Die EU-Wahlen sind vorbei und jetzt kann man sich endlich ein umfassendes Bild über die Werbeausgaben der Parteien bei Facebook und Instagram machen. Bereits vergangene Woche hatten wir erste Zahlen veröffentlicht, jedoch lohnt sich ein erneuter Blick, da die Parteien besonders in der Woche vor der Wahl noch einmal kräftig in Facebook-Werbung investiert haben.
Ganz vorne liegen die Grünen mit knapp einer halben Million Euro Werbeausgaben bei Facebook. Dicht folgen die alten Volksparteien CDU/CSU und SPD, während Linkspartei und AfD am wenigsten ausgegeben haben. Interessant ist auch: Besonders in der Woche vor der EU-Wahl wurde am meisten Geld ausgegeben. Sogar am Wahlsonntag investierten viele Parteien noch einmal in Werbung bei Facebook.
Das zeigt unsere Analyse des Facebook-Werbereports für den Zeitraum vom 27. April bis 26. Mai. Dafür haben wir die Bundesaccounts der Parteien, regionale Accounts, sowie die von einzelnen Politiker:innen zusammen gerechnet und den Parteien zugeordnet, um ein umfassendes Bild der Werbeausgaben zu erhalten.
Während vergangene Woche noch CDU/CSU und SPD bei den Gesamtausgaben für Werbung vorne lag, sind es nun die Grünen. Sie haben insgesamt 545.525 Euro, mehr als eine halbe Million Euro, ausgegeben – allein 208.259 Euro davon über den Bundesaccount. Dahinter liegen CDU/CSU mit 447.269 Euro Werbeausgaben bei Facebook. Mit 360.826 Euro haben sie jedoch am meisten über den Bundesaccount investiert.
In der Gesamtschau hat die SPD nun deutlich weniger Geld in die Hand genommen: Rechnet man alle Ausgaben zusammen, kommt man auf 329.567 Euro, davon entfielen 181.401 Euro auf den Bundesaccount. Die FDP gibt insgesamt 202.988 Euro aus, die Hälfte davon über den Bundesaccount (102.113 Euro).
Nach wie vor am wenigsten für Facebook-Werbung haben Linkspartei und AfD ausgegeben, auch wenn beide Parteien noch einmal ordentlich zugelegt haben. Die Linke investierte insgesamt 51.266 Euro, die AfD 32.376 Euro.
Die Woche vor der Wahl
Vergleicht man diese Zahlen mit den Zahlen der Vorwoche, wird vor allem eines deutlich: Besonders in den sieben Tagen vor der Wahl wurde noch einmal viel Geld in die Hand genommen, um in den sozialen Medien auf die eigenen Botschaften aufmerksam zu machen. Das war erwartbar und ist strategisch sinnvoll, kurz vor der Wahl noch einmal in die Vollen zu gehen.
Schaut man sich lediglich die Bundesaccounts der Parteien an, sieht man, dass fast alle Parteien in der Woche vor der EU-Wahl knapp die Hälfte des Geldes ausgegeben haben, das zwischen dem 27. April und 26. Mai insgesamt über Bundesaccounts in Wahlwerbung bei Facebook investiert wurde.
Die Linkspartei schaltete Werbung für 15.280 Euro – knapp die Hälfte der Gesamtausgaben der letzten 30 Tage vor der Wahl (33.972 Euro). Ähnlich sieht es bei den Grünen aus, wo mit 115.758 Euro mehr als die Hälfte der Werbeausgaben des Bundesaccounts auf die Woche vor der EU-Wahl fiel.
Auch CDU und CSU investierten mit 165.122 Euro knapp die Hälfte der Gesamtausgaben des Bundesaccounts (360.826 Euro) in der vergangenen Woche, und bei der SPD zeichnet sich ein ähnliches Bild: Mit 74.246 Euro liegt sie im Verhältnis zu ihren Gesamtausgaben etwas unter der Hälfte der Ausgaben der Woche vor der Wahl.
Deutlich darüber liegt jedoch die AfD: Sie gab mit 13.758 Euro knapp drei Viertel der Gesamtausgaben des Bundesaccounts in der Woche vor der Wahl aus, während die FDP im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der letzten 30 Tage mit 29.437 Euro in der Woche vor der Wahl am wenigsten ausgab.
