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Irgendwas mit InternetGoogle ist zu mächtig geworden

Google bietet seit 25 Jahren Dienste an, die das Leben von vielen Menschen bereichern. Doch der Konzern ist damit auch zu groß und mächtig geworden. Eine bessere digitale Welt wäre möglich, wenn diese Marktmacht politisch begrenzt und datenschutzfreundliche Alternativen besser gefördert werden würden.

Symbolbild CC-BY-NC-SA 4.0 Foto: Lars Kienle (unsplash), Bearbeitung: netzpolitik.org – owieole

Vor 25 Jahren revolutionierte Google die Art und Weise, wie wir Informationen im Netz suchen. Ältere Netzbewohner:innen erinnern sich vielleicht noch an den früheren Marktführer Yahoo, der Websites händisch in seinen Suchindex einsortieren ließ. Google ging einen anderen Weg und untersuchte automatisiert, welche Seiten auf andere Websites verlinkt werden. Unter anderen daraus berechnete das Unternehmen den Pagerank, der Aufschluss über die Relevanz von Inhalten geben soll. Die Suchergebnisse wurden dadurch wesentlich besser und bis heute hat Google den Vorsprung gehalten.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor liegt auch daran, dass Google das Verhalten in Form von Verkehrsdaten der Nutzer:innen ausgewertet hat. Ob bestimmte Ergebnisse angeklickt werden oder ob Menschen nach einem Klick auf einen Link zurückkommen und weitersuchen müssen, sagt schließlich etwas über die Relevanz der angezeigten Inhalte aus. Mit anderen Worten: Jede Suchanfrage hat die Empfehlungen der Suchmaschine verbessert. Bis heute hilft jeder Klick Google dabei, den Vorsprung zu halten und auszubauen.

Googles Weg an die Spitze

Schnell hatte man mit verhaltensbasierter Werbung auch das passende Geschäftsmodell gefunden. Anfangs nur auf der Suchmaschine selbst, kaufte Google irgendwann andere Werbedienstleister wie etwa DoubleClick auf und rollte für alle Websites die Möglichkeit aus, Inhalte durch eingebaute Werbeflächen zu monetarisieren. Passender Nebeneffekt für Google war, dass man noch mehr Nutzer:innendaten von anderen Websites bekam. Dieses Werbenetzwerk ist bis heute die Grundlage für Googles gigantische Gewinne. Der Konzern verdient sein Geld schließlich bis heute vor allem mit der Vermarktung von Nutzer:innendaten und ist der größte Player für Online-Werbung.

Frühe Aufkäufe von Youtube und Android halfen Google dabei, neue Märkte zu erobern und für lange Zeit zu halten. Vier von fünf Smartphones laufen mit Android. Zusammen mit dem Chrome-Browser und der Unterstützung einer Vielzahl von kleinen und größeren Open-Source-Projekten hat der Konzern eine marktbeherrschende Stellung bei wichtigen Netzinfrastrukturen. Auf der einen Seite ist es gut, dass sonst unterfinanzierte Projekte hier oft eine Förderung bekommen, die es ihnen ermöglicht, besser zu werden. Andererseits ist die Abhängigkeit ein immer größer werdendes Problem, weil Google seine Interessen darüber durchsetzt.

Viel zu lange hat die europäische Politik gebraucht, um Gesetze auf den Weg zu bringen, die es Regulierungsbehörden ermöglichen, stärker gegen die Marktmacht vorzugehen.

Es gab zwar einige Milliardenstrafen der EU dafür, dass Google seine Marktmacht ausnutzt. Aber hier zeigt sich leider, dass diese wahrscheinlich schon eingepreist waren in der Eroberung von Marktanteilen. Vier Milliarden Euro Strafe für Android klingen wie ein Schnäppchen, wenn dafür jetzt vier von fünf Smartphones auf Android setzen. Praktisch ist für den Konzern, dass dort dann die eigene Suchmaschine eingebaut ist, Wege in der Regel mit Google Maps gesucht werden und man direkt auch eine kostenlose GMail-Adresse bekommt.

Was sollte die Politik tun?

Es ist sinnvoll, dass das Bundeskartellamt Google seit einiger Zeit beobachtet, doch die Befugnisse dafür kamen zu spät. Mit dem Gesetzespaket für Digitale Dienste und Digitale Märkte hat die EU seit kurzem endlich ein wegweisendendes Regelwerk, um gegen die Marktmacht von Google vorzugeben. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob diese ausreichend sind und effektiv durchgesetzt werden können. Oder ob die jahrelangen Lobbykampagnen von Google erfolgreich waren, um eine effektive Regulierung zu verhindern.

