Eilantrag zum Kohlegesetz vor OberverwaltungsgerichtTransparenz nutzt nichts, wenn es zu spät ist

Wann muss die Bundesregierung die Hintergründe ihrer Gesetzentwürfe offenlegen? Beim Streit um das milliardenschwere Kohlegesetz zeigt sich, dass Auskunftsgesetze oft zu schwerfällig sind – es sei denn, die Gerichte sorgen für Transparenz.

Demonstration an einem Kohlebagger
Demonstration für Kohleausstieg am Hambacher Wald CC-BY-NC-SA 2.0 Björn Obmann/BUNDjugend Berlin

Wer mithilfe von Informationsfreiheitsgesetzen die Grundlagen von Regierungsentscheidungen erfahren will, hat ein grundlegendes Problem: Während in manchen Fällen Gesetzentwürfe innerhalb von wenigen Wochen veröffentlicht und beschlossen werden, lassen sich Bundesministerien bei der Beantwortung von Anfragen dazu monatelang Zeit.

Das führt dazu, dass Transparenz über neue Gesetze meist erst hergestellt wird, wenn ein Gesetz schon verabschiedet ist. Beispielsweise beim umstrittenen Kohlegesetz, das am Freitag der Bundestag beschließen soll. Kohlekonzerne sollen demnach für den anstehenden Kohleausstieg insgesamt 4,35 Milliarden Euro Steuergelder erhalten.

Entschädigungen zwei Milliarden Euro zu hoch

Unklar ist allerdings, auf welcher Grundlage die Milliardenzahlungen basieren. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) ist sich selbst offenbar nicht sicher, wofür die Milliardenzahlungen fließen sollen. Deswegen hatten die Organisationen ClientEarth und FragDenStaat einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht, um auf Basis des Umweltinformationsgesetzes sämtliche Informationen zur Berechnung der Entschädigungssumme zu erhalten.

Das Gericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, das Gesetz könne im Nachhinein noch geändert werden. Gerade in Bezug auf ein hart umkämpftes Kohlegesetz ist allerdings fraglich, ob dies in Bezug auf Entschädigungszahlungen so einfach möglich ist. Nach einem Gutachten des Öko-Instituts sind die geplanten Entschädigungen um zwei Milliarden Euro zu hoch angesetzt.

ClientEarth und FragDenStaat haben daher Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, über den voraussichtlich noch heute entschieden wird – vor der morgigen Abstimmung im Bundestag. Dabei hat die Entscheidung auch über den speziellen Fall hinaus Bedeutung. Wenn nämlich die Bundesregierung davon ausgehen kann, dass sie über die Hintergründe von Gesetzesvorhaben erst nach Abschluss von Gesetzgebungsprozessen berichten muss, fehlt damit ein Teil öffentlicher Kontrolle. Im Falle des Kohlegesetzes könnte dies einige Milliarden Euro kosten.

Transparenzhinweis: Arne Semsrott betreut für die Open Knowledge Foundation Deutschland das Portal zur Informationsfreiheit FragDenStaat.de.

2 Ergänzungen

  1. Ich verstehe auch nicht, warum man einer toten Industrie noch Geld hinterher schmeißen sollte.
    Die Hoch-zeit der Kohleindustrie endete bereits 1989. Den großen Absturz hat die Branche bereits hinter sich. Wer meint, 30 Jahre später immer noch so weiter machen zu können, hat den Schuss nicht gehört und verdient kein Mitleid.
    Einfach extrem viele Auflagen und strenge Gesetze erlassen, die Fossile Energien unwirtschaftlich machen und grüne Energien bevorteilen. Andere Branchen (solar, wind,…) werden ja auch mit Auflagen, Vorschriften und Gesetzen zu Tode gegeißelt.

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