Heute Abend wird der Deutsche Computerspielpreis verliehen. Seit 2009 wird er in Deutschland vergeben, abwechselnd in Berlin oder, wie dieses Jahr, in München. Es gibt 14 Kategorien, in denen mit Preisgeld dotierte Auszeichnungen vergeben werden. Drei dieser Kategorien sind international, alle anderen gelten für aus Deutschland stammende Spiele oder Akteure. Die Gewinner*innen werden von einer Jury gewählt, nur bei der undotierten Kategorie „Spieler*innen des Jahres“ darf die Community mit abstimmen. Ausgerichtet wird der Preis vom Branchenverband Game, dem Verband der deutschen Gaming-Branche, zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Regelmäßig sind Politiker*innen auf der Veranstaltung zu Gast, unter anderem dieses Jahr wieder der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Trotzdem wird der Preis nicht wirklich ernst genommen, da die Spiele oft eine pädagogische Botschaft haben oder Kinderschutz-konform sein müssen. Das vermittelt vielen den Eindruck, dass Spiele nicht unbedingt als Unterhaltungsmedium für jedes Alter in Deutschland gelten. Zudem spürt man immer noch einen leichten Hauch der vor Jahren in der Politik geführten „Killerspiele“-Debatte.
Gamingförderung in Deutschland
Der Preis ist die Spitze dessen, was Deutschland zur Förderung der Gaming-Industrie unternimmt. Seit inzwischen fünf Jahren versucht die Bundesregierung, dem Wirtschaftszweig auch finanziell unter die Arme zu greifen. Denn obwohl über die Hälfte der Deutschen Videospiele spielen und Deutschland der größte Markt Europas ist, schwächelt die heimische Industrie. Daher gibt es ein Förderpaket vom Bund für die deutsche Produktion. So können etwa neue Titel mit bis zu 50 Prozent gefördert werden.
Dieses Förderpaket wurde zwar positiv von der Industrie aufgenommen. Jedoch konnte es in den letzten Jahren kaum Wirkung zeigen, da die jährlich eingeplanten 70 Millionen Euro viel zu schnell aufgebraucht waren und es immer wieder zu Antragstopps kommt. Ein überarbeitetes Paket lässt bis heute auf sich warten. Die Gaming-Industrie fordert etwa seit Jahren, die Rahmenbedingungen zu ändern und wie manche Nachbarländer den Steuerhebel zu nutzen. In Frankreich gibt es beispielsweise eine Steuererleichterung von 30 Prozent der Entwicklungsausgaben, diese ist noch bis mindestens 2028 gültig.
Auch im E-Sport hat die Regierung erst letzte Woche im Branchendialog angekündigt, mehr tun zu wollen. Sie hat erkannt, dass der sportliche Wettkampf mit Computerspielen an Popularität in Deutschland gewonnen hat. Viele große Akteure im E-Sport haben ihre Standorte für ihre europäischen Ligen nach Deutschland verlegt. Unter anderem Riot Games, die mit „League of Legends“ das beliebteste E-Sport-Spiel der Welt vertreiben, haben jetzt eine feste Arena in Berlin für Spiele in der Europa-Liga. Die Politik hat dies durchaus auf dem Schirm, doch verfolgt sie das Ziel, E-Sport gemeinschaftlich zu machen. Wie genau man sich das vorstellen kann, bleibt bis heute offen.
Die schönen Worte bedeuten nichts
Die deutsche Politik scheint Gaming mehr für gute Presse bei jungen Leuten nutzen zu wollen, als den Bereich ernsthaft voranzubringen. Während etwa Frankreich seine Fördervorhaben ausbaut, werden die Mittel in Deutschland immer knapper. Es erweckt den Eindruck, dass die deutsche Politik aufgegeben hat, Deutschland zum Gaming-Standort zu machen. Das wurde einmal mehr deutlich, als Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) im Twitch-Livestream vorbereitend auf die Preisverleihung sagte, dass der Bund nur noch größere Spieleprojekte ab 400.000 Euro fördern werde. Alles andere sei Ländersache, so Kellner.
Die Idee dahinter ist wohl, Deutschland attraktiver für große Spieleprojekte zu machen. Unter den Tisch fällt dabei, dass Deutschland eine lebhafte Indie-Game-Szene hat, deren Projekte meist nicht diese Größe erreichen. Künftig könnten diese Entwickler*innen davon abhängig werden, wie viel Geld ihr Bundesland für die Förderung bereitstellt, und das unterscheidet sich teils dramatisch von Bundesland zu Bundesland. Dadurch dürfte sich die Gaming-Industrie in Zukunft wohl auf einige wenige Bundesländer konzentrieren und könnte insgesamt schrumpfen – nicht zuletzt, wenn manche Hersteller womöglich in andere Länder auswandern.
