Videoüberwachung in KölnZahnlose Datenschutzbehörde

Dass Privatpersonen über Jahre und mit Einsatz von viel Zeit und Geld Grundrechte erkämpfen müssen, zeigt, dass die Datenschutzbehörde nicht stark genug gegen die ausufernde Videoüberwachung in Köln vorgegangen ist. Ein Kommentar.

Überwachungskamera an Hauswand.
Überwachungskamera am Verwaltungsgericht am Kölner Appelhofplatz. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Future Image

In Köln kämpft eine Handvoll aufrichtiger Überwachungsgegner:innen seit acht Jahren, um der ausufernden Videoüberwachung einen Riegel vorzuschieben. Sie haben eine Initiative gegründet, protestiert, Geld gesammelt, eine Webseite gebaut, Pressemitteilungen geschrieben, Stadtspaziergänge organisiert, Gutachten eingeholt, Infoveranstaltungen abgehalten und sind am Ende mit einem ganzen Bündel von Klagen vor das Verwaltungsgericht gezogen. Dort haben sie immerhin einen Teilerfolg errungen, so dass etwa ein Drittel der Kölner Videoüberwachung wieder abgebaut werden muss. Und weil es ein Teilerfolg ist, bleiben die Kläger:innen auf zwei Dritteln der Gerichtskosten sitzen.

Bürgerschaftliches Engagement ist gut und wichtig und richtig. Von solchem Engagement lebt die Demokratie, sie wird wie in diesem Fall sogar aktiv geschützt vor einer übergriffigen Exekutive, die ihre Rechte viel zu weit auslegt und einfach mal drauflosüberwacht. Ein paar Menschen schützen ganz viele andere vor einer Überwachung, die stattfindet, weil die Polizei einfach mal große Gebiete zu „kriminalitätsbelasteten Orten“ erklärt, obwohl die Kriminalstatistik das gar nicht hergibt. Die Polizei kann das tun, weil die Gesetze schwammig formuliert sind und offenbar die staatliche Kontrolle nicht gut funktioniert.

Teilerfolg bei Klage gegen Videoüberwachung

Wo war eigentlich die Datenschutzbehörde?

Aber ist es eigentlich Aufgabe von Bürgerinnen und Bürgern, darauf zu achten, dass Recht und Gesetz eingehalten werden? Ja, das ist es. Aber nur zum Teil. Denn die große Frage ist: Was hat eigentlich die Landesdatenschutzbeauftragte in NRW die ganze Zeit gemacht? Laut Auskunft der Kölner Aktivist:innen hatten die am Anfang ein paar Mängel angemerkt und sich dann eher zurückgelehnt. Sie beschreiben die zuständige Datenschutzbehörde als unmotiviert.

Ich mag keine zahnlosen Datenschutzbehörden. Ich will als Bürger, dass Datenschutzbehörden mein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und meine Privatsphäre mit Verve und Elan verteidigen. Ich will, dass sie einer Polizei, die einfach mal macht, weil es geht, einen Riegel vorschiebt. Ich will, dass die Datenschutzbehörden prüfen, bevor die Kameras an die Wand geschraubt sind und Fakten geschaffen werden. Denn sonst müssen wieder ein paar aufrichtige Überwachungsgegner:innen acht Jahre lang Freizeit, Geld und Energie opfern, damit irgendwann ein Gericht urteilt, dass der Staat rechtswidrig gehandelt hat.

3 Ergänzungen

  1. Ist ja auch nicht verwunderlich der Einsatz von Kameras oder das verlangen Personen bezogene Daten zu verarbeiten ist massiv gestiegen. Man wird nicht nur von behördlichen Kameras Beobachtet hinzu kommen noch private und gewerbliche Kameras. Was jene aufzeichnen und ob deren Einsatz überhaupt zulässig ist hat die Behörde nicht einmal ansatzweise auf den Schirm. Die Hemmschwelle ist so gering das sich niemand über die Konsequenzen Gedanken macht. Ein Tracking von Menschen ist heute schon ohne weiteres möglich, man kann kaum noch irrend einen Objektiv entgehen. Wer mal in Polen oder Tschechien unterwegs war weis das es da unmöglich ist sich frei zu bewegen an jedem Haus hängt eine Kamera die Öffentliche Bereiche Filmt. EU Recht spielt hier offensichtlich keine Rolle und Datenschutz ist kein Thema. Verfassungsgemäße Grundsätze zu schützen ist auch in Deutschland kein Thema und der Datenschutz ist ja sowie so immer das Problem. Wie es dann läuft kann man sich bei den Chinesen abschauen, wenn sie Müll wegwerfen wurde das durch die KI schon erkannt und gemeldet. Innerhalb von Minuten….

  2. Ist veröffentlicht worden, was bei den 1/3 die genaue Begründung war, warum die abgebaut werden mussten?
    Und warum die anderen 2/3 nicht abgebaut werden mussten?

    1. Die schriftliche Begründung gibt es noch nicht, es geht aber darum, dass diese Gebiete nicht überdurchschnittlich „kriminalitätsbelastet“ sind und deswegen eine polizeiliche Überwachung nach den Gesetzen nicht erlaubt ist.

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