Ausgewählte Mitschnitte von Sprachassistenten wie Alexa, Siri oder Google Assistant werden von Mitarbeiter:innen der Tech-Konzerne transkribiert und ausgewertet. Im Fall von Google hat sich jetzt der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI), Johannes Caspar, eingeschaltet. Er hat ein Verwaltungsverfahren gegen den Konzern eingeleitet. Das Ziel: Googles Abhörpraxis durch Dritte verbieten. Google und Apple reagierten prompt – und kündigten eine vorrübergehende Pause der Praxis an.
Belgische Journalist:innen hatten vor Kurzem aufgedeckt, dass zu den abgehörten Mitschnitten bei Google auch unbeabsichtigte Aufnahmen gehören – intime Interaktionen und vertrauliche Gespräche inklusive. Google gab in einem Statement an, dass die Daten anonymisiert verarbeitet werden würden, um die technische Spracherkennung zu verbessern. Trotz dieser angeblichen Anonymisierung konnte die belgische Redaktion einige Personen hinter den Gesprächen leicht identifizieren.
Datenschützer: Dringender Handlungsbedarf
Der Hamburger Datenschützer sieht deswegen dringenden Handlungsbedarf. Er will die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen vorläufig schützen. Nach der Datenschutzgrundverordnung ist für die Prüfung eigentlich die federführende Behörde zuständig, im Falle Google die irische Datenschutzbehörde IDPC. Die Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten können aber für drei Monate eigene Maßnahmen ergreifen, falls ein dringender Handlungsbedarf vorliegt. Von dieser Option hat der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar nun Gebrauch gemacht.
Google erklärte als Reaktion auf das Verfahren, die Transkriptionen für die nächsten drei Monate einzustellen. Wie der Hamburger Datenschützer in seiner Stellungnahme angibt, gilt diese Zusicherung für den gesamten EU-Raum.
Apple zog mit seinem Dienst Siri direkt nach. Auch Apple ließ bislang Mitarbeiter:innen Siri-Aufnahmen mitlesen und auswerten. Eine Guardian Recherche hatte dies zuvor ans Licht gebracht. In Zukunft, kündigte der Konzern an, sollen Nutzer:innen vor der Auswertung um Erlaubnis gefragt werden.
Zulässigkeit auf EU-Ebene noch ungeklärt
Vor wenigen Wochen hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber in einem Schreiben bekanntgegeben, dass die Zulässigkeit von Sprachassistenzsystemen auf EU-Ebene noch nicht geklärt ist, da die rechtliche Überprüfungen in Luxemburg, Irland und München noch nicht abgeschlossen seien.
Kelber twitterte, dass der Hamburger Beauftragte seine volle Unterstützung habe, das Verwaltungsverfahren sei „unter anderem auch das Ergebnis gemeinsamer rechtlicher Einschätzung“.
Der wissenschaftliche Dienst hatte vor Kurzem die Rechtmäßigkeit von Amazons Sprachassistenten Alexa überprüft und Nutzer:innen vor unzulässigen Aufnahmen von Kindern und Dritten gewarnt. Was mit den abgespeicherten Aufnahmen und Fehlaufnahmen in Zukunft passiert, ist allerdings ungewiss.
Die Funktionsweise der Assistenzsysteme wird sich durch die Maßnahmen der Unternehmen nicht grundlegend ändern: Alexa, Siri & Co. werden weiterhin Gespräche und Fragen mitschneiden, diese auf Server der Datenkonzerne zum Abgleich hochladen, Daten und Anfragen abspeichern, die Audio-Aufnahmen mit Software auswerten und Profile anlegen. Wer solche Systeme nutzt, holt sich ein Ohr von Google & Co. in sein Wohnzimmer.
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