MedienwächterKein Onlyfans für Minderjährige

Internetdienste wie Onlyfans, die sexuell explizite Fotos und Videos zeigen, verbuchen seit Monaten einen starken Anstieg an Registrierungen. Die Landesmedienanstalt in NRW fordert jetzt einen umfangreicheren Jugendschutz und die Durchsetzung von Altersbeschränkungen.

Onlyfans bietet faire Bezahlmodelle für seine Nutzerinnen und Nutzer.

Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt NRW, will Altersbeschränkungen auf Online-Diensten wie Onlyfans oder Fancentro durchsetzen. Grund dafür sei die Zunahme pornografischer Inhalte auf den Plattformen. In einem Interview für die Welt am Sonntag betonte Schmid, dass es bei der geplanten Regulierung vor allem um Jugendschutz gehe. Deshalb soll Minderjährigen in Zukunft der Zugriff auf Onlyfans und ähnliche Plattformen verwehrt werden. Er wolle vor allem „die Damen und Herren, die auf ihren Konten pornografische Dienstleistungen verkaufen, intensiv daran erinnern, dass sie verpflichtet sind, ein zulässiges Jugendschutzsystem einzusetzen“.

Onlyfans und viele andere Content-Sharing-Anbieter haben in der Corona-Pandemie einen beispiellosen Boom erlebt. Ähnlich wie bei großen sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook lassen sich öffentliche Profile anlegen. Jedoch können Nutzer:innen ihren Bilder- oder Video-Feed auch kostenpflichtig anbieten. Das wird rege genutzt, die jeweilige Plattform erhält dann eine Beteiligung am Umsatz.

Technisch gesehen ist Onlyfans für Inhalte und Medienschaffende jeglicher Couleur nutzbar. Bekannt ist die Plattform aber hauptsächlich für das Posten von Nacktbildern. Um die Bilder abrufen zu können, schließen die als „Fans“ bezeichneten Nutzer*innen in den meisten Fällen monatliche Abonnements ab, alternativ lässt sich bei Livestreams digitales Trinkgeld geben oder einmalig über Pay-Per-View einzelne Inhalte erwerben.

Vorsicht vor Stigmatisierung

Onlyfans zensiert im Gegensatz zu Facebook oder Instagram keine Nacktheit. Auf der Plattform tummeln sich deshalb neben Influencer:innern und Models auch Pornodarsteller:innen und Sex Worker, wobei die Grenze oft fließend ist. Ungefähr die Hälfte aller Inhalte auf Onlyfans sind als „sexuell explizit“ einzustufen. Onlyfans deshalb mit den großen Pornoplattformen gleichzusetzen, birgt großes Stigmatisierungspotential.

Für die kanarische Fotografin Maty Chevriere bietet das faire Bezahlmodell von Onlyfans eine Möglichkeit, selbstbestimmt und unabhängig für ihre Arbeit entlohnt zu werden. Auf Instagram hatte Chevriere oft mit Profilsperrungen zu kämpfen, sagt sie in einem Chat mit netzpolitik.org, da ihre Fotos als Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen gemeldet wurden. Staatlich verordnete Zugriffshürden würden die Reichweite von Künstler:innen wie Chevriere einschränken, da viele Nutzer:innen verständlicherweise nicht bereit wären, der Plattform ihre Personalien zugänglich zu machen.

Da sich das Angebot von Onlyfans laut den Nutzungsbedingungen ausschließlich an Volljährige richtet, weisen die Medienwächter trotzdem auf die fehlende Altersprüfung hin. Dabei reichen anderswo wenige Klicks aus, um an pornografische Inhalte im Netz zu gelangen.

Mögliche Diskussion um Netzsperren

Die Kampfansage von Tobias Schmid dürfte womöglich auch die Diskussion um Netzsperren erneut ankurbeln. 2020 kündigten deutsche Medienwächter die Sperrung von Porno-Seiten an, sollten diese nicht das Geburtsjahr ihrer Nutzer:innen prüfen. Der Aufruf der Websites wäre dann aus Deutschland nur über Umwege möglich gewesen. Die Forderung nach Netzsperren prallte unter anderem am Standpunkt deutscher Internet-Provider wie der Deutschen Telekom oder Vodafone ab, die Sperrungen nur nach behördlicher Anordnung und sorgfältiger Prüfung durchsetzen wollen.

Für viele Akteure aus Politik und Gesellschaft gelten Netzsperren ohnehin als rabiate und wenig effiziente Methode der Regulierung, die in die offene Architektur des Netzes eingreift. Würde man Netzsperren bei unkooperativen Pornografie-Anbieter:innen zur Einhaltung von Jugendschutzregeln durchsetzen, wäre die Ausweitung auf Plattformen wie Onlyfans nur konsequent. Kritiker:innen sehen dagegen in der Förderung von sexueller Aufklärung und feministischer Pornografie einen nachhaltigeren Mehrwehrt für die Gesellschaft.

