsicht über das Internet führen, zu diskriminieren, erstickt das Innovative Dynamik und fördert die entstehung von Karetllen und Monopolen.

    Ja, aber genau dafür gibt es doch das Kartellrecht und Kartellbehörden, die dann einschreiten. Dazu braucht man keine Netzneutralität.

    Diese Auffassung konsequent zu Ende gedacht, würde bedeuten, dass Google, amazon und ebay komplett zerschlagen werden müssten. Sie behindern ja schließlich auch Wettbewerb durch ihr quasi-Monopol.
    Die Ansicht, dass der Otto-Normal-Surfer in solchen „Käfigen“ bleibt, halte ich für ziemlich abwegig. Zumindest aber gesteht sie dem mündigen Bürger nicht zu sich selbst für einen Markt zu entscheiden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Versuche Einzelner ein künstliches Monopol zu etablieren grandios gescheitert sind. Z.B. das Einstiegsportal von AOL, dass den Leuten zwangsaufgebürdet wurde.
    Die Diskussion um die Netzneutralität ist für meinen Geschmack von einem tiefen Misstrauen sowohl gegenüber den Marktteilnehmern, als auch gegenüber den Internetnutzern geprägt. Beide dürfen nicht sich selbst überlassen werden. Nur der Staat könne mit seiner schützenden Hand hier für „Gleichheit“ und „Gutheit“ sorgen. Dieses Misstrauen ist das gleiche wie das von CDU-Methusalems in neue Technologien. Für sie ist das Internet eher ein Übel als ein Segen, den es gilt möglichst umfassend und lückenlos vom Staat kontrollieren und regeln zu lassen. So eine Einstellung halte ich eher für fortschrittsbehindernd.

  8. Gleichheit ist nichts Schlechtes, im Gegenteil. Gleichheit kann Voraussetzungen für Gerechtigkeit sein – bspw. im Rechtssystem.

    Und das gilt eben auch im Internet.

  9. @ Hal

    Deine Sorge ist unbegründet, denn worum es bei Netzneutralität geht, ist gerade die Wahlfreiheitfreiheit der Nutzer/Konsumenten im Hinblick auf verschiedene Anwendungen.

    Diese ist nur gewährleistet, wenn Dienstleister, die miteinander im Wettbewerb stehen, nicht durch die Architektur des „Pakettransports“ diskrimiert werden.

    Um das Ganze etwas anschaulicher zu machen:

    Netzneutralität ist wichtig, damit ein Startup mit Anbietern, die schon länger am Markt sind, konkurrieren kann.

    Wenn die ISPs diskrimieren dürften, könnten -wie Markus oben so schön schreibt- größere Anbieter ihre Kunden über Schnellstrassen beliefern, während kleine Unternehmen die Landstrasse nehmen müssten.

    Es macht jedoch bereits aus rein ökonomischer Perspektive Sinn, den Wettbewerb zwischen neuen und etablierten Unternehmen nicht durch prohibitiv hohe Transportkosten zu behindern.

    Schließlich sollte der zentrale Wettbewerbsvorteil darin bestehen, das bessere Produkt zu liefern. Hat also ein kleines Unternehmen eine gute Idee, kann es aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit dieser Idee mit „den Großen“ neutral konkurrieren.

    Ist die Idee nicht so gut, profitieren davon immer noch Anbieter sozialer Netzwerktechnologien. Schließlich wird von jedermann viel darüber gequatscht und die für dieses Geschäftsmodell so zentralen Inhalte wachsen und lassen den Dienst für andere Nutzer interessanter werden.

    Würden wir hingegen auf Netzneutralität verzichten, wäre das Wirtschaften im Cyberspace nicht nur ungleicher oder ungerechter, es würde auch die bislang vorherrschende Innovationsdynamik verlieren.

    In viel stärkerem Ausmaß als heute führt dann Marktmacht in der analogen Welt auch zu Marktmarkt in der digitalen Welt.

    Dass gerade damit Fortschritt verbunden wäre, glaubt so gut wie niemand. Die Vertreter dieser Politik nehmen allerdings zurecht an, so mehr Geld verdienen zu können.

    Das Kartellamt geht diese Frage nichts an, es handelt sich hierbei -wenn man den Vergleich ziehen möchte- um eine verkehrspolitische Frage, die sich in der analogen Welt nicht stellt, weil Verkehrswege bereits vom Staat als öffentliche Güter bereitgestellt werden.

    Es handelt sich um einen Minimaleingriff zur Stabilisisierung des Wettbewerbs, der kartellrechtlich nicht erfolgen kann.

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