Das Geschäftsmodell der personalisierten Werbung ist bis heute der Kern vielen Übels. Es motiviert Plattformen, Mechanismen mit vielen gesellschaftlichen Nebenwirkungen einzubauen, nur um noch mehr unsere Aufmerksamkeit zu binden und uns zu mehr Interaktion zu verleiten: Mit dem eigentlichen Ziel, möglichst viele Datenpunkte von uns zu sammeln, uns zu vermessen und zu rastern und unsere Aufmerksamkeit ihren Werbekunden zur Ausspielfläche anzubieten. Dieses Geschäftsmodell könnte man auch verbieten, aber bisher fanden sich dafür leider auf europäischer Ebene keine Mehrheiten. Echte Grenzen gibt es nur bei Kindern und Jugendlichen sowie irgendwann hoffentlich bei wenigen sensiblen Daten.

Google operiert auf vielen Märkten mit einer marktbeherrschenden Stellung. Es ist gut und sinnvoll, dass das Bundeskartellamt als eine Regulierungsbehörde gegen die Datenmacht vorgeht, denn die über verschiedene Märkte gesammelten Daten bieten Google die Möglichkeit, seine Stellung zu halten und immer weiter auszubauen. Wir brauchen mehr Marktaufsicht und mehr Verständnis, wie die Geschäftsmodelle genau funktionieren. Es muss verhindert werden, dass die Daten verschiedener Märkte zusammengeführt werden. Aber auch eine Aufspaltung von Google in der europäischen Union muss eine Option sein.

Was kann ich tun?

Politische Lösungen sind das eine. Aber viele Menschen möchten auch ganz praktisch etwas verändern. Die gute Nachricht: Man ist Google nicht hilflos aufgeliefert. Die schlechte Nachricht: Der größten Gegner ist oft die eigene Bequemlichkeit.

Google als Suchmaschine hat in Deutschland immer noch einen Anteil von 92%. Dabei gibt es datenschutzfreundliche Konkurrenten wie Startpage oder DuckDuckGo.

GMail beziehungsweise Google Mail, wie es in Deutschland heißt, rastert und durchleuchtet euer Kommunikationsverhalten, um Werbung anzuzeigen. Alternative Mailprovider wie Posteo oder Mailbox kosten etwas, spionieren ihre Nutzer:innen dafür aber auch nicht aus.

Google Maps mag sehr bequem sein, liefert Google aber auch die Infos, wo man sich lang bewegt. Das Ökosystem rund um Open Street Maps liefert freies Datenmaterial und ermöglicht Anwendungen, die unsere Bewegungen nicht überwachen.

Mit etwas Fachwissen, Geduld und Mühe kann man auch alternative Android-Derivate als Betriebssystem für das Smartphone nutzen. Da werden keine Daten an Google geliefert. Aber: Oft ist man trotzdem noch auf Googles Ökosystem angewiesen. Der größte Konkurrent auf diesem Markt ist natürlich Apple. Wer beim Smartphone nicht auf kleine Orchideen-Projekte setzen will, hat deshalb oft leider nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Hier müssen dringend mehr und bessere Alternativen her.

Google hat in 25 Jahren Dienste geschaffen oder aufgekauft und dann veredelt, die das Leben von vielen Menschen bereichert haben. Aber das Unternehmen ist damit auch zu groß und zu mächtig geworden. Eine bessere digitale Welt wäre möglich, wenn diese Marktmacht politisch stärker begrenzt würde. Eine politische muss es auch sein, datenschutzfreundliche Alternativen zu fördern und besser zu machen.

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15 Ergänzungen

  1. Wahre Worte:

    „Wer beim Smartphone nicht auf kleine Orchideen-Projekte setzen will, hat deshalb oft leider nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Hier müssen dringend mehr und bessere Alternativen her.“

    Persönlich versuche ich alle Produkte der Fa. Google/ Applke/ Microsoft weitestgehend zu vermeiden bzw. meine Nutzung so gut es geht zu verschleiern.

    Ich habe u.a. auch deshalb kein Smartphone und immer wieder „Probleme“ im Alltag.

  2. Die Großen nutzen schlicht einfach die Bequemlichkeit der Menschen aus, da kann das Kartellamt jetzt 25 Jahre zu spät, auch nichts mehr dran ändern. Es haben sich aber auch sämtliche Kleinen Webseitenbetreiber mitschuldig gemacht, in dem sie die Loginfunktionen von Google oder Meta nutzen bzw. anbieten. Den meisten Leuten ist leider nicht bewusst, was die damit anrichten.

  3. Also die Pest-und-Cholera-Bemerkung fördert doch gerade, dass der Mensch ruhig bequem sein soll.

    Warum nicht Smartphonehersteller wie Shiftphone oder Fairphone mit optionalen und auch unterstützten Betriebssystemen wie /e/ oder Sailfish OS benennen? Und kennen Leute von euch noch Jolla?

    Orchideenprojekte müssen erst recht gefördert werden.