3 Ergänzungen

  1. Und täglich grüßt das Murmeltier. … „The Internet is for porn!“ „Jugendschutz“ hat im Internet nichts verloren. Es ist technisch unmöglich das Internet „kindersicher“ zu machen. Jeder Versuch ist entweder zum Scheitern verurteilt oder würde das Internet in Gänze zerstören. Was es braucht ist eine grundsätzliche Haltungsänderung, dass man Internetzugriff allgemein so behandelt wie Kaffee, Alkohol oder Sex. Sehr wenige Eltern würden ihrer sechsjährigen Tochter morgens einen doppelten Espresso mit Schuss geben, damit sie besser durch den Grundschulalltag kommt und werden ihr frühzeitig (bevor sie zu einem rebellischen Teen wird) beibringen, dass regelmäßiger oder übermäßiger Konsum schädlich ist. (Auch wenn viel zu viele da nicht mit gutem Beispiel vorangehen.) Diese Haltung brauchen wir auch gegenüber Internetzugriff, insbesondere Social Media. Kleine Kinder (und Beamte) haben Online nichts verloren und ältere Kinder sollten ausschließlich unter Aufsicht an eine verantwortungsvolle Nutzung herangeführt werden, damit sie mit Eintritt der Pubertät, wenn sie (mit Wissen der Eltern oder ohne) ihr erstes unbeschränkt internetfähiges Gerät kriegen, nicht direkt auf den ersten Insta-Thot-Catfish oder politischen Rattenfänger hereinfallen.

    1. zu „„Jugendschutz“ hat im Internet nichts verloren.“

      Stimmt. Warnhinweise, mit dem Ausblenden der Inhalte im Hintergrund bis zur Bestätigung, dass man die Seite wirklich besuchen möchte, sollten genügen. (Falls man doch mal versehentlich auf einer einschlägigen Seite landet) Auch die ständig wiederkehrende Forderung gegenüber den Portalen, Personalien von Nutzern und Content-ErstellerInnen prüfen zu müssen, steht dem berechtigten Interesse der Anonymität volljähriger Internet-Nutzern entgegen.

      Die Verantwortung liegt nicht bei allen volljährigen Nutzern, sondern zuerst bei den Erziehungsberechtigten. Zum Abschluss eines Handyvertrages / einer Internetflatrate ist bereits ein Ausweis erforderlich und somit die Volljährigkeit festgestellt. Der Zugang in Schulen und öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken ist bereits entsprechend jugendschutzkonform eingerichtet bzw. die Nutzung wird überwacht. Übrig bleiben Internetdienste, welchen Erzb. ihren Kindern bereitstellen: das Heimnetzwerk und Mobilfunktarife. Für beides haben die Erzb. die Aufsichtspflicht. Es gibt genug Möglichkeiten bei Bedarf die Inhalte zu filtern. Aufklärung ist aber auch hier das A und O. Minderjährigen allgemein den Zugang zu sperren halte ich auch nicht für richtig, es gibt genug verantwortungsvolle jugendliche Nutzer die dadurch pauschal bevormundet würden.

      Kinder und Jugendliche Zugang zum Internet zu geben, ist wie sie selbstständig nach draußen auf die Straße zu lassen. Wenn sie über die Regeln und Gefahren aufgeklärt sind, können sie sich dort sicher bewegen und wissen von welchen dunklen Ecken sie sich fern halten sollten. Ab wann man Kindern und Jugendlichen diese Selbstständigkeit zutraut, liegt im Ermessen und in der Verantwortung der Erziehungsberechtigten.
      Sinnvoller als ständig das Jugendschutzargument aus der Mottenkiste zu holen, (statt die Internetüberwachung voranzutreiben), wäre es Aufklärung in der Schule zu betreiben: Internetkompetenzen zu vermitteln und Schulungen für Erzb. anzubieten. Einfach umzusetzen wäre auch eine Richtlinie zur standardmäßigen, optional (!) aktivierbaren Auslieferung von Jugendschutzfiltern in Routern und mobilen Geräten. Beim Einrichten der Router könnte ein Häkchen gesetzt werden, wenn Kinder im Haushalt sind, beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags für Jugendliche/Kinder könnte optional (!) auch ein solcher Filter an die Sim-Karte gekoppelt werden, bis die Volljährigkeit erreicht ist (ebenfalls optional – denn es gibt auch Eltern, die Ihre Kinder für reif genug halten, mit Inhalten für Erwachsene konfrontiert zu werden) . Folglich könnte davon ausgegangen werden, dass alle Nutzer im Internet volljährig sind, nur über einen Filter Zugriff haben oder nicht volljährig sind, aber nach Einschätzung ihrer Erziehungsberechtigten reif genug sind, um mit dem ungefilterten Inhalt/Zugang umzugehen.
      Thema Jugendschutz und Internet hätte sich damit zum Großteil erledigt, die unsinnige Diskussion um Netzsperren auch.

  2. In einem Jahr würde mich eine Umfrage unter den suchtkranken Besuchern und radikal überzeugten Kritikern von Onlyfans interessieren, mit dem Thema: Wann haben Sie das erste Mal von Onlyfans erfahren. Vor oder nach den Presseberichten aus März 2021?
    Ich denke dabei auch direkt lachweinend an Begrifflichkeiten wie ‚Killerspiele‘, ‚Kipo‘, ‚Kino.to‘, ‚Darknet‘ und ‚AfD‘, um nur eine handvoll gemeinhin bekannter Beispiele zu nennen, die nach meiner Überzeugung erst von der grauen Masse pro- oder kontraproduktiv aufgesaugt und beleuchtet wurden, nachdem sie als ‚Werbung‘ an fast alle Haushalte verteilt wurden.
    ;-) …und das soll _kein_ Selbstläufer sein? ^^

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