Das Bundesjustizministerium lädt am 27. Januar zu einem „nichtöffentlichen Spitzengespräch“ über «die Interessen der Content-Industrie» sowie über «die Verhinderung und Bekämpfung der Piraterie im digitalen Umfeld» ein. Unklar ist, wer Teil der Einladerunde ist. Bisher hab ich nur den Providerverband Eco herausfinden können. Die Pressestelle des Bundesjustizministerium fühlte sich gerade am Telefon nicht wirklich zuständig für diese Frage und wollte eine Mailanfrage von mir an das zuständige Referat weiterleiten. Mal schauen, ob mir von dort die Einladerliste geschickt wird. Ich frag auch mal die Verbraucherzentralen an, ob diese eingeladen worden sind.
Konkret soll dort über die sogenannte Olivienne-Vereinbarung gesprochen werden, die auch als „3 strikes and you’re out“ – Modell inklusive Internetsperrungen bekannt ist. Mit am Tisch dürften auch die üblichen Verdächtigen aus der Rechteindustrie-Lobby sitzen. Und das Ziel ist offensichtlich: Gemeinsam mit dem BMJ will man Druck auf die Provider ausüben, einer „freiwilligen Verpflichtung“ zuzustimmen, was die Rechteindustrie seit einiger Zeit fordert. Schon in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen Fraktion im Bundestag aus dem vergangen September schrieb die Bundesregierung, dass die “Entwicklung von Kooperationsverfahren zwischen Rechteinhabern und Internetanbietern zur Verfolgung und Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet” angestrebt werde.
Dies würde eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung bedeuteten, ohne jegliche Überprüfung auf Rechtsstaatlichkeit und mit Umgehung jeglicher rechtsstaatlicher Instanzen. Dazu gibt es noch einige andere gesellschaftlich unangenehme Nebenwirkungen, wenn diese Massnahme Realität werden würde.
Die Bundesministerin der Justiz veranstaltet am 7. und 8. Mai 2009 eine internationale Urheberrechtskonferenz in Berlin. Diese soll „Denkanstöße für die weitere rechtspolitische Diskussion auf dem Gebiet des Urheberrechts auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene geben“ und wird „eine Plattform bieten für die Begegnung von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft“.
Mehr dazu bietet die aktuelle Pressemitteilung aus dem Bundesjustizministerium: „2009 – Europäisches Jahr der Kreativität und Innovation.„
update:
„Im Bundesjustizministerium sagte ein Sprecher auf Anfrage, die Olivienne-Vereinbarung sei ein Anstoß zur Diskussion. In Deutschland seien aber in dieser Richtung zurzeit keine gesetzlichen Initiativen geplant. «Denkanstöße für die weitere rechtspolitische Diskussion» soll am 7. und 8. Mai auch eine internationale Urheberrechtskonferenz in Berlin geben, zu der Bundesjustizministerium Brigitte Zypries eingeladen hat.“
Die Wortwahl „zurzeit keine gesetzlichen Initiativen“ ist wirklich toll…
Danke, auf meine Mailanfrage von gestern Vormittag hab ich immer noch nichts von der Pressestelle gehört. Geplant ist auch erstmal, die Provider so unter Druck zu setzen, dass diese eine „freiwillige Vereinbarung“ eingehen. Erst wenn das nicht klappt, soll die Gesetzeskeule rausgeholt werden. Bzw. während der Verhandlungen zur „freiwilligen Vereinbarung“ als Druckmittel bereit liegen.
So ist es in anderen Ländern auch schon gelaufen.
Das sowas überhaupt angedacht werden kann, spricht dafür, dass die Marktwirtschaft nicht funktioniert. Anderenfalls hätten Provider, die sich an diesem Unsinn nicht beteiligen, einen Marktvorteil und würden sich langfristig durchsetzen.
Eine Frage: Was kam denn bei dem Gespräch raus?
Oder ist das verschoben? Die SZ vom Dienstag (27.1.) hatte nämlich was von „kommendem Dienstag“ geschrieben…