  4. Hallo,
    erstmal volle Zustimmung zu dem Artikel.
    Teilweise hört man neuerdings die Forderung: „Recht auf analoges Leben“ – Ich finde dieses Forderung zu vereinfacht. Wir sollte alle ein Recht auf eine gesunde Digitalisierung bekommen: „Recht auf Datenschutz und Digitalisierung, also ein modernes, digitales Leben ohne einem unnötigen Datenstriptease zustimmen zu müssen.“
    Ich benutze ein „freies“ Androidhandy, mit dem Betriebssystem der e.Foundation – Google und META frei.
    Aber bei meinen Kinder endet meine digitale Freiheit – alle mir bekannten Schulklassen, Vereine, Jugendgruppen usw nutzen als Chatgruppe Whatsapp (mit dem Backup in der Googlecloud, wohl immer unverschlüsselt). Kann ich da noch ernsthaft meine Kinder raushalten? Soll ich das soziale Leben meiner Kinder dem Datenschutz opfern? Also Whatsapp genehmigt- Würg.
    Ich werde für die Nutzung von Googlealternativen immer schräg angeschaut, insbesondere die jetzige Generation zwischen 20-30 Jahren kennt nur noch Google und META und wundert sich über meine Kritik an diesen Diensten.
    Irgendwie schauen alle nur noch Weg und sagen: Was soll ich den machen?

    1. Wobei WhatsApp zu Meta gehoert und nichts mit Google zu tun hat.

      Speziell die wirklich miese Situation bei Messenger ist allerdings primaer ein Problem der Ignoranz der meisten Leute. Es gibt einfache Alternativen, die Leute wollen aber nicht mal darueber nachdenken. Grosses Problem, aber ganz anderes Problem als das im Artikel thematisierte.

      1. Nicht ganz am Thema vorbei.
        Google erhält nun mal über die Backupfunktion bei Whatsapp auch riesigen Datenmengen von META.
        Die Backupfunktion bei Whatsapp muss spätestens bei einem Handywechsel genutzt werden und sit bei den meisten Menschen sicher, wie voreingestellt, unverschlüsselt.
        Dazu ist sicherlich in annähernd jeder Whatsgruppe ein Mitglied, welches unverschlüsselt das Backup nutzt. Damit gerät der gesamte Gruppenchat im Klartext in der Googlecloud.

        1. Das andere Firmen ihre Kunden unverschluesselte backups auf Google Drive speichern lassen, ist allerdings nicht Googles Problem.

    2. > Teilweise hört man neuerdings die Forderung: „Recht auf analoges Leben“ – Ich finde dieses Forderung zu vereinfacht.

      Diese Forderung muss unumstößlich jederzeit verwirklicht werden können. Als fallback und ultima ratio.

      Wer Digitalisierung erzwingt, vernichtet Freiheit.

      1. Du kannst Dich auch selbstgewaehlt der Nutzung von Schriftsprache verweigern. Du wirst feststellen, dass das moeglich aber sehr beschwerlich und nachteilig ist. Du wirst feststellen, dass Deine frei gewaehlte Freiheit nur von sehr wenigen Leuten unterstuetzt werden wird. Du koenntest verstehen, dass Deine Freiheit als Teil einer Gemeinschaft immer beschraenkt ist, und dass man alleine schnell mal einsam im Dunklen stirbt.

        1. > …, , und dass man alleine schnell mal einsam im Dunklen stirbt.

          Die Vorstellung, auch noch beim Sterben von anderen behelligt zu werden, ist mir unerträglich, denn das würde mir sogar das Sterben versauen.

  5. > Google bietet seit 25 Jahren Dienste an, die das Leben von vielen Menschen bereichern

    Das verdreht die Realität. Der Unternehmenszweck von Google (jetzt Alpha Inc.) war zu keiner Zeit, „das Leben von Menschen zu bereichern“. Richtig hingegen wäre es zu formulieren:

    Google bietet seit 25 Jahren Dienste an, um sich durch Analyse von Menschen zu bereichern, welche diese Dienste nutzen.

    1. Das ist kein Widerspruch und keine Verdrehung, das ist schlicht die Realitaet.

      Google handelt mit Gewinnabsichten im Rahmen seines Geschaeftsmodells, und in diesem Rahmen bietet Google zweifelslos auch viele Dienste an, die das Leben von vielen Menschen bereichern. Die sind so erfolgreich und so erfolgreich geworden, weil sie den Leuten was anbieten.

      1. > … und in diesem Rahmen bietet Google zweifelslos auch viele Dienste an, die das Leben von vielen Menschen bereichern.

        Mit Verlaub, aber unter einer „Bereicherung des Lebens von Menschen“ verstünde ich mehr als nur die schnöde Benutzung von Google-Diensten. Mag ja sein, dass manche Zeitgenossen diese Nutzung als Bequemlichkeit erachten, aber eine nennenswerte Steigerung des Lebensgefühls sehe ich darin nicht.

    2. Wohl wahr, aber gerade um sich zu bereichern bietet das Unternehmen auch Dienste an, die sich scheinbar großer Beliebtheit erfreuen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.