Werbeausgaben kleiner Parteien
Auch kleinere Parteien nahmen in der letzten Woche vor der Wahl Geld in die Hand. Während die Partei, Piraten, Volt, ÖDP und Co. in unserer vorigen Analyse jeweils nur auf ein paar hundert Euro kamen, hat allein der Haupt-Account von Volt inzwischen mehr als 26.000 Euro für mehr als 1.000 Anzeigen zu verzeichnen. Bei der ÖDP sind es 22.600 Euro für 54 Anzeigen. Die Partei der Humanisten gab für 352 Anzeigen mehr als 40.000 Euro aus und die Piratenpartei knapp 8.000 Euro für 13 Werbeanzeigen.
Fokus auf die letzten Meter
Sogar direkt am Tag der Europawahl wurde durch die Bundesparteien noch einmal richtig viel Geld für Werbeanzeigen bei Facebook ausgegeben.
Am Wahlsonntag wurden über die Hauptaccounts von CDU und CSU allein 31.959 Euro für 3.005 Werbeanzeigen bei Facebook ausgegeben. Auch die SPD investierte 19.769 Euro für 1.861 Anzeigen, um noch einmal auf sich aufmerksam zu machen. Ähnlich bei den Grünen: Sie gaben am Sonntag 13.932 Euro für 1.371 Anzeigen bei Facebook aus.
Auch Linke (4.088 Euro), Piraten (2.402 Euro), AfD (1.325 Euro) und FDP (1.060 Euro) investierten unmittelbar am Wahltag noch einmal in Werbung bei Facebook.
Wie die Zahlen entstanden sind
Diese Zahlen haben wir dem „Ad Library Report“ von Facebook entnommen, der nach erheblichem Druck nun durch Facebook regelmäßig veröffentlicht wird.
Da nicht nur über die Haupt-Accounts Geld für Anzeigen ausgegeben wird, sondern auch Kreisverbände, Landtagsfraktionen und einzelne Politiker:innen in den Wahlkampf bei Facebook investiert haben, haben wir uns die Arbeit gemacht, alle Werbetreibenden aus dem Report genauer anzuschauen, fehlerhafte Einträge auszusieben und den Rest nach politischen Familien zu sortieren. Die nach Parteien und Ausgaben sortierte Liste veröffentlichen wir hier auch als ODS-Datei, damit andere damit weiterarbeiten können.
Auch auf die Schwierigkeiten bei den Berechnungen dieser Zahlen möchten wir erneut hinweisen: Für Anzeigen, die unter 100 Euro gekostet haben, gibt Facebook keinen exakten Wert an. Stattdessen gibt es hier nur die Info, dass die Anzeige weniger als oder genau 100 Euro gekostet hat. Da dies auf dutzende Anzeigen zutrifft, können sie nicht einfach ausgeklammert werden. Wir haben stattdessen mit einem Schätzwert gerechnet: Da die Promotion von Posts bei Facebook oft schon für geringe Beträge zu haben ist, haben wir für diese Anzeigen einen eher niedrigen Wert angesetzt: 25 Euro. Die tatsächliche Summe für die einzelnen Parteien könnte dadurch um einige tausend Euro abweichen, insbesondere bei SPD und Union, die jeweils mehrere hundert dieser kleinen Anzeigen zu verzeichnen haben.
Mit „Es hat sich wohl gelohnt“ eröffnen sie, aber eine kausalität haben sie im artikel nicht nachgewiesen. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass werbung das wahlergebnis maßgeblich beeinflusste und mir ist keine studie bekannt, die mich widerlegt. Wenn sie mehr wissen, möchte ich sie bitten den artikel zu ergänzen.
Dies wirft auch ein sonderbares Licht auf die gesetzlichen Regulierungsbemühungen von Seiten der Parteien. Die Parteien nutzen Medien wie Facebook für ihre Zwecke. Es bleibt da nicht aus, dass gesetzliche Bestrebungen nicht im Sinne der Meinungsfreiheit sondern zum Nutzen dieser Parteien erfolgen.
In der Grafik ist die Gesamtsumme überall als „GESMAT“ bezeichnet. Habe länger überlegen müssen, wofür denn dieses Kürzel stehen soll…
Jau, ist uns auch aufgefallen. Wir korrigieren das sobald möglich.
Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass die Zahlen auch nur im Ansatz zutreffen. Die Selbstaussage der SPD ist : 11 Mill. Kosten Wahlkampf EU, diesmal ging ein Großteil der Gelder in den Wahlkampf in den Sozialen Medien. Die AFD prahlt gar damit, außer Plakaten und wenig andermn, den gesamten Etat in Soz. Media gesteckt zu haben. Irgendwas überseht Ihr bei Eurer Analyse.
Hey,
ich freue mich natürlich über kritische Auseinandersetzung mit unserer Arbeit, würde die Kritik hier aber zurückweisen.
