Wochenrückblick KW 7Identifizierungspflicht für Gamer und DNA-Analyse für Müslifans

Während zwei norddeutsche Bundesländer eine Identifizierungspflicht für Gamer einführen wollen, wächst die Kritik an den Plänen des Justizministeriums zur Reform des NetzDG. Außerdem in dieser Woche: Bizarre Anwendungsfälle für automatische Gesichtserkennung und das bizarre DNA-Programm eines Müsliherstellers.

Keine Überraschung: auch diese Woche geht es um Sicherheitsbehörden, die Daten hamstern. CC-BY 2.0 Ricky Kharawala

Heute gibt es nicht nur einen Überblick über unsere Artikel der Woche, sondern auch über die Finanzen des letzten Monats. Wie im Vorjahr war auch dieser Januar ein sehr starker Monat: wir haben ein Plus von etwa 20.000€ gemacht, das eine wichtige Rücklage für schwächere Monate bildet. Einen herzlichen Dank an alle Spender:innen!

Identifizierungs- statt Klarnamenpflicht

Die Gaming-Szene rückt weiter in das Visier der Sicherheitsbehörden. Ein Gesetzesentwurf der Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sieht eine Identifizierungspflicht für soziale Netzwerke und Spieleplattformen mit mehr als 2 Millionen Nutzer:innen vor. Betreffen könnte diese Novellierung des NetzDG neben Facebook, TikTok und Twitter beispielsweise auch den Streamingdienst Twitch oder das Vertriebsportal Steam. Die Pläne sind nicht nur unrealistisch, sondern auch gefährlich, meint unser Kollege Daniel Laufer in einem Kommentar.

Das Justizministerium arbeitet an zwei Gesetzesentwürfen, die das NetzDG reformieren sollen. Unter anderem sollen Soziale Netzwerke verpflichtet werden, Informationen zu gemeldeten Beiträgen an das BKA zu übermitteln. In einem offenen Brief kritisieren Organisationen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, dass die Gesetzesänderung ein polizeiliches Verdachtsregister zur Folge haben könne.

Die Bundesregierung will die Vorratsdatenspeicherung einfach nicht aufgeben. In Deutschland wird das umstrittene Instrument aufgrund eines EuGH-Urteils momentan nicht genutzt. Trotzdem warb die Bundesregierung in einem mündlichen Plädoyer vor dem Europäischen Gerichtshof dafür, dass Kommunikationsdaten massenhaft gespeichert und von Geheimdiensten genutzt werden dürfen.

Bund und Länder nutzen regelmäßig „stille SMS“, die Rückschlüsse über den Standort von Handys erlauben. Polizeibehörden bereiten so Festnahmen vor, Geheimdienste erstellen langfristige Bewegungsprofile. Mit Zahlen aus Anfragen in Parlamenten und nach dem Informationsfreiheitsgesetz zeigen wir auf, welche Behörden das Instrument häufig nutzen.

Absurde Geschichten: Von Glaskugeln und Müsli-DNA

Auch zwei Jahre nach Einführung der DSGVO setzen viele deutsche Nachrichtenseiten weiter auf unerlaubtes Nutzer-Tracking und Real Time Advertising. Wie unser Gastautor Matthias Eberl berichtet, erhöhen die Datenschutzbehörden jetzt den Druck auf die Verlage. Unter anderem soll der Hamburger Datenschutzbeauftragte eine erste Anordnung gegen ein Medienhaus planen.

Gleich zwei Mal haben wir uns diese Woche mit dem Thema Gesichtserkennung beschäftigt. Da ein EU weites Moratorium auf Eis zu liegen scheint, zeigen wir sieben ebenso bizarre wie gefährliche Einsatzmöglichkeiten der Technologie auf.

Abenteuerlich geht es beim umstrittenen Thema Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz zu: Filmemacher Martin Baer ließ sich zu Recherchezwecken als Proband für den Versuch zur intelligenten Videoüberwachung am Südkreuz registrieren. Womit er nicht gerechnet hatte? Sein Gesicht eines Abends in der Tagesschau zu sehen.

Überwachung geht auch anders. Die Firma MyMüsli vermarktet einen DNA-Test, der Kund:innen ihre genetisches Ernährungsprofil verraten soll. Auch die eigenen Essgewohnheiten können dann akribisch überwacht werden. Doch solche Tests gelten als wissenschaftlich umstritten.

Operation Rubikon und der Kampf gegen die Verschlüsselung

Der BND und die CIA haben gemeinsam jahrelang manipulierte Systeme zur abhörsicheren Kommunikation an Regierungen in aller Welt verkauft. Die Operation Rubikon gilt als „eine der erfolgreichsten Spionageoperationen des Kalten Krieges“. Welche Lehren wir daraus für die IT-Sicherheit im Zeitalter der Digitalisierung ziehen können, schreibt unser Gastautor Matthias Schulze von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Großbritannien ist zwar kein Mitglied des Schengener Abkommens, hat aber seit Jahren Zugriff auf das Schengener Informationssystem. Das Vereinigte Königreich greift trotz rechtlicher Bedenken rege auf die etwa 90 Millionen Einträge der Datenbank zu. Die europäische Kommission machte kürzlich Vorschläge zur Behebung der Missstände.

Schon heute unterstützt Europol nationale Polizeibehörden bei der Entschlüsselung von Datenträgern. Jetzt prüft die Behörde auch, wie sie Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen umgehen kann. Offen ist die Frage nach der konkreten technischen Ausgestaltung: Trojaner oder Hintertüren in Software?

Freie Lizenzen für Dokumentarfilme

Public Money, Public Content: Eine Initiative im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm fordert, dass mit öffentlichen Rundfunkbeiträgen finanzierte Dokumentarfilme zukünftig vermehrt unter Creative-Commons-Lizenzen veröffentlicht werden.

Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!

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