Was vom Tage übrig bliebBlaukraut bleibt Blaukraut

Unsere tägliche Linkschau oszilliert heute zwischen Warnrufen vor Grundrechtseinschränkungen und nostalgische Rückschauen über die guten alten Zeiten des Internet. Die besten Reste des Tages.

Die Teiche von Elsenne
Von wegen grauer Moloch: Brüssel bei Nacht kann sehr reizvoll sein CC-BY 4.0 netzpolitik.org

NGOs warnen vor Datenschutz-Einschränkung in Ungarn (Access Now)
Vergangene Woche hat die ungarische Regierung ein Dekret verabschiedet, mit dem sie die Wirkung der EU-Datenschutzgrundverordnung während des mit der Corona-Krise begründeten Ausnahmezustandes einschränkt. Drei Nichtregierungsorganisationen wenden sich nun in einem offenen Brief an den Europäischen Datenschutzausschuss. Sie fordern das EU-Gremium auf, die Grundrechtseinschränkung zu analysieren und der EU-Kommission gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Mitgliedsland zu empfehlen.

Intel will Chip-Produktion in USA aufleben lassen (sueddeutsche.de)
Einer der bleibenden Effekte der Corona-Pandemie dürfte die Re-Regionalisierung von globalisierten Produktionsketten werden. Die US-Regierung jedenfalls macht sich Sorgen, dass man bei der Herstellung von Computer-Chips zu sehr auf die asiatischen Länder Taiwan und Südkorea angewiesen ist. Das entspricht der nationalistischen Agenda des US-Präsidenten, wird aber auch mit der Corona-Krise begründet. Passenderweise bietet der US-Konzern Intel in einem Brief an das Pentagon an, Produktionskapazitäten im eigenen Land aufzubauen – bei ausreichender Förderung natürlich.

Amazon will wohl die weltgrößte Kinokette kaufen (golem.de)
Die größte Kinokette der Welt, AMC Theatres, ist offenbar pleite. Als Käufer dient sich Medienberichten zufolge ein Tech-Konzern an, der selbst noch gar nicht so lang im Bewegtbild-Business ist: Amazon.

„Twitch Roulette“: Hier können Sie einsamen Streamern den Tag retten (spiegel.de)
Twitch ermöglicht im Prinzip allen Gamer:innen, Aufzeichnungen ihrer Spiele mit anderen zu teilen. Die Szene hat Stars wie Gronkh oder Annie The Duck, doch viele Gaming-Streams auf der Plattform bleiben ohne Zuschauer:innen. Das Programm „Twitch Roulette“ will das ändern: Nach dem Zufallsprinzip kann man sich hier Streams des eigenen Lieblingsspiels servieren lassen, die bisher wenig Aufmerksamkeit bekommen.

Nearly 40% of Icelanders are using a covid app—and it hasn’t helped much (MIT Technology Review)
Geht es um die Verbreitung von Corona-Tracing-Apps, ist Island derzeit internationaler Spitzenreiter. 38 Prozent der Bewohner:innen haben die App Rakning C-19 heruntergeladen – obwohl sie dafür ihre Standortdaten preisgeben müssen. Zum Vergleich: Die Durchdringung der österreichischen App wird auf 5 Prozent geschätzt. Die Bilanz der Zuständigen ist bislang trotzdem verhalten. „Die Technologie ist mehr oder weniger… ich würde nicht sagen nutzlos“, sagte ein Beamter der MIT Technology Review. Die Daten hätten sich in einigen Fällen als nützlich erwiesen. Der Effekt sei aber weit von den Erwartungen entfernt, die viele derzeit in die App setzten. Zur Erinnerung: Forscher:innen der Universität Oxford schätzen, dass rund 60 Prozent aller Menschen die App nutzen müssten, damit die Pandemie trotz Lockerungen unter Kontrolle bleibt.

R.I.P. Paul Vasquez, whose ‘double rainbow’ YouTube video was a joyful viral moment (Washington Post)
Ältere Semester werden sich vielleicht noch an eine Zeit erinnern können, als Youtube als harmlose Spielwiese für gutmütige Nutzer:innen galt. Hungrybear9562 (später Yosemitebear62) war einer davon: 2010 dokumentierte er minutenlang seine überbordende Freude über nicht nur einen, sondern gleich zwei Regenbögen im Yosemite-Nationalpark, die damals seinen Ausblick verschönerten. Nun ist Paul Vasquez, wie der Nutzer mit richtigem Namen heißt, im Alter von 57 Jahren verstorben. Ruhe in Frieden, Hungrybear9562, ruhe in Frieden.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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2 Ergänzungen

  1. Danke, dass ihr für den Streaming Dienst „Twitch“, welcher der „amazon Inc.“ gehört die Werbetrommel rührt…

    Ihr fordert google zu zerschlagen (Contanzes Wortlaut, den ich vollkommen unterstütze) aber amazon scheint euch nichts auszumachen.

  2. Zur App und Island sei noch anzumerken, dass Island seit dem 07.05. keine neuen Fälle mehr hat. Wie haben sie das geschafft? Durch massenhaftes Testen. Jeder konnte und sollte getestet werden, unabhängig von Symptomen oder Kontakten. Island hat eine der höchsten Testquoten weltweit.
    Fazit: Wenn ein Land intensiv testet und die positiven Fälle konsequent nachverfolgt, ist eine App nicht unbedingt notwendig. Eine App kann unterstützen, aber nicht das Testen und Nachverfolgen ersetzen.

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