In der ARD-Mediathek ist die zweite Staffel von Parlament verfügbar. Die erste Staffel der französisch-deutschen Co-Produktion wurde im vergangenen Jahr mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Im Zentrum der satirischen Serie steht Samy (Xavier Lacaille), der kurz nach der Brexit-Abstimmung im EU-Parlament ein Praktikum bei einem Abgeordneten absolviert. An der Uni hat Samy zwar einiges über Europa gelernt. Das heißt aber nicht, dass er auf das vorbereitet ist, was ihn in Brüssel erwartet. Überall lauern falsche Freunde, Samy wird belogen und betrogen und auch sein Chef ist keine große Hilfe.
Mich erinnert die Serie an meine persönlichen Erfahrungen mit dem EU-Parlament. Vor zwanzig Jahren war ich das erste Mal vor Ort, um mit einem Open-Source-Bündnis gegen die damals diskutierte Richtlinie zur Einführung von Softwarepatenten zu protestieren. Wir hatten anfangs keine Ahnung, wie die dortigen Regeln im Detail funktionierten. Aber wir drückten Knöpfe, lernten schnell und campierten mit unseren Notebooks fast auf den Fluren. Wir kamen aus der digitalen Zukunft und verliebten uns nach und nach in ein altes System.
Mit viel Engagement sowie Regenbogen-Koalitionen über Fraktionen, Lobbys und Staaten hinweg gelang es uns über den Zeitraum von drei Jahren, die von der Industrie vorangetriebene Richtlinie zu kippen. Wir sahen in ihr eine massive Bedrohung für Open-Source-Software und die mittelständisch geprägte IT-Wirtschaft in der EU.
Seitdem war ich sehr häufig in Brüssel und manchmal auch in Straßburg. Zunächst als Aktivist gegen ACTA und die zahlreichen Gesetze zur Massenüberwachung sowie im langjährigen Einsatz für Netzneutralität. Später dann verfolgte ich als Journalist die vielen Debatten zur Datenschutzgrundverordnung oder dem Digitale-Dienste-Gesetzespaket zur Plattformregulierung. Denn die meisten Entscheidungen über unsere digitale Zukunft werden bereits seit Langem auf EU-Ebene getroffen.
Nur wenige Menschen interessieren sich für all diese Themen, auch weil die Europäische Union zumeist als komplexer politischer Apparat wahrgenommen wird. Und sie scheint weit entfernt zu sein. Dass dies aber nicht zutrifft, veranschaulicht die Serie Parlament auf sehr charmante Weise. Und sie erklärt anschaulich die politischen Rituale innerhalb der EU aus Sicht des Parlaments in den Gesetzgebungsprozessen mit Rat und Kommission.
Das erscheint zwar auf den ersten Blick weniger spannend als etwa die dänische Politik-Serie Borgen. Dafür aber ist Parlament als Politiksatire weit informativer und kurzweiliger.
Parlament ist richtig gutes politisches Infotainment – und zwar nicht nur für Politik-Nerds. Die ersten beiden Staffeln finden sich in der ARD-Mediathek, als französische Originalversion und in deutscher Synchronisation.
Mir hat auch gefallen, wie selbstverständlich zwischen den verschiedenen Sprachen hin und her gewechselt wird, neben Französisch, Englisch und Deutsch erinnere ich mich noch an Spanisch, Schwedisch und Niederländisch. Außerdem ist die Serie sehr lustig!