Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat ein Gutachten zum Thema Internetzensur im Kampf gegen die Kinderpornographie erstellt. Das wandert gerade durch die Medien, ist aber leider noch nicht veröffentlicht worden. (Wer es schon hat, kann es uns gerne zur Veröffentlichung schicken!)
Keine Überraschung scheint das Ergebnis des Gutachtens zu sein, was wir hier schon seit Anfang der Debatte genauso sehen: Wirksam ist das nicht und es erinnert an das Vorbild China. Spiegel-Online brachte die Story gestern als erstes: Geplante Sperrung von Internet-Seiten laut Bundestags- Gutachten unwirksam.
Wollte man eine wirksame Sperre einrichten, müsse das Internet nach dem Vorbild Chinas umstrukturiert und der Grundgedanke der dezentralen Vernetzung von Computern aufgegeben werden. Vor allem aber zweifelt der Wissenschaftliche Dienst an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Es bestehe die Gefahr, dass Provider aus Furcht vor Geldbußen auch Inhalte sperren, „die an sich unbedenklich sind“. Es gebe ein großes Missbrauchspotential bei zentralen technischen Filtersystemen. Dies sei eine Gefahr, die vor allem unter dem Aspekt einer freiheitlichen Demokratie „als besonders schwerwiegend angesehen werden“ müsse.
Heise liegt das Gutachten wohl auch schon vor: Gutachten: Rechtliche Bedenken gegen Internet-Sperren
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags sieht die Kommunikationsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes für gefährdet. Es bestehe die Gefahr, dass Internet-Provider, die „Geldbußen befürchten müssen, weil sie bestimmte Inhalte nicht hinreichend ausfiltern können“, auch „Inhalte sperren, die an sich unbedenklich sind“. Damit würden „private Unternehmen zu einer Art Zensurstelle, die darüber entscheidet, welche Informationen zu den Bürgern gelangen können und welche nicht, ohne dass die gleichen rechtsstaatlichen Vorkehrungen gegen einen Missbrauch dieser Macht bestehen würden wie gegenüber staatlichen Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit.“
Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg hielt in seinem Gutachten nur „punktuelle und begrenzt wirksame Maßnahmen“ für rechtlich möglich – dies sei jedoch lediglich symbolische Politik. Eine wirkungsvollere nationale Abschottung erfordere hingegen gesetzliche Neuregelungen. Hierfür sei eine Grundsatzdiskussion über technische Konzepte und Möglichkeiten zur „Territorialisierung des Internet“ in freiheitlichen Gesellschaften notwendig. Außerdem müssten alternative Schutzstrategien wie eine „regulierte Selbstregulierung“ diskutiert werden. Eine effektive Sperrpolitik gegen illegale Inhalte im Internet, die über punktuelle Maßnahmen hinausgehe, sei jedenfalls „zum Scheitern verurteilt“.
Wenn schon der Gedanke an eine Internetzensur wie in China da ist, dann kann die Umsetzung ja auch nicht mehr weit weg sein!
@bulldrinker:
Nein, das würde nur stimmen, wenn es sich um ein Thesenpapier der CSU handeln würde.
Und ja, ich hätte gerne den Text des WD, ob nun auf bundestag.de, netzpolitik.org oder auf wikileaks.org.
Das Gutachten wird sicher sein Wirkung haben. Die wird darin bestehen, dass ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben wird, da dieses doch augenscheinlich Fehler enthält. Fehler enthalten _muss_. Schliesslich sind sich die Parteien doch überparteilich einig, dass eine Filterung erfolgversprechend ist. Und so viel Sachverstand wie in unseren Parteien vorhanden ist, kann doch bitte nicht angezweifelt werden..
Eine Zensur nach dem chinesischen Vorbild ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg, um gegen die Verbreitung von illegalen Inhalten vorzugehen. Dieses Problem von Grund auf beseitigt und konsequent verfolgt werden.