Telekom-Paket: Anschlag auf die Gewaltenteilung verhindern

Wir haben einen neuen Mobilisierungsauruf zusammen mit La Quadrature du Net zum Telekom-Paket verfasst. Es wird in den nächsten Tagen noch einige mehr Infos geben, welche Änderungsanträge wir unterstützen. Leider können wir noch keine komplette Wahlempfehlung rausgeben, weil nicht alle Änderungsanträge mit Nummern versehen auf den Sieten des EU-Parlaments eingepflegt wurden. Dafür wissen wir schon mal einen, den wir sehr unterstützen. Eingebracht wurde er von verschiedenen Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen, von grün bis konservativ: Änderungsantrag 138 für den Trautmann-Report (Rahmenrichtlinie)! Dieser verhindert, dass Nationalstaaten Internetsperrungen unter Umgehung einer richterlichen Kontrolle einführen können. Kontaktiert Eure EU-Abgeordneten, dass sie diesen unterstützen sollen.

Amendment 138, by Guy Bono, Daniel Cohn-Bendit, Zuzana Roithova, Michel Rocard, Marielle de Sarnez, Christofer Fjellner, Rebecca Harms, Marco Cappato, Jean-Luc Benahmias and others,

Proposal for a regulation – amending act

Article 8.4

(„The national regulatory authorities shall promote the interests of the citizens of the European Union by inter alia: …“)

Text proposed [ ] Amendments by Parliament

h) applying the principle that no restriction may be imposed on the rights and freedoms of end users in accordance with Article 11 of the Charter of Fundamental Rights of the European Union on freedom of expression and information, without a prior ruling by the judicial authorities, except where dictated by force majeure or by the requirements of preserving network integrity and security, and subject to national provisions of criminal law imposed for reasons of public policy, public security or public morality.

Und das ist unsere Mobiliserungs-Pressemitteilung dazu:

Telekom-Paket: Anschlag auf die Gewaltenteilung verhindern.

Brüssel / Berlin am 19. September

Das Europa-Parlament wird am Mittwoch, den 24. September in der entscheidenden ersten Lesung über das Telekom-Paket abstimmen. Wird der jetzige Gesetzentwurf bestätigt, droht ein massiver Eingriff in die Bürger- und Verbraucherrechte.

La Quadrature und netzpolitik.org rufen dazu auf, bei EU-Abgeordneten für die Unterstützung des Änderungsantrages 138 zu werben. Dieser Änderungsantrag ist für den sogenannten Trautmann-Report (Rahmenrichtlinie) vorgelegt und garantiert, dass französische Pläne für Internetsperrungen sich nicht in Europa ausbreiten.

Aufgrund der massiven Kritik von Verbraucherschützern und Internetaktivisten sowie des EU-Datenschutzbeauftragten (EPDS) wurde bereits einige Änderungen gegenüber dem Ursprungsentwurf vorgenommen. Obwohl einige Aspekte verbessert, sind im jetzt vorliegenden Entwurf noch einige kritische Punkte enthalten: So soll das Konzepte der sogenannten „rechtmässige Inhalte“ in europäisches Telekommunikationsrecht eingeführt werden. Internetnutzer könnten wegen des Verdachts der Nutzung von „unrechtmässigen Inhalten“ Sanktionen bestraft werden.

Was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, ist weitgehend unklar. Nationalstaaten können diese Unklarheit dazu nutzen, um Meinungs- und Informationsfreiheit im digitalen Raum abzubauen. Zum Beispiel wird das französische Parlament demnächst über das von ihrer Regierung vorgeschlagene „Graduate Response“-Verfahren entscheiden. Eine neue Behörde soll auf Zuruf der Kulturindustrie Internetnutzer sanktionieren können – ohne richterliche Kontrolle. Die Sanktionen sollen bis hin zu Internetsperrungen führen. Wer „unrechtmäßige Inhalte“ nutzt, wird aus dem Internet ausgesperrt.

Für La Quadrature und netzpolitik.org ist es essentiell, dass das EU-Parlament dieses Risiko abwehrt. Entscheidend ist, dass das Prinzip der Gewaltenteilung und der demokratischen Kontrolle weiterhin bestehend bleibt. Nationalstaatliche Massnahmen, die eigentlich der Bekämpfung von Terrorismus und Kinderpornographie dienen sollen, dürfen nicht auf das nicht-kommerzielle Kopieren von Kultur ausgedehnt werden.

Wir rufen alle Unterstützer, Verbraucher und Bürger dazu auf, ihre EU-Abgeordneten zu kontaktieren. Diese sollen darauf hingewiesen werden, dass sie am Mittwoch für den Änderungsantrag 138 stimmen, der fraktionsübergreifend u.a. von den Abgeordneten Guy Bono/ Daniel Cohn-Bendit/Zuzana Roithova eingebracht wurde. Mit diesem Änderungsantrag wird garantiert, dass bürgerliche Freiheiten weiterhin unter dem Richtervorbehalt stehen.

