Eigentlich sollte es ganz einfach sein: Liefert ein Netzbetreiber nicht die versprochene Internetgeschwindigkeit und -qualität, können Kund:innen ihre monatliche Rechnung mindern lassen. Auch können Nutzer:innen ihr Recht auf eine Internetleitung einfordern, sollten sie überhaupt nicht oder nur sehr schlecht versorgt sein.
Seit inzwischen gut zwei Jahren sind diese Rechte gesetzlich verbrieft. Doch in der Praxis ist davon nicht viel zu merken, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Bis heute hat die Bundesnetzagentur noch keinen einzigen Netzbetreiber angewiesen, eine amtlich festgestellte Unterversorgung mit Internet zu beseitigen. Und das Minderungsrecht bleibt ebenfalls ein Papiertiger, denn es gebe „gravierende Probleme bei der Durchsetzung“, so der vzbv.
„Zu langsames Internet ist ein echtes Ärgernis für Verbraucher:innen“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. Wenn die Diskrepanz zwischen tatsächlicher und vertraglich zugesicherter Bandbreite zu groß ausfalle, müssten Verbraucher:innen unkompliziert entschädigt werden, fordert die Verbraucherschützerin. Dies sollte so einfach wie möglich sein: „Der vzbv schlägt einen pauschalen Schadensersatz von 15 Euro vor, der jeden Monat vom Tarifpreis abgezogen wird, bis die Diskrepanz behoben ist“, sagt Pop.
Tricksende Netzbetreiber
Schon im Vorjahr hatte der vzbv festgestellt, dass Netzbetreiber zu allen möglichen Tricks greifen, um das Minderungsrecht auszuhöhlen. So berichteten etwa Kund:innen, dass sie trotz einwandfreier Messprotokolle ignoriert worden seien; dass es keine einheitliche Berechnung des Minderungsanspruchs gebe; oder dass manche Kund:innen zu teureren Verträgen gelenkt würden, die ihre Geschwindigkeitsprobleme angeblich lösen würden.
Auch die Ampelkoalition hatte im Koalitionsvertrag darauf hingewiesen, die Zügel möglicherweise straffer zu ziehen. „Wir stärken den Verbraucherschutz bei zugesicherten Bandbreiten, nötigenfalls durch pauschalierte Schadensersatzansprüche“, stellte die Regierung in Aussicht. Die Chance dafür könnte sich nun eröffnen: Mit dem sogenannten TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz will sie das Telekommunikationsgesetz novellieren. Bislang liegt nur ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) vor – das den Fokus allerdings eher darauf lenkt, die Ziele der Gigabitstrategie zu erreichen, anstatt Rechte von Verbraucher:innen besser abzusichern.
Recht auf schnelles Internet verstolpert
Nachholbedarf macht der vzbv auch beim Rechtsanspruch auf Versorgung mit Breitband-Internet aus. Dagegen waren Netzbetreiber von Anfang an auf die Barrikaden gestiegen, derzeit wehren sich mehrere von ihnen vor dem Verwaltungsgericht vor Unterversorgungsfeststellungen. Dennoch dürften Verzögerungstaktiken nicht dazu führen, dass Bürger:innen nicht zu ihrem Recht kommen. Dem Vorschlag des vzbv zufolge sollen schnellere Prüfverfahren und kürzere Fristen dafür sorgen, die Prozesse zeitnah abzuschließen.
Zugleich erinnert der vzbv die Regierung an ein weiteres Versprechen: Bei einer Debatte rund um die TK-Mindestversorgungsverordnung (TKMV) versicherte die BMDV-Staatssekretärin Daniela Kluckert (FDP) dem Bundesrat, dass „die TKMV bereits Mitte 2023 angepasst wird und dabei der Wert für die Mindestbandbreite im Download von 10 auf 15 Megabit pro Sekunde angehoben wird“. Das würde zwar immer noch weit unter zeitgemäßen Internetgeschwindigkeiten liegen, wäre aber wohl besser als nichts: „Die Bundesregierung muss das Recht auf Versorgung mit Breitband endlich ernst nehmen. Die Mindestbandbreite muss erhöht und Bürger:innen mit einem Anspruch müssen endlich versorgt werden“, sagt vzbv-Chefin Pop.
Wer sich die AGB der Vodafone (bei Kabelanschlüssen im 1 Gbit/s-Bereich) dazu anschaut, dem wird auch auffallen, dass man mit dieser Thematik sehr gut spielen kann. Dort wird nämlich bei 1 Gbit/s eine Mindestversorgung mit 600 Mbit/s angegeben (war auch schon 2018 so – https://www.golem.de/news/docsis-3-1-vodafone-garantiert-600-mbit-s-beim-gigabit-anschluss-1810-136877.html). Nun müsste man messen, messen, messen um zu beweisen, dass der Vertrag das nicht erreichen würde. So viel messen wird dann aber – wie im Beitrag beschrieben – oft einfach ignoriert und damit abgetan, dass man nicht gut genug gemessen hätte. Denn es wird dann auch oft nur damit geworben, dass die 1 Gbit/s nur maximal und unter bestenden Umständen (also eher im Ausnahmefall) erreicht werden.
Aber auch die Telekom hat in ihrem kleinsten DSL-Festnetz-Vertrag solche Minimal-Geschwindigkeiten definiert (https://www.telekom.de/produktinformationsblatt/magentazuhause-s.pdf). Da stehen dann nichtmal die 16 Mbit/s zur Verfügung sondern minimal eher sowas um die 6 Mbit/s. Bei Fiber/Glasfaser sieht das dann aber schon wieder anders aus, da wird Maximal und Minimal gleich definiert (https://www.telekom.de/produktinformationsblatt/magentazuhause-m-fiber-50?).
Schon spannend wie man mit den verkauften, zugesicherten und zur Verfügung stehenden Geschwindigkeiten spielen kann.
Schönes Beispiel für die Auswirkungen von Werbung.
Beworben wird 1 Gbit/s. Auf diese Angabe fallen die Menschen herein. Dass dies ein Maximalwert ist, der nur unter komplett günstigen Voraussetzungen möglich sein KANN, das steht im Kleingedruckten, was die Leute nicht lesen können/wollen/sollen.
Dieser flächendeckenden Täuschung könnte ein Ende gesetzt werden, wenn per Gesetz/Verordnung nur die garantierten [MG]bit/s beworben werden dürften.