Wir rechnen hier mit den offiziellen Zahlen, die Facebook rausgibt. Damit sich jede*r ein eigenes Bild machen kann, veröffentlichen wir ja extra die Daten, mit denen wir gerechnet haben: https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/05/fb-np-2019-05-26-5.ods
Auch der direkte Blick in Facebooks Werbereport wird kein anderes Ergebnis bringen: https://www.facebook.com/ads/archive/report/
Zum Vergleich hier auch die (deutlich geringeren) Ausgaben bei Google und Youtube: https://transparencyreport.google.com/political-ads/region/DE
Die Info, die SPD habe den „Großteil“ ihres 11-Mio-Budgets in Social Media gesteckt, ist falsch. Gegenüber der Tagesschau teilte die SPD Anfang Mai mit, sie habe 1,6 Mio für den Online-Wahlkampf eingeplant: https://www.tagesschau.de/inland/bab-wahlkampf-101.html Die Diskrepanz zwischen dieser Summe und den 300k in unseren Daten rührt denke ich daher, dass Wahlwerbung ja nicht nur die Kosten verursacht, die direkt für die Promotion der Anzeigen auf den Plattformen ausgegeben werden. Die Parteien geben viel Geld für Konzeption, Kreation, Mediaplanung usw. aus.
Zur AfD: Hast du hierfür eine Quelle? Unabhängig davon hatten wir in unserem letzten Beitrag zu diesem Thema ein paar Überlegungen angestellt, warum die AfD vermutlich wenig direkt an Facebook zahlt, um dort Reichweite zu erhalten: Sie haben Mittel und Wege, für „organische Reichweite“ zu sorgen: https://netzpolitik.org/2019/zahlen-bitte-so-viel-geben-deutsche-parteien-fuer-werbung-auf-facebook-aus/
Grüße
Ingo
Du schreibst :….Die Diskrepanz zwischen dieser Summe und den 300k in unseren Daten rührt denke ich daher, dass Wahlwerbung ja nicht nur die Kosten verursacht, die direkt für die Promotion der Anzeigen auf den Plattformen ausgegeben werden. Die Parteien geben viel Geld für Konzeption, Kreation, Mediaplanung usw. aus….“ Also würde man einen Grund für den Niedergang der SPD suchen, Voila! aber Ernsthaft ? von 1,6 Mill.Kosten finden sich am Ende 300 tsd in der tatsächlichen Werbung, der Rest wären Handlungskosten ? No way, das schafft nicht mal die SPD, ohne dass ganze Abteilungen wg. Unfähigkeit entlassen werden. Somit bleibt es dabei, Eure Darstellung MUSS Fehler enthalten, oder Parameter nicht berücksichtigen. Das gleiche gilt für die AFD, das „Argument“ Naja, die sorgen durch „Provokation“ für kostenlose Reichweite glaube ich nicht. Eher daran, dass die Gelder am Parteien System vorbei aktiviert werden, siehe System Österreich. Mal Echt. Eure Zahlen sind schlicht nicht plausibel, ein systematischer Betrachtungsfehler ist wahrscheinlich.
Wie gesagt: Du bist herzlich eingeladen, dich mit Argumenten und Quellen einzubringen. Ein einfaches „ich glaube das nicht“ hilft uns hier nicht weiter.
@Ingo
„Gegenüber der Tagesschau teilte die SPD Anfang Mai mit, sie habe 1,6 Mio für den Online-Wahlkampf eingeplant: https://www.tagesschau.de/inland/bab-wahlkampf-101.html Die Diskrepanz zwischen dieser Summe und den 300k in unseren Daten rührt denke ich daher, dass Wahlwerbung ja nicht nur die Kosten verursacht, die direkt für die Promotion der Anzeigen auf den Plattformen ausgegeben werden. Die Parteien geben viel Geld für Konzeption, Kreation, Mediaplanung usw. aus.“
Online-Wahlkampf dürfte auch alle Werbung, die auf anderen Plattformen geschaltet wird, inkludieren. Dazu zählen dann auch Display-Werbung auf Nachrichtenwebsites, Video-Werbung etc. Könnte mir gut vorstellen, dass gerade die großen Nachrichtenportale und Werbenetzwerke gebucht wurden. Manche Werbung hab ich auch selbst gesehen.
Da hast du Recht!
Irgendwie finde ich das seltsam. Ist in Deutschland Wahlwerbung am Wahltag nicht verboten?
Nicht, dass wir wüssten. Zumindest in den Sozialen Medien haben die Parteien am Wahltag jedenfalls noch ordentlich Werbung geschaltet.