Eine neue Runde Facebook versus die EU-Kommission: Der Social-Media-Konzern verklagt die EU-Wettbewerbsaufsicht. Streitpunkt: Die Wettbewerbshüter:innen hätten riesige Mengen interne Daten von Facebook angefordert, die aus Sicht des Unternehmens „irrelevant“ seien und zum Teil sensible Informationen seiner Mitarbeiter:innen enthielten. Das berichten unter anderen das Mediennetzwerk Euractiv und BBC News. Sie berufen sich dabei auf Aussagen eines Insiders sowie des Wettbewerbsanwalts von Facebook, Tim Lamb.
Die Wettbewerbsaufsicht der EU-Kommission ermittelt seit mehr als einem Jahr gegen Facebook: Sie untersucht zum einen, ob Facebook den Wettbewerb für Online-Kleinanzeigen verzerrt, in dem es seinen Marketplace bei seinen zwei Milliarden Nutzer:innen bewirbt. Zudem gehen die Wettbewerbshüter:innen der Frage nach, wie das Unternehmen Daten sammelt und verarbeitet, auch zu Werbezwecken.
Wettbewerbsaufsicht fordert zahlreiche Dokumente an
Die EU-Kommission hat nun interne Dokumente angefordert, die auf mehr als 2.500 Suchvorgängen beruhen. Die Schlüsselwortkriterien seien „sehr breit angelegt“, berichtet ein Insider gegenüber Euractiv. Darunter sind Wortkombinationen wie „big question“, „shutdown“ und „not good for us“. Unter diesen Umständen müsste Facebook der Kommission wohl Hunderttausende Dokumente bereitstellen, so die Einschätzung der Quelle.
Viele davon enthielten persönliche Informationen, die für die Ermittlungen nicht relevant seien. Unter anderem könnten medizinische Unterlagen von Mitarbeiter:innen, Informationen über Kinderbetreuung und Daten zu privaten Investitionen und Versicherungen darunter sein. Diese Bedenken äußerte auch Facebook-Anwalt Tim Lamb gegenüber BBC News.
Facebook hat der Kommission bereits mehr als 315.000 Textdatensätze zur Verfügung gestellt, seit diese ihre Ermittlungen aufgenommen hat, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Das entspricht 1,7 Millionen Dokumentseiten.
Facebook verweigert einfache Herausgabe von Daten
Auch jetzt war das Unternehmen nach eigener Aussage zunächst bereit, der Wettbewerbsaufsicht die angeforderten Daten zukommen zu lassen – allerdings nur über sogenannte Datenräume. Digitale Datenräume sind eine sichere virtuelle Umgebung, in der Informationen abgelegt werden können, ohne dass Dritte diese kopieren oder abspeichern könnten. Die Kommission habe den Zugriff auf die Dokumente über Datenräume jedoch verweigert, so Facebook. Die Kommission habe stattdessen Kopien der Textdatensätze von Facebook verlangt, berichtet Euractiv.
Facebook hat daraufhin beim Gericht der Europäischen Union Beschwerde gegen die Forderungen der EU-Kommission eingelegt. Tim Lamb versicherte zwar, dass Facebook kooperieren werde und damit rechne, der Kommission Hunderttausende Dokumente zur Verfügung zu stellen. Die Datenanforderungen gingen jedoch über die für die laufenden Ermittlungen notwendigen Informationen hinaus und seien deshalb ein Fall für das EU-Gericht.
Ein Sprecher der EU-Kommission hielt dagegen, dass diese ihren Standpunkt verteidigen und auch die Untersuchungen gegen Facebook fortsetzen werde. Das EU-Gericht muss nun entscheiden, ob Facebooks Klage zulässig ist. Eine Anhörung könnte nach Informationen der Financial Times frühestens im September stattfinden.
Kommission prüft, ob Facebook seine Macht missbraucht
Im Rahmen ihrer Ermittlungen hat die Kommission im vergangenen Jahr Fragebögen an Konkurrent:innen von Facebook versendet. Sie will herausfinden, ob und wie deren Geschäft unter anderem mit Kleinanzeigen durch das Wettbewerbsverhalten von Facebook beeinflusst wurde. Ende 2019 weitete die Kommission außerdem ihre Ermittlungen gegen Facebook und Google aus, um zu prüfen, wie die Konzerne Daten sammeln, verarbeiten und Dritten – unter anderem für Werbezwecke – zur Verfügung stellen. Dahinter steht die Befürchtung, dass die digitalen Riesen ihre Macht über Daten missbrauchen, um Wettbewerber:innen zu blockieren und neue Wirtschaftssektoren zu erschließen.
Auch in Deutschland bekam Facebook im vergangenen Jahr Probleme. Das Bundeskartellamt bemängelte, dass Nutzer:innen nicht darüber entscheiden können, dass ihre Daten unter den verschiedenen zu Facebook gehörenden sozialen Netzwerken – unter anderen Facebook, Instagram, Whatsapp – zusammengeführt werden. Das Kartellamt ordnete damals an, dass Facebook eine „innere Entflechtung“ vornehmen müsse, so dass Nutzer:innen über die Zusammenführung ihrer Daten frei entscheiden können. Gegen diese Anordnung klagte der Konzern, aber der Bundesgerichtshof gab dem Kartellamt Recht: Das Verbot der Zusammenführung von Daten der Nutzer:innen wurde durchgesetzt.
Ob die EU da zu viel an Daten angefordert hat kann ich nicht beurteilen, und es reicht aus, das diesbezüglich ein entsprechender Verdacht im Raum steht, um dem ganzen nach zu gehen. Das aber ausgerechnet faceblöd als eine der größten Datenkraken unserer Zeit sich über eine übertriebene Datensammelei beschwert hat schon was. Kann es sein, das des zuckerzwergs Truppen mit zweierlei Maß messen?
Muss man dann nicht zwangsläufig gegen gefühlt 98% der weltweit existierenden Firmen (und Behörden) vorgehen? Erinnert an diverse historische Ereignisse. Dreißig Jahre zulassen und mitverdienen (Steuern) obwohl alle meckern und dann in einem geschickt gewähltem Sommerloch plötzlich der Aufschrei in der Presse und der erhobene Mitt ähh Zeigefinger. Wir haben euch alle jahrelang vor diesen Mega-Firmen gewarnt. Ihr wusstet es ja wieder einmal viel besser und der Onkel aus dem Fernseher gab euch recht. Selber Schuld, dass wir euch nur noch auslachen! Hilfe und Mitleid sind fehlangebrachte Zeitverschwendung.
„Das Verbot der Zusammenführung von Daten der Nutzer:innen wurde durchgesetzt.“ – wirklich? Das es ausgesprochen wurde ist mir bekannt, aber wurde es im Wortsinne „durchgesetzt“? Das klingt mir doch ein wenig zu naiv optimistisch.