Die Bundesnetzagentur hat heute ihren überarbeiteten Vectoring-Entwurf vorgelegt. Dieser war notwendig geworden, da der vorherige, heftig umstrittene Entwurf offensichtliche Mängel enthielt und der vertieften Prüfung der EU-Kommission nicht standhalten konnte. Daraufhin zog die Bundesnetzagentur Ende letzter Woche den Stecker und den Regulierungsentwurf zurück.
Mit der Vectoring-Technik lassen sich auf kurzen Kupferstrecken Bandbreiten von bis zu 100 MBit/s im Downstream erzielen, allerdings nur von einem Anbieter. Wird Vectoring in einem Verteiler eingesetzt, verlieren alle übrigen Wettbewerber zwangsläufig den direkten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die zum Kunden führt. Im Tausch gegen eine Ausbauzusage drängt die Deutsche Telekom seit über einem Jahr darauf, Vectoring auch im Nahbereich von knapp 8.000 Hauptverteilern einsetzen zu dürfen – und das möglichst exklusiv.
Gegen dieses Tauschgeschäft läuft der Rest der Branche seitdem Sturm und warnt vor einer „Re-Monopolisierung der Netze“. Auch der Beirat der Bundesnetzagentur forderte Nachbesserungen am Regulierungsentwurf, während die Monopolkommission ein „Technologiemonopol der Deutschen Telekom“ befürchtete.
Bundesnetzagentur zuversichtlich, Bedenken ausgeräumt zu haben
Ob der überarbeitete Entwurf die Kritik entschärfen kann, bleibt derzeit noch unklar. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, zeigte sich letzte Woche zuversichtlich, „die Bedenken der Kommission ausgeräumt zu haben“. So sollen künftig Wettbewerber in mehr Gebieten selber die Vectoring-Technik einsetzen können. Zudem sollen die „Zugangsbedingungen für den ersatzweise anzubietenden virtuellen Zugang zur ‚letzten Meile‘ an den Kabelverzweigern verbessert“ werden, hieß es aus der Bundesnetzagentur.
Der aktuelle Entscheidungsentwurf wird nun erneut der EU-Kommission sowie dem Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) vorgelegt, die einen Monat Zeit haben, um dazu Stellung zu nehmen. Die Wettbewerber am deutschen Markt und die Deutsche Telekom sind noch dabei, den Entwurf zu prüfen. Zu erwartende Stellungnahmen werden wir als Update einpflegen, sobald sie eintreffen.
Update: Details und Reaktionen
Insgesamt haben sich lediglich sieben Punkte geändert, die meisten davon nur geringfügig. So muss an einem betroffenen Zugangspunkt nicht mehr nur einem, sondern gegebenenfalls mehreren Nachfragern ein virtueller Zugang (VULA) zur TAL zur Verfügung gestellt werden. Der Stichtag für Zugangsnachfrager hat sich entsprechend nach hinten verschoben, wobei sich die Modalitäten für einen Zuschlag geändert haben. Zuvor musste ein Wettbewerber mindestens 50 Prozent der Kabelverzweiger im Anschlussbereich mit DSL-Technik erschlossen haben.
Diesen Schwellwert hat die BNetzA auf 40 Prozent abgesenkt, jedoch eine neue Hürde eingebaut: Es reicht nicht mehr eine Mehrheit für den Zuschlag, sondern Wettbewerber müssen zudem mindestens 33 Prozent mehr Kabelverzweiger als die Telekom erschlossen haben. Bei nachträglicher Zugangsverweigerung (wenn also durch einen Vectoring-Zuschlag der direkte Zugriff auf die TAL entfällt) muss zudem ein Zugang zu Kabelkanälen oder unbeschalteter Glasfaser zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger angeboten werden, wenn auch nur auf zwei Jahre begrenzt. Darüber hinaus muss die Telekom in jedem Fall einen Bitstrom-Zugang auf Layer-2-Ebene zur Verfügung stellen.
Ein Sprecher der Deutschen Telekom erklärte gegenüber netzpolitik.org:
Die Bundesnetzagentur ist den Wettbewerbern noch einmal stark entgegen gekommen: Sie können noch mehr Nahbereiche exklusiv ausbauen und bekommen noch mehr Möglichkeiten, unsere Infrastruktur für sich zu nutzen. Die Wettbewerber sind jetzt gefordert, ihre Versprechen auch einzuhalten.
Laut Kalkulationen der Telekom würden sich durch die neue Verfügung deutlich mehr Nahbereiche ergeben, die Wettbewerber exklusiv ausbauen könnten. „Zudem gibt es neben dem neuen Zugang zum Kabelverzweiger-Anschlusspunkt unter bestimmten Umständen auch Zugang zur unbeschalteten Glasfaser beziehungsweise zum Kabelkanal“, so der Sprecher.
Die Wettbewerber reagierten empört auf den überarbeiteten Entwurf und sprachen von Anpassungen „rein kosmetischer Art“. In der Praxis würden die Ausbaumöglichkeiten für den Wettbewerb allenfalls geringfügig verbessert. In einer gemeinsamen Aussendung der Verbände BREKO, BUGLAS und VATM hieß es:
hoffte auf Twitter, dass der neue Entwurf die Kritikpunkte der Kommission ausräumt. Sollte das der Fall sein, dann würde man die Quadratur des Kreises schaffen: „Vectoring + Wettbewerb + Anreize für Investitionen“.
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