Die noch amtierende Bundesregierung trifft Vorkehrungen, die gescheiterte Beschaffung von Kampfdrohnen aus Israel nach der Bundestagswahl nachzuholen. Dies geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Verteidigungsministeriums hervor. Demnach prüft die Bundeswehr die finanziellen Auswirkungen bei einer Änderung der bereits ausgehandelten Verträge. Dies betrifft insbesondere den Dienstleistungsvertrag mit dem Rüstungskonzern Airbus als Hauptauftragnehmer, der nur bis zum 30. September 2017 gültig ist. Möglicherweise wird sich die Bundesregierung für eine Verlängerung der Angebotsbindefrist einsetzen. Ein Regierungsvertrag mit dem Staat Israel, der die Bewaffnung der Drohnen regelt, ist hingegen unterschriftsreif und unterliegt keiner Bindefrist.
Die Bundeswehr will fünf „German Heron TP“ des israelischen Herstellers Israel Aerospace Industries (IAI) im Leasingverfahren beschaffen. Die Drohnen würden als mehrjährige Übergangslösung fungieren und sollen 1,024 Milliarden Euro kosten. In der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses vor der Bundestagswahl ließ die SPD die Drohnenpläne platzen. Die Fraktion war nicht mehr einverstanden, die „German Heron TP“ in einer bewaffnungsfähigen Ausführung zu leasen.
Training an israelischen Drohnen?
Die „German Heron TP“ würden in Israel stationiert und dort zunächst für die Ausbildung genutzt. Insgesamt sollen sechzig Besatzungen trainiert werden. In einer weiteren Antwort auf eine Kleine Anfrage schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Markus Grübel, die ersten 24 Crews sollen innerhalb von 24 Monaten einsatzbereit sein. Dabei geht es vor allem um die PilotInnen. Zur Auswertung der Kameras könnte vorhandenes Personal der bei der Bundeswehr geflogenen Drohne „Heron 1“ oder des Aufklärers „Tornado“ genutzt werden.
Die taktische Waffenausbildung soll in Israel stattfinden. Die verhandelte Regierungsvereinbarung lässt offen, über welchen Gebieten dabei geflogen würde. Auch schließt die Bundesregierung nicht aus, dass die deutschen SoldatInnen mit Übungsmunition an Drohnen der israelischen Luftwaffe trainieren. Eine Entscheidung hierüber träfe das israelische Verteidigungsministerium.
„Weltweit nur ein Produkt“ für gewünschte Raketen
Die Entscheidung für die Drohnen aus Israel fiel am 12. Januar 2016 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr. Jetzt kommt heraus, dass die Festlegung auf die „Heron TP“ schon mehrere Monate vorher erfolgte und durch die Bewaffnung bestimmt war. Die Bundeswehr verlangt die Bestückung mit „kleiner, skalierbarer und abstandsfähiger Präzisionsmunition“. Vor einem Jahr hieß es zur „Skalierung der Bewaffnung“, dabei handele es sich um Munition unterschiedlicher Größe bzw. Eignung an Bord der Drohnen. Jetzt sind damit Raketen gemeint, deren Angriff bis kurz dem Einschlag verzögert oder abgebrochen werden kann.
Auch die Wucht der Detonation kann nach dem Abschuss neu justiert werden. Für diese Waffe existiere laut dem Verteidigungsministerium „weltweit nur ein Produkt“. Ihre Integration sei „ausschließlich im System German Heron TP möglich“; der Hersteller erlaubt es nicht, diese in eine Drohne einzurüsten. Die Festlegung auf die „Präzisionsmunition“ war dem Verteidigungsministerium zufolge bereits vor der Erarbeitung alternativer Lösungskonzepte für die deutschen Kampfdrohnen erfolgt. Ohne Ausschreibung wurde sich deshalb für die israelische „Heron TP“ entschieden.
Wer baut die Drohnenwunderwaffe?
