Hallo, Auskunfteien sind relevant für die Wirtschaft, um die Kreditwürdigkeit, die sogenannte Bonität, von Personen und Unternehmen einschätzen zu können. Zu dem Zweck versuchen die Auskunftei-Unternehmen so viele Daten aus allen möglichen Quellen wie möglich zu sammeln, um damit Vorhersagen machen zu können, die Bonitätsauskunft. Da kommt dann spätestens der Datenschutz ins Spiel, denn welche Daten von wem wie erhoben und verarbeitet werden, ist in der Regel nicht transparent nachvollziehbar. Und das ist ein Problem, denn wer überprüft eigentlich, ob diese Vorhersagen richtig sind?
Auch die Datensammelwut wird immer größer, angesichts mehr technischer Möglichkeiten und immer mehr Datenpools. Warum sollten private Unternehmen so viele Daten über mich und uns sammeln und verarbeiten dürfen? Vor acht Jahren hatte die Schufa, die bekannteste und größte Auskunftei in Deutschland, die Schnapsidee, einfach mal Daten aus sozialen Medien in die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Menschen einzubeziehen. Man stellte sich vor, dass man auf Twitter, Facebook und Co einfach alles an sozialen Graphen und sonstigen Informationen rausfischt und dann schaut, ob z. B. jemand eher reichere oder ärmere Freund:innen hat.
Nach Protesten und öffentlicher Debatte wurde die Schnapsidee damals zurückgezogen. Jetzt gibt es eine neue Idee, über die das Rechercheteam von NDR, WDR und SZ zuerst berichtete. Die Schufa hätte gerne Zugang zu Kontoauszügen. Klar, wer will das nicht, einfach mal reinschauen, wer wieviel wofür ausgibt und so. Serafin Dinges hat das zusammengefasst: Schufa will Kontodaten auswerten.
Schon länger wünscht sich die Wirtschaftsauskunftei Schufa Zugriff auf mehr Daten. In einem neuen Pilotprojekt holen sie sich jetzt die Erlaubnis, Einblick in alle Ein- und Ausgänge auf dem Konto zu erhalten. Verbraucher:innen mit schlechten Bonitäten sollen so ihren Schufa-Score aufwerten können.
Die Schufa braucht nicht mehr Daten, sie sollte stattdessen weniger Daten nutzen dürfen. Und endlich transparenter machen, welche Daten über wen wie vorliegen und verarbeitet werden.
Kurze Pausenmusik:
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Neues auf netzpolitik.org
Leonard Dobusch berichtet in seiner Kolumne aus dem Fernsehrat: Neues ZDF-Bildungsangebot zum Teil mit Wikipedia-kompatiblen Lizenzen.
Mit „Terra X plus Schule“ baut das ZDF Bildungsangebote in der Mediathek und auf YouTube aus. Teil des Angebots sind wieder Wikipedia-kompatibel lizenzierte Clips. Anlass dafür, die Nutzung von bereits in der Wikipedia eingebundenen ZDF-Inhalten näher anzusehen.
=== Alexander Fanta und Ingo Dachwitz haben die letzten Entwicklungen bei der ePrivacy-Verorndung zusammengefasst: EU-Staaten verspielen Chance auf Kompromiss.
Ein EU-Gesetz soll die Vertraulichkeit der Online-Kommunikation stärken. Doch die deutsche Ratspräsidentschaft blitzt mit einem Kompromissvorschlag ab. Die Reform könnte endgültig gescheitert sein.
Was sonst noch passierte:
Der EU-Ministerrat macht unter deutscher Ratspräsidentschaft leider Fortschritte bei den Plänen, verpflichtende Hintertüren in verschlüsselter Kommunikation einzuführen. Kai Biermann berichtet auf Zeit-Online mit Bezug auf Ratsentwürfe, dass die dazu notwendigen Resolutionen ausverhandelt seien und auf der nächsten Sitzung am 14. Dezember verabschiedet werden könnten. Das ist noch kein Gesetz, aber ein wichtiger Zwischenschritt mit den Werkzeugen des EU-Rates um Druck auszuüben, dass ein Gesetzesprozess auf EU-Ebene gestartet wird: Der Kampf der EU gegen die Verschlüsselung. === Demnächst wird es einen Referentenentwurf für ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern geben, der im Bundesjustizministerium vorbereitet wird. Damit muss eine EU-Richtlinie bis Ende 2021 umgesetzt werden. Über die Hintergründe und Probleme berichtet der Deutschlandfunk: „Man wird von nichts verschont“ . In der Zeit wurde Malte Spitz von der Gesellschaft für Freiheitsrechte zum selben Thema interviewt: Held oder Denunziant? === Was macht eigentlich der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger? Das ist nicht so einfach zu erklären, denn die Vielzahl seiner beruflichen Engagements zwischen Aufsichtsräten und Lobbyjobs wird immer größer. Darüber berichtet die Süddeutsche Zeitung: Fleißiger Schwabe. === Das Fax-Gerät erlebt in diesem Jahr eine Renaissance, zumindest als wichtigste Infrastruktur bei der Vernetzung von Gesundheitsämtern. Wer sich immer noch fragt, warum viele Informationen und Daten zur Coronakrise nur langsam oder verzögert kommen, bekommt eine Erklärung in diesem Artikel zur Situation der Vernetzung in Schleswig-Holstein präsentiert: Übermittlung von Corona-Daten: Anschluss nur per Faxgerät. Das ist ein realistischer Blick in die Praxis der Gesundheitsämter und den Stand der Digitalisierung in Deutschland. === Das ARD-Politikmagazin Panorama berichtet über ehemalige DDR-Bürgerrechtler:innen, die jetzt nach weit und ganz weit rechts abgedriftet sind und sich auf den Weg in einer neue DDR wähnen: Vom SED-Gegner zum Corona-Leugner. === Die Grünen haben vergangenes Wochenende einen virtuellen Parteitag durchgeführt. Im Blog der Initiative Netzbegrünung gibt es Einblick in die technische Infrastruktur und Umsetzung: DBDK 2020 Technik Review.
Video des Tages: Jeff und Edward
Passend zum Black Friday: Die Dokumentation „Amazon Empire: The Rise and Reign of Jeff Bezos“ von PBS-Frontline gibt einen Einblick in das Leben und Agieren des Amazon-Gründers und reichsten Menschen der Welt. Die Doku ist im Februar erschienen und steht auf Youtube. === Dort findet sich auch ein fast dreistündiges Gespräch zwischen Edward Snowden und dem Youtuber Joe Rogan in seiner Experience-Show, das vor einem Monat veröffentlicht wurde. In dem Gespräch erzählt Snowden seine Story, die auch in seiner Biographie „Permanent Record“ zu lesen ist.
Das war es für heute. Viele Grüße und bleibt gesund,
Markus Beckedahl
Ich freue mich immer über Feedback und gute Hinweise. Meine Mailadresse ist markus@netzpolitik.org. Ich bin zwar häufig von zu vielen eMails überfordert und bekomme nicht alle beantwortet. Aber ich lese alle Mails.
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