Die deutsche Gaming-Industrie steht vor Herausforderungen, die über den Deutschen Computerspielpreis hinausgehen. Eine umfassende Strategie, die sowohl Förderung als auch Steuererleichterungen umfasst, könnte dabei helfen, die Branche zu stärken und Deutschland als Gaming-Standort wettbewerbsfähiger zu machen.
Wie wettbewerbsfähig staatliche Förderungen einen Industriezweig machen, siehst Du, wenn Du nen deutsche Film anschaust.
Sowas wie „Das Boot“ oder „Der Untergang“?
„Schtonk“ steht dann nochmal für sich…
Naja, Industrie, Industrie…
Wie wäre es mal mit Randbedingungen für das Nachwachsen von Vegetation in der Breite? Oder sind wir jetzt 360-Mao überall?
Ich erinnere mich an ein Tageschau-Interview mit Angela Merkel, GamesCom. Die hatte sich kurz zuvor auf der Messe mit dem französischen Finanzminster getroffen und war total begeistert. Der hat ihr nämlich erzählt, dass er für jeden Subventions-Euro zwei als Steuern zurück bekommen würde. Hatte sie in Berlin wohl schon wieder vergessen.
Wie unrelevant der Preis ist, sieht man auch daran, dass ich als gut vernetzter Gamer, von euch erfahre, dass der Preis heute vergeben wird. Ist in keiner Gruppe ein Thema, niemand hat zu irgendeinem Publikumsvoting aufgefordert. Bin mal gespannt was gewinnt und welche Influencerin dieses Mal Gamerin des Jahres wird.
Was genau ist der Grund, warum gerade die Computerspiel-Industrie staatlich gefördert werden muss? Ich spiele selbst gerne, aber es gibt in Deutschland doch nun wirklich drängendere Probleme.
Das Computerspiel-Genre als relevanter Teil des Kulturbetriebs. Der prägt nämlich eine Gesellschaft, und da hat der Staat einen Auftrag von eben dieser Gesellschaft.
1) Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre die beste Förderung für Spieler und Spieleentwickler. Dann muss das Indie-Game auch nicht viel Kohle reinfahren.
2) Wenn man sich den Platzhirsch EPIC anschaut… der verdient Milliarden mit Fortnite. Ich spiele auch Fortnite, habe aber noch keinen Cent dafür bezahlt. (Man kann dort sogar den Battlepass ERSPIELEN.) Da stelle ich mir schon dir Frage, ob die „Einnahmen“ der Gaming-Industrie nicht eher Abzocke sind, wo irgendwelche Kinder dahin gebracht werden sollen, für das Geld der Eltern ein neues Back-Bling zu kaufen.
Insofern ist die ehrlichste Finanzierung ein Crowdfunding. IMHO
> 1) Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre die beste Förderung für Spieler und Spieleentwickler. Dann muss das Indie-Game auch nicht viel Kohle reinfahren.
Klar, so sollten auch Philatelisten, Laubenpieper und Hobbyangler ein bedingungsloses Grundeinkommen haben. Denen steht ja auch mal eine Förderung zu.
„Trotzdem wird der Preis nicht wirklich ernst genommen, da die Spiele oft eine pädagogische Botschaft haben oder Kinderschutz-konform sein müssen. Das vermittelt vielen den Eindruck, dass Spiele nicht unbedingt als Unterhaltungsmedium für jedes Alter in Deutschland gelten. Zudem spürt man immer noch einen leichten Hauch der vor Jahren in der Politik geführten „Killerspiele“-Debatte.“
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Volltreffer!
E-Sports soll gemeinnützig werden, nicht gemeinschaftlich, das hat ua steuerliche Vorteile
Gaming-Experte Anderie sagt, grundsätzlich könnten viele Bereiche von der Spieleindustrie lernen. Man spreche dabei von User Behaviour, also Nutzerverhalten. „Wann trifft der Käufer oder der Gamer eine Entscheidung für ein Produkt und was passiert bei dem Kaufentscheidungsprozess?“ Die Erkenntnisse darüber könnten zum Beispiel auch im Handel genutzt werden, so Anderie.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/digitales/gaming-boom-100.html
Ich wage mal zu denken, dass das bei Gamern „eingesammelte“ user behaviour zunächst gegen die Gamer eingesetzt werden wird, z.B. durch Monetarisierung, danach gegen uns alle.
Meine Empfehlung: Finger weg von kommerziellen „Games“, denn das ist kein Spiel mehr, sondern Ernst.