Sämtliche Details der favorisierten Raketen sind auf Weisung der Regierung Israels als geheim eingestuft. Es dürfte sich um ein israelisches Fabrikat handeln, über das derzeit nur bekannt ist, was der Informationsdienst „Newsletter Verteidigung“ und „Der Spiegel“ dazu orakelt haben. Demnach handele es sich um Lenkwaffen vom Typ „Jedi“, von denen die Bundeswehr zu Trainingszwecken zunächst sechzig Stück ankaufen wollte. Sie würden rund 25 Millionen Euro kosten. Die Beschreibung passt auf Raketen des Typs „Whip Shot“, die vom staatlichen Rüstungskonzern Israel Military Industries entwickelt wurden.
Jede neue Munition der Bundeswehr muss auf ihre Sicherheit und Funktion überprüft werden. Auch dazu könnten die sechzig Raketen genutzt werden. Für das Prüfverfahren der tödlichen Waffe will die Bundeswehr außerdem „amtliche oder amtlich anerkannte Erprobungsberichte“ aus Israel heranziehen.
Einsatzbereitschaft verzögert sich um ein weiteres Jahr
Erstmals nennt das Verteidigungsministerium Details zur Überwachungssensorik der „German Heron TP“. Demnach würde im Falle eines Vertragsschlusses mit Airbus eine Kamera für den Infrarot- und Tagsichtbereich von der israelischen Firma ELBIT Systems geliefert. Ebenfalls aus Israel kommen ein Radargerät und Anlagen zur Satellitenkommunikation. Schließlich wird die Drohne mit einem Enteisungssystem, Blitzschutz und einem Wetterradar ausgerüstet. Ein automatisches Ausweichverfahren bei drohenden Zusammenstößen mit anderen Flugzeugen gibt es nicht, jedoch verfügt die „German Heron TP“ über ein „Kollisionsvermeidungs- und Warnsystem“.
Die Herstellung der Einsatzbereitschaft der Kampfdrohnen ist nach 27 Monaten vorgesehen. Vor der Verlegung in bis zu zwei Einsatzgebiete ist jedoch laut dem Verteidigungsministerium eine weitere „etwa einjährige Vorbereitungszeit“ notwendig. Hierfür seien pro Einsatzgebiet weitere vierzig Millionen Euro aufzubringen. Die jährlichen Kosten für den Betrieb im Einsatzland gibt die Bundesregierung mit dreißig Millionen Euro an. Das Geld ginge an den Konzern Airbus, der auch in den Mandatsgebieten der Bundeswehr für die technisch-logistische Betreuung der Drohnen zuständig ist.
Kein Zugangsrecht für Abgeordnete
Wegen der Vergabe des Auftrags an Airbus hatte der unterlegene US-Drohnen-Hersteller General Atomics bereits in mehreren Verfahren erfolglos gegen das Verteidigungsministerium prozessiert. Die Firma wandte sich in einem Brief an die Abgeordneten des Haushaltsausschusses und warnte, dass sich Airbus in einem Zielkonflikt befände, da der europäische Konzern nicht nur an der „German Heron TP“ verdient, sondern auch federführend die „Eurodrohne“ entwickelt, mit der die Übergangslösung ersetzt werden soll. Sie könnte ab 2027 in Serie produziert werden. Das Verteidigungsministerium sieht darin jedoch kein Problem.
Im Gegensatz zur US-Regierung stellt Israel keine Bedingungen an die Auswahl von Einsatzgebieten ihrer Drohnen. Dies habe die israelische Regierung „schriftlich bestätigt“. Nicht ausdrücklich festgelegt ist die Zusicherung, dass deutsche Abgeordnete in jedem Fall und auch im Falle bilateraler Spannungen die Drohnenbasis in Tel Nof inspizieren dürfen.
whip shot
Auch die Schweiz hat dieses Jahr 6 Stück Drohnen von den Israelis gekauft. Auf Nachfrage, wozu sie denn dienen sollen, sind die zuständigen Behörden mir eine Antwort bis heute schuldig geblieben. Denke die dienen sicherlich nichts Gutem.
http://www.vbs.admin.ch/de/home/suche/suchmaske.detail.news.html/parlament/2015/die-schweiz-kauft-neue-aufklaerungsdrohnen.html
Wie dem verlinkten Artikel unschwer zu entnehmen: um die vorhandenen alten Aufklaerungsdrohnen zu ersetzen.
Das Luftaufklaerung zur Landesverteidigung gerade in einem Gelaende wie der Schweiz eine essentielle Faehigkeit ist, duerfte auch dem Laien einleuchten.