Anzeige wegen Markennennung, Werbung (unbezahlt) oder #Anzeige: Manch ein Instagram-Profil gleicht einer Dauerwerbesendung, jedenfalls auf den ersten Blick. Doch bei vielen der vermeintlichen Werbe-Postings handelt es sich um keine Anzeigen, sondern vorauseilenden Gehorsam von Influencer:innen. Wegen verschiedener Gerichtsurteile sind sie vorsichtig geworden. Ob ein Posting wirklich bezahlte Werbung oder eher eine persönliche Empfehlung enthält, ist für die Follower:innen oft kaum zu erkennen.
Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte in den vergangenen Jahren mehrere Influencer:innen wegen angeblicher Schleichwerbung verklagt. Der Verband, hinter dem mehrere Verlage stehen, bemängelte Beiträge mit Produktempfehlungen. Sie waren nicht als Werbung gekennzeichnet, für sie ist jedoch auch kein Geld geflossen. Die Urteile fielen unterschiedlich aus: Moderatorin Cathy Hummels etwa konnte die Klage erfolgreich abwehren, Fitness-Influencerin Pamela Reif verlor hingegen vor Gericht. Bei einer derart bekannten Person wie ihr könne man kaum zwischen geschäftlich und privat unterscheiden, begründete das Gericht das Urteil damals.
Kritik wurde berücksichtigt
Um auf der sicheren Seite zu sein, hatten zahlreiche Influencer:innen jeden Beitrag mit Nennung einer Marke als Anzeige gekennzeichnet. Das könnte sich nun jedoch ändern, denn mit dem Gesetzentwurf zur „Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht“ soll eine Markennennung ohne Werbekennzeichnung künftig möglich sein. Jedenfalls solange dafür kein „Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung“ erhalten oder dieses versprochen werde.
Das Justizministerium hat bereits seit Mitte 2019 an einem sogenannten Influencer-Gesetz gearbeitet. In einer früheren Fassung aus dem Haus von Christine Lambrecht gab es jedoch Kritik von Verbraucherschützer:innen: Das Versprechen eines später ausbezahlten Entgelts oder einer Gegenleistung hatte darin noch gefehlt.
In der aktuellen Kabinettsversion, die nun der Bundestag beraten soll, sind die Influencer:innen in der Beweislast: Sie müssen glaubhaft machen können, dass sie keine Gegenleistung erhalten haben. Heißt in der Praxis: Gibt es keinen Kaufbeleg, muss es wohl Werbung sein.
Aus Sicht des Verbraucherschutzes ist man damit bei den Landesmedienanstalten zufrieden. Tatsächlich entspricht der Gesetzentwurf in wesentlichen Punkten dem Leitfaden der Medienanstalten für Werbekennzeichnungen.
Mehr Authentizität auf Instagram
Für Ann-Katrin Schmitz ist der Gesetzentwurf vor allem ein Schritt in Richtung mehr Authentizität in den sozialen Medien. Auf dem Profil der Influencerin und Expertin für Influencer-Marketing sind zahlreiche Beiträge als unbezahlte Anzeige gekennzeichnet, weil sie Marken darauf als Tag verlinkt hat. „Damit wäre es möglich, echte Produktempfehlungen auszusprechen, genauso wie es auch jedes andere redaktionell arbeitende Medium macht“, sagt Schmitz.
Dass Influencer:innen in der Pflicht sein sollen, nachzuweisen, keine Gegenleistung für Produktempfehlungen erhalten zu haben, hält sie für richtig. Jahrelang Kaufbelege für jedes Produkt oder jede Dienstleistung aufzubewahren könne man zwar als umständlich oder kleinteilig kritisieren. Für Influencer:innen gehöre aber auch das zur Arbeit.
Die Medienanstalten sind bei der Umsetzung jedoch noch skeptisch: Es bleibe weiter offen, wie ein:e Influencer:in die Vermutung des Entgelts beispielsweise durch Kaufquittungen ausräumen wolle, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber netzpolitik.org.
Tatsächlich könnte diese Hürde zunächst dazu führen, dass manche Influencer:innen ihre bisherige Praxis beibehalten, um auch weiterhin auf der sicheren Seite zu sein. Denn nach wie vor herrscht in der Branche Verwirrung, was genau nun der richtige Weg bei der Kennzeichnung sein soll. Ein Ende der Rechtsstreite scheint jedenfalls nicht in Sicht.
Da sollen doch die Auftritte der Influencer einfach als „Dauerwerbesendung“ markiert werden und gut ist :D
Mal wieder an der Realität vorbei
Man soll für jedes gezeigte Produkt also den Beleg aufbewahren um nachzuweisen, dass es keine Werbung ist? Sollte das nicht eigentlich andersherum laufen und man müsste nachweisen eben das es sich um nicht gekennzeichnet Werbung handelt?
Wie verhält es sich dann mit Geschenken von Privatpersonen oder Sachen die ohne vereinbarte Gegenleistung gestellt wurden?
Sie koennten ja auch einfach Dinge zeigen/besprechen, die nicht in ihrem Besitz sind, nix Kaufbeleg. Journalisten bekommen regelmaessig Teststellungen und schreiben dann Lobeshymnen, praktisch der kompletter „Motorjournalismus“ lebt davon.
Beweislastumkehr mit negativer Beweislast ist idR immer sinnfrei, und wird mE auch nicht vor dem BVerfG bestehen. Aber damit hat unsere Justizministerin (SPD) ja Erfahrung.