Wir wollen ein Europa, das Bürger schützt, wie es auch in den Hauptzielen des Telekom-Pakets versprochen wird. Umgekehrt darf das Telekom-Paket keine Bürger- und Verbraucherrechte einschränken.

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6 Ergänzungen

  1. die europa abgeordneten mit wohnsitz in berlin sind:
    CDU Schmitt, Ingo
    SPD Roth-Behrendt, Dagmar
    PDS Dr. Kaufmann, Sylvia-Yvonne
    PDS Wagenknecht-Niemeyer, Sarah
    GRÜNE Özdemir, Cem
    GRÜNE Cramer, Michael
    http://www.wahlen-berlin.de/wahlen/europawahl-2004/ergebnis/abgeordnete/abgeordnete.htm
    fuer brandenburg stehen die gewaehlten hier:
    http://www.wahlen.brandenburg.de/ew2004/abgeordnete.html
    und es gibt sicher noch andere bundeslaender ;)
    -> a suivre allors

  2. Ich habe diese Seite gefunden, aber irgendwie sind die Daten hier total anders als auf der bereits verlinkten Seite (wahlen-berlin)…

    http://www.europarl.de/parlament/abgeordnete/auswahl_bundesland.jsp

    Weitere Frage:
    Gibt es denn ein paar Gründe, die man beachten sollte, je nachdem an wen man schreibt? Ich meine mich zu erinnern, dass Herr Beckedahl einmal meinte, dass er bei CDU eher mit Arbeitsplätzen argumentieren könne als mit Datenschutz. Sollte man sich hier dann bei CDU auch eher auf unverhältnismäßige Kosten und Eingriff in legitimierte Macht (v.a. durch Musikindustrie) und bei SPD / Linke dann auch auf Datenschutz stützen? Ich frage, weil wir hier an Baden-Württemberg anscheinend (sofern die Liste stimmt…) fast nur CDU’ler im Europäischen Parlament haben.

    1. Sorry für 2 Comments am Stück, aber:

      Ich habe meinen Fehler selbst entdeckt. Die von shryber verlinkte Liste enthielt Abgeordnete mit SITZ in Berlin. Das fiel mir erst eben richtig auf, als ich entdeckte, dass Cem Özdemir zu Baden-Württemberg gehört, aber auf der Liste der Berliner steht.

      Klar, shryber hatte es ausdrücklich geschrieben, aber verwirrend fand ich diesen Titel auf Seite selbst: „Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Berlin“. Da dachte ich es ginge um die WAHL in Berlin und nicht um die ABGEORDNETEN in Berlin.

      Nun habe ich mich aber genug gerechtfertigt und es hoffentlich geschafft, dass niemand so verkehrt denkt wie ich.

  3. Nochmal ich: Sagmal, der Aufruf kommt etwas spät, oder? Ich hatte mir schon schön überlegt, dass ich Briefe an die Abgeordneten schreiben könnte, damit die auch etwas in der Hand halten, da sie mit eMails ja nicht viel anfangen können. Wo ich nun aber gerade nochmal nachschaue, wann Frist ist, geht der Plan wohl auch in die Hose:
    „Das Europa-Parlament wird am Mittwoch, den 24. September in der entscheidenden ersten Lesung über das Telekom-Paket abstimmen.“

    Wenn ich die Briefe über das Wochenende schreiben würde und dann wegschicken, kämen sie Dienstag oder Mittwoch an, aber da sind die Abgeordneten sicherlich nicht mehr in Deutschland anzutreffen, sondern nur noch in Brüssel. Und telefonieren kann ich absolut nicht, das fällt also für mich weg…

    1. Ja, kommt etwas spät. Aber wir wissen auch erst seit gestern, welche Änderungsanträge kommende Woche zur Abstimmung stehen. Insofern trifft uns keine Schuld. Statt Brief geht ansonsten auch Mail, Fax, Blog und Telefon.

  4. Jetzt komme ich zwar wieder erst um kurz vor Mitternacht ins Bett, statt um kurz nach 11 Uhr (wie geplant), aber dafür habe ich eben noch eine eMail an Herrn Özdemir (Grüne) geschrieben. Ich habe damit beim meines Erachtens Leichtesten angefangen und werde morgen – sofern ich Zeit habe – noch an ein paar CDU’ler und den Abgeordneten der Linken schreiben. Bei den CDU’lern eventuell eher per Fax als eMail; kommt darauf an, ob morgen meine Druckertinte per Post ankommt.

    Ich bin schon stolz, dass ich mich überhaupt aufgerappelt habe, etwas zu schreiben. Herausgekommen ist eine eMail mit 80 Zeichen je Zeile und ca. 40 Zeilen.

    (Hab ich eigentlich die anderen Kommentaren mit meinen vielen Kommentaren vertrieben oder warum kam hier keiner mehr nach mir? Das ist ja nun auch 2 Tage her…)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.